Nachhaltige Innovationsmethode
Für Dr. Petra Blumenroth, Projektmanagerin Technologie / Frugale Innovation bei Bayern Innovativ ist die Frugale Innovationen zunächst einmal eine nachhaltige Innovationsmethode.
Heutzutage dominieren, technologisch hochentwickelte und teure Produkte die Weltmärkte. Diese sind für einige Zielgruppen und Märkte weder hilfreich noch erschwinglich, da sie weit über die eigentlich benötigten Funktionen hinausreichen und in ihrer Bedienbarkeit zu komplex und reparaturanfällig sind.
Wie lassen sich also Produkte und Lösungen derart gestaltet, dass auf überflüssige Funktionen verzichtet und nur die notwendige Kernfunktion berücksichtigt wird – und damit auch von vornherein Ressourcen eingespart werden? Genau dies führt zum Ansatz der Frugalen Innovationen.
Frugales Innovieren dreht sich darum, einfache, clevere und erschwingliche Lösungen zu finden. Es handelt sich dabei um ein strategisches Konzept, das primär die Kundenbedarfe bzw. deren Herausforderungen in den Mittelpunkt stellt (Customer Centricity) und mit der angestrebten Lösung gleichzeitig Mehrwert(e) schafft. Der dahinterliegende Denkansatz beinhaltet das Weglassen aller überflüssigen Funktionen oder Teile, die im Nutzungskontext nicht erforderlich sind. Daraus resultiert dann eine einfache Anwendung (Verringerung der Komplexität), optimierte Funktionalität bei gleichzeitiger Einsparung von Ressourcen (Zeit, Geld, Material) bzw. Nutzung lokaler Materialien sowie eines im Nutzungskontext erschwinglichen Preises. Die Herangehensweise setzt demzufolge ein verändertes Mindset voraus und zahlt auf wirtschaftliche, ökologische wie auch soziale Nachhaltigkeit ein.
3. Kriterien Frugaler Lösungen
Im ersten Schritt geht es nicht darum, von einer bereits denkbaren Lösung auszugehen, sondern sich in die Lebenswelt und das Umfeld des potenziellen Kunden und Nutzers einzufühlen. Dies impliziert sowohl persönliche Nutzungseigenschaften wie auch kulturelle, umweltrelevante und soziale Gegebenheiten in die Lösungsfindung einzubeziehen.
Dabei sind folgende Leitlinien beim frugalen Innovieren zu erfüllen:
- Konzentration auf die benötigten Kernfunktionen; alles Überflüssige weglassen
- weniger ist mehr und spart Ressourcen
- Anwenderfreundlichkeit durch reduzierte Komplexität
- substanziell reduzierte Kosten; erschwingliche Lösungen im jeweiligen Nutzungskontext
- funktionell und technologisch ausgereifte Lösungen entwickeln
Frugale Innovationen lassen sich in vielen Technologiefeldern umsetzen. Beispiele hierfür sind unter anderem mobile, handliche Ultraschallgeräte zur Anwendung in ländlichen Gegenden in Entwicklungs- und Schwellenländern. Oder Wassergewinnung aus der Atmosphäre etwa über Nebel oder PV-betriebene Trinkwassergewinnung aus Salz- oder Brackwasser; modular aufrüstbare Elektrofahrzeuge, aber auch Car-Sharing-Modelle; Solar Home Systeme (Photovoltaik-basierte Stromerzeugung für Kleinstbetriebe, Schulen, etc. in ländlichen Gegenden ohne Stromversorgung; häufig als sogenannte Pay-as-you-go -Lösung).
4. Disruption
Ein interessantes Feld im Bereich der frugalen Innovationen sind disruptive Geschäftsmodelle, die mittels der Digitalisierung möglich werden: Sie bieten Services an, durch die das eigentliche Produkt überflüssig wird. Zu nennen sind hier Mobile Money-Systeme, aber auch Sharing- und Plattformlösungen wie AirBnB, ebay, Uber, sowie weitere Product as a Service Miet- oder Pay-per-Use-Ansätze.
Weitere Treiber für frugale Lösungen in Industrieländern sind unter anderem auch besondere Anforderungen durch einen starken Anstieg der alternden Bevölkerung. Hier können zum Beispiel Seniorenhandys, Notfallrufsysteme, digitaler Sprachassistenten oder intelligente Sensorsysteme zur Unterstützung in der Pflege frugale Lösungen darstellen.
Frugale Innovationen haben in ihrer vielfältigen Ausprägung das Potenzial, zunehmend auf die Lösung globaler Herausforderungen einzuzahlen und bieten damit eine Chance für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.
Zusammenfassend bezeichnet Wikipedia eine frugale Innovation als eine Innovation, welche mit dem in Forschung und Entwicklung weit verbreiteten Paradigma „immer mehr, immer besser“ bricht und eine vereinfachte und anwendungsorientierte Lösung bezeichnet, um neue, preissensible Segmente am Fuße der sozioökonomischen Pyramide zu erschließen. Frugale Innovationen hängen eng mit Begriffen aus Schwellenländern wie Jugaad, Grassroot Innovation und Reverse Innovation zusammen.