Nachhaltigkeit im Sinne von Umweltbewusstsein, ist in deutschen Unternehmen durchaus ein Thema. Hauptsächlich aber, um Kosten zu reduzieren. Noch stehen die meisten Firmen am Anfang, eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie haben laut IDC erst rund 30 Prozent etabliert. Bremsfaktoren sind der Fachkräftemangel und veraltete IT-Infrastrukturen.
Nachhaltigkeit ist laut IDC schon lange kein »Nice-to-have« mehr: Unternehmen seien dabei, das Thema ernsthaft und umfassend zu adressieren. »Umweltorientierte Nachhaltigkeitsansätze sind dabei ebenso entscheidend wie sozial- und governance-orientierte«, erklärt Sabrina Schmitt, Senior Consultant bei IDC. »Nicht nur, um nachhaltiger zu werden, sondern auch um Kosten zu reduzieren, den Geschäftserfolg zu sichern und die Resilienz zu steigern.« Die IDC-Studie IT & Sustainability in Deutschland 2023 zeigt aber auch, viele Firmen stehen noch am Anfang:
• Lediglich 30 Prozent haben bereits eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie.
• Fachkräftemangel sowie veraltete IT-Infrastrukturen sind für jeweils ein Viertel der Unternehmen die größte Herausforderung bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele.
• Für jedes zweite Unternehmen sind Cloud-Lösungen die Top-Technologien für nachhaltige Unternehmens- und Wertschöpfungsprozesse.
Kosteneinsparung sind der Top-Treiber
IDC drückt es positiv aus, dass Firmen erkannt hätten, dass Nachhaltigkeit und nachhaltige IT- und Wertschöpfungsprozessen einen entscheidenden Beitrag für den Geschäftserfolg und die Business Resilienz leisten können. Letztendlich sind es aber die Kosten, die das Thema vorantreiben. 30 Prozent der Befragten erhoffen sich Einsparungen und bei 20 Prozent sind es die Effizienzverbesserung.
»Mit der Reduzierung von Abfall (60 Prozent), der Senkung des Energieverbrauchs (57 Prozent) und der Verbesserung der Employee-Experience (49 Prozent) konzentrieren sich Unternehmen aktuell auf Ziele, die kurzfristig bzw. zügig umgesetzt werden können«, sagt IDC-Consultant Schmitt. »Innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre weiten die Unternehmen mit der CO2-Neutralität (45 Prozent), der Zusammenarbeit mit Lieferanten, die die eigenen Ziele teilen (45 Prozent) und dem Bezug von Energie aus erneuerbaren Quellen (43 Prozent) ihre Maßnahmen sukzessive aus und verfolgen ambitionierte Ziele.«
Problemfall Fachkräftemangel und veraltete IT-Infrastrukturen
Die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen konfrontiert Unternehmen jedoch mit einer Vielzahl von Hürden: »Der Mangel an Fachkräften bzw. Fachwissen ist die größte Herausforderung«, erklärt Schmitt. »Das ist kritisch, denn zum einen fehlen die Fachkräfte, um nachhaltigkeitsfördernde Projekte umzusetzen, und zum anderen wird das Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens den Studienergebnissen zufolge zunehmend zu einem wichtigen Entscheidungskriterium für neue Talente (59 Prozent).«
Eine weitere große Hürde stellen veraltete IT-Infrastrukturen dar. Legacy-IT sei häufig nicht nur aufwendig zu betreiben, sondern kann nachhaltige Initiativen gar nicht erst umsetzen. Darunter verstehen sich Altsysteme, die in der Regel deutlich mehr Strom verbrauchen als modernere Geräte und sich auch schlecht verwalten lassen. Betroffen sind vielerorts unternehmensspezifische Speziallösungen, in denen sehr viel Eigenentwicklung steckt bzw. für einen bestimmten Bedarf entworfen und programmiert wurden. Dazu gehören auch diverse Mainframe-Anlagen.
Granularität ist noch ausbaufähig
Nur was erfasst bzw. gemessen wird, kann auch bewertet und verbessert werden: Im Hinblick auf die interne IT-Infrastruktur wird derzeit vorrangig der Energieverbrauch getrackt (37 Prozent). »Künftig steht die Erfassung der Energieeffizienz (46 Prozent) im Fokus«, erläutert Schmitt. »Prinzipiell sollte immer beides erfasst werden, um Rückschlüsse auf geeignete Einsparmaßnahmen zu ziehen. Kennzahlen, die nicht miteinander ins Verhältnis gesetzt werden und keinen Trend aufzeigen können bzw. nicht regelmäßig und feingliedrig erfasst werden, sind wenig zielführend.«
Bei letzterem haben die Unternehmen noch Optimierungspotenzial, denn der Energieverbrauch der internen IT-Infrastruktur wird mehrheitlich insgesamt – also für das Gesamtrechenzentrum – erfasst (38 Prozent). Ein jeweils deutlich geringerer Teil erfasst den Energieverbrauch für einzelne Server und Netzwerk-Devices (20 Prozent), Racks (14 Prozent), Applikationen (12 Prozent) oder einzelne Endgeräte (2 Prozent). Damit sich Verbräuche exakt zuordnen und am Ort des Entstehens einsparen lassen, birgt eine granulare Erfassung hohes Potenzial.
