Ökologischer Wandel in der Finanz-IT

So profitieren Banken und Versicherer von grüner IT

Green IT

Die IT wird bis 2030 mehr als 20 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verursachen. Wie Banken und Versicherer ihre IT grüner gestalten können – zum Schutz der Umwelt und zur Sicherung des eigenen Unternehmenserfolgs. 

7,7 Millionen Tonnen CO2 verursachen Rechenzentren in Deutschland jährlich. Tendenz steigend. Zwar liegen sie damit noch um das einhundertfache hinter den Emissionen aus dem Verkehrssektor (ca. 750 Millionen Tonnen CO2). Aber allein um die Emissionen der Rechenzentren auszugleichen, braucht es 616 Millionen Bäume. Diese Zahlen zeigen: Die IT ist maßgeblich für den CO2-Fußabdruck verantwortlich, den es zu verringern gilt. Auch deshalb wächst der Regulationsdruck auf Unternehmen, beispielsweise durch das Energieeffizienzgesetz. Seit Jahresbeginn verpflichtet es Betriebe, Behörden und Rechenzentren in Deutschland zu mehr „Power Usage Effectivness“ etwa durch Umweltmanagementsysteme, Effizienzmaßnahmen und -pläne sowie deren Veröffentlichung. Besonders in der Pflicht stehen Rechenzentren, die nun die Auslastung ihrer Server überwachen und darüber berichten müssen. Künftig sind sie sogar dazu verpflichtet die von den IT-Abteilungen produzierte Abwärme klimaschonend zu nutzen. Neben diesen gesetzlichen Vorgaben wird auch der Druck der Verbraucher immer größer, denen Nachhaltigkeit nicht nur bei Produkten zusehends wichtiger ist. 

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Vor dem Hintergrund packen erste Banken und Versicherer das Thema grüne IT bereits an – beispielsweise mit Unterstützung eines Nachhaltigkeitsbeauftragten. Sie integrieren Nachhaltigkeit längst nicht mehr nur in ihr Produktportfolio, sondern in ihre IT-Strategie und verankern sie damit auch in den Zielen der IT. Doch was macht grüne IT im Detail aus? Zunächst lassen sich Energieeinsparpotenziale erst auf Grundlage solider Kenntnisse beziffern. Sprich: Banken und Versicherer müssen zum Beispiel herausfinden, wie lang der optimale Lebenszyklus eines Laptops ist. Oder wie sich die Emissionen gemäß Scope eins, zwei und drei Klassifizierung – also der Freisetzung von Treibhausgasen im eigenen Unternehmen, bei Energielieferanten und in der Lieferkette – beziffern. Neben der Erhebung dieser internen Daten kann die IT auch Nutzungsmuster der User und der gesamten Organisation ermitteln. Dann erst weiß sie, wie hoch der eigene CO2-Ausstoß ist und welche Einsparpotenziale es gibt. Neben dem Priorisieren von Maßnahmen im Hinblick auf Umsetzbarkeit und Kosten-Nutzen werden erst auf Basis dieser Informationen das von der EU verlangte Reporting und die Anpassung dieser Faktoren möglich.

Neben der Datenerhebung als Voraussetzung für Energieeffizienz gilt es auf dem Weg zu einer ressourcenschonenderen Organisation viele verschiedene Aspekte zu beleuchten – von der im Unternehmen eingesetzten Hardware über externe Cloud-Dienste bis hin zur Unternehmenskultur. 

Neueste Smartphone oder Refurbished-Modell?

So offenbart ein prüfender Blick auf die eigene Hardware-Landschaft schnell Energieeinsparpotenziale. Die Faustregel: Je länger der Lebenszyklus der Hardware, desto geringer der Energiebedarf. Denn nicht nur der Stromverbrauch im Betrieb, auch Herstellung und Vernichtung bzw. das Recycling von Laptops, Smartphones und Co. sind wesentliche Faktoren der Energiebilanz. Banken und Versicherer sollten entsprechend prüfen, welche Mitarbeitende wirklich den effizientesten Rechner oder das Handy mit der besten Kamera benötigen. In einigen Abteilungen reichen womöglich Vorjahresmodelle oder Refurbished-Geräte – und das spart nicht nur Energie, sondern auch bares Geld. Auch der Akku-Tausch ist häufig energetisch wesentlich effizienter, als alle drei Jahre ein komplett neues Gerät anzuschaffen. Wichtig zu beachten ist jedoch, dass die Hersteller auch ältere Betriebssysteme noch mit Sicherheits-Updates versorgen. Insgesamt sollte die optimale Lebensdauer für ein Endgerät mit den entsprechenden empirischen Daten bestimmt werden. Bei der Beschaffung der Geräte selbst ist der Blick auf diverse Umweltsiegel auch vor dem Hintergrund des Lieferkettengesetzes sinnvoll, um die Standards der Hersteller bewerten zu können. 

