Die großen Rechenzentren oder die Public Cloud sind in der Regel weit entfernt von den Orten, an denen Daten generiert werden, ganz egal, ob das lokale IT-Infrastrukturen, Produktionsumgebungen oder auch Krankenhäuser sind. Große Datenmengen zur Speicherung und Auswertung in die Cloud zu bringen, kann aufwändig, zeitintensiv und letztlich teuer werden.
Auf dem Weg in die Cloud müssen Daten die Grenze zwischen dem Netzwerk, in dem sie erzeugt werden und der Cloud passieren. Im aktuellen Sprachgebrauch wird diese Grenze als Edge bezeichnet. Um zeitkritische Daten möglichst schnell verarbeiten zu können, werden an dieser Grenze Rechenzentren eingerichtet, sogenannte Edge-Rechenzentren oder Edge Datacenter. Dabei handelt es sich meist um relativ kleine Rechenzentren, die sich in unmittelbarer geographischer Nähe zur datenerzeugenden Umgebung befinden. Ganz kleine Rechenzentren werden als Mikro-Rechenzentren bezeichnet: modulare Systeme, normalerweise in einem 19“-Racks, die auch als Bauteile eines Edge-Rechenzentrums dienen können.
Edge-Rechenzentren haben besondere Stärken bei der Verarbeitung zeitkritischer Daten. Als weitere Aufgabe können hier Daten vorverarbeitet werden, die zur Speicherung und Analyse an Cloud-Plattformen geschickt werden sollen. Die Vorverarbeitung senkt die zu verschickende Datenmenge und verringert so die Last auf die involvierten Systeme. Auch die Verarbeitung sensibler Daten, die das Unternehmen aus Sicherheitsgründen nicht verlassen sollen, kann von Edge-Rechenzentren übernommen werden. Egal, welche Aufgaben das Edge-Rechenzentrum übernimmt, Monitoring spielt in vielerlei Hinsicht eine entscheidende Rolle. Das gilt sowohl für das Monitoring der Edge-Rechenzentren selbst als auch für die Möglichkeit, vom EdgeRechenzentrum aus unterschiedlichste Bereiche in ein zentrales Monitoring zu integrieren und so den Vorteil der Nähe für ein möglichst echtzeitnahes Monitoring zu nutzen. All das schafft eine ganze Reihe von Fragen, auf die ich im folgenden Artikel Antworten liefern möchte: Was muss eine Monitoring-Lösung leisten können, um das Edge-Rechenzentrum zu überwachen? Welche Monitoring-Aufgaben sind für den Einsatz von der Edge aus prädestiniert? Gibt es Monitoring-Tools, die alle Anforderungen erfüllen und was müssen die können?
Das Edge-Rechenzentrum monitoren
Egal, welche Rolle das Edge-Rechenzentrum für die Unternehmens-IT spielt, es ist in der Regel von elementarer Bedeutung und jede Beeinträchtigung oder Störung kann schwere Schäden und hohe Folgekosten verursachen. Von daher ist es wichtig, das Edge-Rechenzentrum auf allen Ebenen kontinuierlich in Hinblick auf Performance und Verfügbarkeit zu überwachen. Die eingesetzte Monitoring-Lösung muss all diese Ebenen und Komponenten überwachen können:
- Hardware: Server, Festplatten, Switche – ein EdgeRechenzentrum ist kleiner als ein großes, zentrales Rechenzentrum, setzt sich aber aus den gleichen Komponenten zusammen.
- IT-Infrastruktur: Server, Datenbanken, Applikationen, Storage-Systeme: Alles was für eine umfassende Datenverarbeitung benötigt wird, findet sich im Edge-Rechenzentrum. Und nachdem das Edge-Rechenzentrum in erster Linie zur möglichst schnellen Verarbeitung zeitkritischer Daten dient, sind maximale Performance und Verfügbarkeit aller Komponenten enorm wichtig und müssen kontinuierlich überwacht werden.
- Netzwerk-Performance: Unter dem Aspekt der Geschwindigkeit liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Netzwerk. Der Datenverkehr muss ständig überwacht werden, um bei Beeinträchtigungen umgehend eingreifen zu können. Nur so kann die maximale Geschwindigkeit beim Transport und der Verarbeitung der Daten gewährleistet werden.
- Gebäudetechnik: Wie in jedem Rechenzentrum spielen auch in einem Edge-Rechenzentrum physikalische Aspekte wie Stromversorgung, Temperatur, Rauchentwicklung oder Feuchtigkeit eine wesentliche Rolle für den reibungslosen Betrieb. Im Idealfall kann die eingesetzte Monitoring-Lösung auch die Ergebnisse der Umgebungs-Sensorik ebenso wie die Überwachung der USVs oder der Klimaanlage in das zentrale Monitoring einbeziehen.
- Sicherheit: Das Edge-Rechenzentrum liegt exponiert an der Grenze zwischen IT, Produktionsanlagen, IoT-Umgebungen und dem Internet. Dazu kommt, dass hier vorwiegend zeit- und auch unternehmenskritische Daten verarbeitet werden. Das macht es zu einem idealen Ziel für jede Art von Angriff und das wiederum erfordert, dass alle Sicherheitssysteme, sowohl auf IT-Ebene (Firewalls, Backup-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme…) als auch physikalische Sicherheitssysteme (Türschließsysteme, Sicherheitskameras, Alarmanlagen…) ständig verfügbar und integer sind.