Nachhaltigere IT
Um das Unternehmen bzw. Wertschöpfungsprozesse nachhaltiger zu gestalten, setzen 52 Prozent auf private oder hybride Cloud-Umgebung. Weitere 45 Prozent auf die Public-Cloud und 43 Prozent auf Technologien für Remote-Work. »Besonders Public- bzw. Hybrid-Clouds können unter anderem durch Virtualisierung, Skalierungseffekt sowie eine bessere Auslastung nachhaltiger sein als reine On-Premise-Bereitstellungsmodelle«, meint Schmitt. »Konkrete Vorteile von Cloud in puncto Nachhaltigkeit sehen die Unternehmen in der Senkung der Energiekosten (39 Prozent), der Verringerung des CO2-Abdrucks (25 Prozent), sowie einer verbesserten Business Resilienz (22 Prozent). Technologien wie KI, ML, Predictive-Analytics und IoT, werden von den Unternehmen derzeit weniger genutzt, sind in den nächsten 12-24 Monate jedoch umfassend geplant.«
Laut Schmitt ein guter Ansatz, da mittels KI, Predictive Analytics und im Rahmen von IoT kontinuierlich Daten erfasst und ausgewertet werden können und somit frühzeitige Verbesserung von Verbräuchen und Effizienten möglich sind. Um die IT-Infrastruktur selbst nachhaltiger zu machen, setzt jeweils ein Drittel auf neue Hardware, ein verbessertes Energiebewusstsein für Software-Anwendungen (Green Coding) und ein Mix aus erneuerbaren Energiequellen bei der Energieversorgung.
Nachhaltigkeit durch gesetzliche Regularien
Wie es sich für Deutschland gehört, wird mittlerweile auch die Nachhaltigkeit reguliert, kontrolliert und sanktioniert. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden (ab 2024 mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden) zu Sorgfalts- und Reportingpflichten in Bezug auf Menschenrechts- und Umweltverstöße in ihrer Lieferkette.
58 Prozent der befragten Unternehmen, die ab 2024 betroffen sind, geben an, dass sie schon jetzt gesetzeskonform sind. Ein Drittel ist zwar noch nicht völlig gesetzkonform, hat aber bereits fortgeschrittene Maßnahmen ergriffen. Angeblich lohnt es sich, Herausforderungen wie einen hohen organisatorischen Aufwand (36 Prozent), Schwierigkeiten bei der Lieferantenzertifizierung (33 Prozent) sowie einen hohen Personal- und Kostenaufwand (jeweils 32 Prozent) zu überwinden. Gesetzeskonformität zu erreichen, sei sowieso unumgänglich. Hinzukommen sollen positive Effekte wie Qualitätssicherung (42 Prozent), Rechtssicherheit (38 Prozent) und eine erhöhte Kooperation entlang der Lieferkette (33 Prozent).
Zudem dürfen sich Unternehmer auf noch mehr Bürokratie freuen: Die neue EU Corporate Sustainability Reporting Directive (EU-CSRD) verpflichtet ab 2025 Unternehmen dazu, ihre Einflüsse auf die Umwelt und Gesellschaft transparent darzulegen. Die Grundlagen sind laut IDC bereits vorhanden: »87 Prozent der Befragten erfassen bereits ihre Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Performance. Als Lösungen dafür werden Business-Software (41 Prozent), aber auch häufig Excel-Tabellen (33 Prozent), spezifische ESG-Tools (32 Prozent) oder spezifische CO2- Management-Tools (31 Prozent) genutzt«, erklärt Schmitt. »Die Nutzung von Excel-Tabellen ist alarmierend, besonders vor dem Hintergrund, dass die Sicherstellung der Datengenauigkeit für 57 Prozent der Unternehmen die größte Herausforderung bei der ESG-Berichterstattung ist.«
Nachhaltigkeit sowie nachhaltigen IT- und Wertschöpfungsprozessen
»Die Entwicklungen auf dem Energiemarkt, der Klimawandel sowie das wachsende Bewusstsein für Menschenrechte und Geschäftsethik treiben das Thema aktiv voran«, erwartet Schmitt. »Ebenso wird Nachhaltigkeit zunehmend zu einem zentralen Erfolgs- und Differenzierungsfaktor, der Geschäftserfolg und Resilienz maßgeblich beeinflusst. Wie die Studienergebnisse zeigen, ist der größte Treiber die Kostenreduzierung. Das spiegelt einerseits den Druck wider, unter dem Unternehmen derzeit stehen, zeigt andererseits aber auch, dass Nachhaltigkeit einen klaren Geschäftswert hat und eben nicht mehr nur ein `Nice-to-have´ ist.« Hinzu kommen weitere Treiber wie Effizienz, Innovationskraft und Risikominimierung. Aber auch die zunehmenden und strenger werdenden Gesetze in Bezug auf Nachhaltigkeit machen ein aktives Handeln und gezielte Investitionen unerlässlich.
Schmitt fordert Unternehmen auf, an bereits erreichte Ziele anzuknüpfen und darauf aufzubauen. Eine ganzheitliche Strategie sowie realistische Ziele seien dafür ebenso essenziell wie die Gewinnung von Informationen und neuer Erkenntnisse aufgrund von KPI. Bereits heute sind, den Studienergebnissen zufolge, einige Initiativen und Maßnahmen umgesetzt sowie Technologien und Tools im Einsatz, um das Unternehmen und seine Wertschöpfungsprozesse sowie die IT an sich nachhaltiger zu machen. Trotzdem stehe es außer Frage, dass die Unternehmen weiter handeln und investieren müssen, um ihre Prozesse zu digitalisieren und moderne Maßnahmen und IT-Lösungen nutzen zu können. »Beides ein Garant, nicht nur um die Nachhaltigkeit, sondern auch den Geschäftserfolg und die Resilienz langfristig zu sichern«, meint Schmitt.
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