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Deutlich senken können Finanzinstitute ihren Energieverbrauch außerdem, indem sie ihre Server energieeffizienter kühlen. Denn auf diese Räume entfallen circa 20 bis 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs eines Firmengebäudes. Mit dem sogenannten Hot-Aisle-cold-Aisle-Design lässt sich vermeiden, dass ein Server die Abwärme des anderen als Kühlluft ansaugt. Energetisch noch effizienter sind flüssigkeitsgekühlte und natürlich gekühlte Systeme. Auch durch die Nutzung der Abwärme lässt sich sehr viel Energie sparen, etwa indem sie in Strom umgewandelt und ins Netz zurückgespeist wird. Energieeffiziente Hardware-Komponenten vom Kabel bis zum Prozessor tragen ebenfalls zur CO2-Vermeidung bei. Die anfänglich eher hohen Investitionskosten amortisieren sich vergleichsweise schnell. 

Cloud-Transformation fördert Nachhaltigkeit

Doch nicht nur die Hardware im eigenen Unternehmen sollten sich IT-Abteilungen in puncto Energieeffizienz genauer ansehen. Auch jene der Dienstleister kann ein Faktor sein. Zum Beispiel beim Thema Cloud. Die Cloud-Transformation ist schließlich nicht nur für Performance, Effizienz und Umsatz förderlich, sondern auch für die Nachhaltigkeit. Und sind die Umweltbelastungen niedriger, sinken auch die Kosten. 

In der Cloud sind Energieverbrauch und Emissionen potenziell deutlich geringer, wenn viele Institute auf die Services einiger weniger Provider zugreifen – anstatt das komplette IT-Portfolio in der eigenen Zentrale zu hosten. Während Banken und Versicherungen davon profitieren, dass sie nur für die Services bezahlen, die sie auch in Anspruch nehmen, ist eine optimale Auslastung das ureigene Interesse der Hyperscaler. Das bedeutet: Hard- und Software sind auf maximale Energieeffizienz ausgelegt, Server werden in Echtzeit heruntergefahren, wenn ihre Kapazität nicht benötigt wird. Zusätzlich verfügen Amazon, Google und Microsoft schon heute über die modernsten Rechenzentren, inklusive High-End-Kühlsystemen und Abwärme-Recycling. Sie nutzen die Lebensdauer der Hardwarekomponenten optimal aus und beziehen den benötigten Strom aus emissionsfreien Quellen. Schon heute bieten die Hyperscaler außerdem Tools, welche die verbrauchten Cloud-Ressourcen jeder IT-Anwendung sichtbar machen und sogar in CO2-Emission umrechnen. Das sorgt für Transparenz. Software-Lösungen von Drittanbietern gehen noch einen Schritt weiter und integrieren verschiedene Cloud- und Rechenzentren in einem Dashboard.

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Ressourcenschonend handeln 

Wer eine möglichst grüne Infrastruktur bereitstellt, hat immer noch einen weiteren wichtigen Hebel in der Hand, um noch grüner zu werden: die Mitarbeitenden. Denn auch sie sollten mit Ressourcen – etwa mit jenen in der Cloud – maßvoll umgehen. Deshalb ist es wichtig, im Unternehmen eine interne Governance und Awareness zu etablieren, die genau das fördert. In der IT gehört dazu vor allem das Rightsizing von Serverkapazität und Rechenleistung: Nicht jedes neue Projekt erfordert die größtmögliche virtuelle Programmierumgebung. Viele Anwendungen laufen nachts und übers Wochenende durch, während die Rechner lediglich in den Ruhemodus schalten – die verbrauchten Ressourcen sind ja unsichtbar. Auch hier helfen Software-Lösungen, die den Verbrauch sichtbar machen und monitoren.

Die verschiedenen Stellschrauben zeigen: Setzen Banken und Versicherer auf eine grünere IT, schonen sie nicht nur die Umwelt, sondern sparen mitunter auch bares Geld – sei es durch die Cloud-Transformation oder Optimierung der eigenen Hardware. Nachhaltigkeit ist also mehr als ein Must-have aus regulatorischem oder öffentlichem Druck. Das verschafft ihnen nicht nur den vielzitierten Wettbewerbsvorteil, es hält auch die Investitionshürden niedrig und macht den Übergang dadurch besonders weich. Konsequent im Unternehmen implementiert vom Produktangebot bis hin zur IT, kann Nachhaltigkeit langfristig dabei helfen, den eigenen Unternehmenserfolg zu sichern. 

Luckhardt

Axel

Luckhardt

Senior Manager

KPMG

Axel Luckhardt ist Senior Manager bei KPMG im Bereich Financial Services. Er unterstützt Banken und Versicherungen in IT-Strategie und-Management-Themen. Dazu gehören die Entwicklung von IT bzw. Digital-Strategien, die Ableitung konkreter strategischer Rahmenparameter, die KPI basierte Erfolgsmessung aber auch die konkrete Operationalisierung mittels geeigneter Governance- und Prozessstrukturen.
Daniel Wagenknecht

Daniel

Wagenknecht

Partner Financial Services

KPMG

Daniel Wagenknecht verantwortet er die Sourcing & Cloud Transformationsberatung und berät Banken, Versicherungsunternehmen und Kapitalverwaltungsgesellschaften in ihrer gesamten IT Transformation. (Bildquelle: KPMG)
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