Deckt eine Monitoring-Lösung alle hier aufgeführten Bereiche ab, erfüllt sie zumindest schon mal die Anforderungen für das Monitoring des Edge-Rechenzentrums. Oft sind unterschiedliche Teams oder Abteilungen für den Betrieb des Rechenzentrums und die Verarbeitung der Daten zuständig, die dann unterschiedliche Monitoring-Tools einsetzen. Allerdings gibt es auch Lösungen, die beides können: Das Edge-Rechenzentrum überwachen und die Datenverarbeitung, sprich die Generierung, den Transport, die Verarbeitung und die Speicherung der Daten. Was letzteres im Detail bedeutet, behandeln wir im nächsten Kapitel.
Aus dem Edge-Rechenzentrum monitoren
Immer mehr Monitoring-Tools werden als Service aus der Cloud angeboten. Das ermöglicht eine enorme Rechenleistung bei der Verarbeitung und Analyse der ermittelten Monitoring-Daten, speziell wenn es um das Monitoring von Cloudbasierten Diensten und Applikationen geht. So werden tiefgehende Ursachenanalysen oder KI-basierte Vorhersagen möglich. Geht es allerdings um das Alarmieren im Störfall vor Ort, dann ist Schnelligkeit alles – und dann stellt die Entfernung der Cloud ein unüberwindbares Hindernis dar. Dazu braucht es eine Monitoring-Lösung vor Ort oder im EdgeRechenzentrum. Um die Vielzahl der möglichen Szenarien abzudecken, für die das Edge-Rechenzentrum zum Einsatz kommt, muss die Monitoring-Lösung einiges an unterschiedlichen Methoden und Protokollen unterstützen.
Industrie-Monitoring aus der Edge
Die Digitalisierung der Produktion hat zu massiven Veränderungen im Industrieumfeld geführt. Maschinen und Anlagen erzeugen gigantische Mengen an Daten und schicken diese zur Analyse in die Cloud. Das Edge-Rechenzentrum dient dabei als Tor oder Gateway zur Cloud ebenso wie zur lokalen IT. Hier werden Daten konsolidiert, vorverarbeitet und übersetzt – schließlich sprechen Produktionsanlagen andere Sprachen als die IT. Das Edge-Rechenzentrum verbindet Maschinen mit dem Internet und der Cloud ebenso wie mit der lokalen IT. Und dank seiner Nähe dient es als Basis für das Überwachen sowohl der Produktionsumgebung als auch der IT. Kurze Wege ermöglichen schnelle Reaktionszeiten, Störungen können umgehend erkannt, gemeldet und behoben werden.
Dabei haben sich die Voraussetzungen mit der Digitalisierung grundlegend geändert: Früher war jede Maschine, jede Anlage isoliert und ein Alarm erfolgte noch als rotes Blinklicht oder Sirene, woraufhin der zuständige Techniker am MMI das Problem analysierte und Maßnahmen zur Lösung einleitete. Heute sind Produktionsanlagen vernetzt, alte Maschinen werden über Retrofitting eingebunden, die Kommunikation läuft über IT-Netzwerke. Die meisten Prozesse sind bereichsübergreifend und Störungen müssen erst lokalisiert werden, bevor sie behoben werden können. Gerade in der Industrie aber können Ausfälle schnell enorme Kosten verursachen. Da ist es essenziell, sofort zu wissen, ob die Ursache der Störung innerhalb der Produktionsanlage, bei der Steuerung oder beim Datentransport liegt.
Das geht nur mit einem übergreifenden Monitoring, das sowohl IT als auch OT integrieren und so Zusammenhänge aufdecken und Ursachen für Störungen identifizieren kann – möglichst in Echtzeit. Und es muss im Edge-Rechenzentrum implementiert sein, nicht in der Cloud. Hier kann die Monitoring-Lösung davon profitieren, dass das Edge-Rechenzentrum auch als Übersetzer zwischen OT und IT dient – zahlreiche Hersteller bieten Gateways, die diese Aufgabe an der Edge übernehmen. Daten zu Zustand und Performance der Produktionsumgebung können so schnell und einfach in das zentrale Monitoring integriert werden. Zusätzlich sollte die Monitoring-Lösung aber auch die wichtigsten Protokolle und Methoden aus dem Produktionsumfeld beherrschen wie beispielsweise Modbus, MQTT oder OPC UA. Das erleichtert die Kommunikation mit den Gateways und ermöglicht in Einzelfällen den direkten, noch schnelleren Zugriff auf Produktionssysteme. Neben dem Entdecken und Alarmieren in quasi Echtzeit kann eine geeignete Lösung auch weitere Aufgaben im Edge-Rechenzentrum übernehmen und den Transport der Daten für tiefergehende Analysen in der Cloud überwachen oder Cloud-Dienste in das zentrale Monitoring einbeziehen.
Krankenhaus-Monitoring aus der Egde
Digitalisierung ist auch im Gesundheitswesen eines der großen Themen der letzten Jahre. Digitalisierung im Krankenhaus bedeutet eine enorme Steigerung der Effizienz, was in Zeiten von Personal- und Geldknappheit immer wichtiger wird. Allerdings stellt die Digitalisierung auch neue Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Systeme: Probleme bei Datentransport und -verarbeitung können ganze Abteilungen lahmlegen. Monitoring ist hier unerlässlich und im hochsensiblen Krankenhaus-Umfeld spielt Geschwindigkeit eine elementare Rolle. Das Edge-Rechenzentrum bietet den idealen Standort für eine Monitoring-Lösung im Krankenhaus. Die muss allerdings in der Lage sein, neben der IT-Infrastruktur auch die medizinischen Systeme und Geräte einzubeziehen. Dazu sollte die Lösung sich mit den im Krankenhaus üblichen Kommunikationsservern integrieren lassen und im Idealfall auch DICOM und HL7 unterstützen, die im medizinischen Umfeld wichtigsten Methoden zum Verwalten von Bild- und Patientendaten.