Trotz Krise schafft die Digitalbranche neue Arbeitsplätze. Die Beschäftigtenzahl soll um 45.000 auf 1,35 Millionen wachsen. Gleichzeitig sollen die Umsätze 2023 erstmals über 200 Milliarden Euro klettern. Für den Bitkom ist die Digitalisierung die Antwort auf die multiplen Krisen unserer Zeit. Hierfür sei aber eine digitalpolitische Zeitenwende nötig.
Die Digitalbranche trotzt momentan allen Widerständen: Der Digitalverband Bitkom erwartet für die Unternehmen der IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik im laufenden Jahr ein Umsatzplus von 3,8 Prozent, die Umsätze werden mit 203,4 Milliarden Euro erstmal über die 200-Milliarden-Euro-Marke klettern. Zugleich soll die Beschäftigtenzahl um 3,4 Prozent auf 1,352 Millionen steigen und dies trotz Krieg, gestörten Lieferketten und einem von Inflation geprägten Umfeld.
»Digitalisierung ist die Antwort auf die multiplen Krisen unserer Zeit«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Digitalisierung macht eine Volkswirtschaft resilienter, sie hilft bei globalen Herausforderungen wie dem Klimaschutz und sie erleichtert das Leben der Menschen, in der Gesundheitsversorgung ebenso wie im Bildungsbereich oder in der Mobilität. Wir müssen die Digitalisierung in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft verstärken und sollten mehr als nur eine Schippe drauflegen. Wir brauchen eine echte digitalpolitische Zeitwende.«
IT-Investitionen sind der Wachstumstreiber
Einer Untersuchung von Bitkom Research und IDC zufolge verbucht die IT das größte Wachstum: Mit IT sollen 2023 nach aktueller Prognose 126,4 Milliarden Euro umgesetzt werden. Das entspricht einem Plus von 6,3 Prozent. »Am stärksten zulegen können die Umsätze mit Software (38,8 Milliarden Euro; +9,3 Prozent)«, erklärt Berg. »Besonders deutlich wachsen dabei die Geschäfte mit Plattformen für Künstliche Intelligenz (+41,8 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro), mit Collaborative Applications (+15,6 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro), also Anwendungen zur Zusammenarbeit, sowie mit Sicherheits-Software (+11,4 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro).«
Das Hardware-Segment wächst um 5,3 Prozent auf 39,7 Milliarden Euro, getrieben unter anderem durch steigende Ausgaben für Wearables (+15,3 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro), Security-Appliances wie zum Beispiel Firewalls (+5,2 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro) sowie Server (+5,0 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro). Rückläufig sind dagegen nach starken Zuwächsen mit Beginn der Corona-Pandemie erneut die Ausgaben für mobile PCs (-3,4 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro) sowie Desktop PCs (-1,3 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro). Die Umsätze mit IT-Services steigen um 4,7 Prozent auf 47,8 Milliarden Euro und erreichen damit in etwa die Wachstumsraten der Vorjahre. Nachdem das Projektgeschäft meist langfristig angelegt ist, rechnen die Marktforscher mit einem geringeren Einfluss durch Konjunkturschwankungen.
Netzausbau forciert Telekommunikations-Wachstum
Für den TK-Markt sieht der Bitkom 2023 nur noch leicht um 0,8 Prozent auf 69,5 Milliarden Euro wachsen. Am stärksten sollen in diesem Segment die Investitionen in die Telekommunikations-Infrastruktur zulegen (+2,5 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro). Die Umsätze mit Endgeräten wie Smartphones wachsen dank steigender Nachfrage nach hochwertigen Geräten im Premium-Segment sowie Geräten mit 5G-Fähigkeiten um 2,3 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro. Dagegen stagniert das Geschäft mit Telekommunikationsdiensten, mit denen nach Bitkom-Berechnungen 49,7 Milliarden Euro umgesetzt werden – das entspricht einem minimalen Anstieg um 0,1 Prozent.
»Die Telekommunikationsunternehmen investieren weiter auf hohem Niveau in den Ausbau von Festnetz und Mobilfunk«, meint Berg. »Trotz höherer Bandbreiten, mehr Datenvolumen und steigender Nutzung können die Umsätze mit Telekommunikationsdiensten angesichts des scharfen Preiswettbewerbs kaum gesteigert werden.«
Unterhaltungselektronik bleibt im Minus
In der Unterhaltungselektronik droht nach einem kurzzeitigen Aufschwung mit Beginn der Corona-Pandemie das dritte Minus-Jahr in Folge. Ein erwarteter Umsatz von 7,6 Milliarden Euro für 2023 bedeutet ein Minus von 7,3 Prozent. Berg: »Die hohe Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit treffen das Geschäft mit Unterhaltungselektronik besonders stark«, erwartet Berg. »Viele Menschen halten ihr Geld zusammen und verzichten gerade hier auf größere Anschaffungen.«
Weltmarkt: Deutschland muss sich mehr anstrengen
Weltweit werden für 2023 Umsätze mit IT und Telekommunikation von 4,33 Billionen Euro erwartet. Dies entspricht einem Plus von 4,8 Prozent. Den Weltmarkt dominieren weiterhin die USA, auf die 35,7 Prozent entfallen. Auf Rang zwei liegt China mit einem Weltmarktanteil von 11,7 Prozent, dahinter folgt Japan mit 5,7 Prozent. Deutschland liegt mit 4,2 Prozent Weltmarktanteil auf Rang 5, hinter Großbritannien (4,5 Prozent). Die EU-Staaten ohne Deutschland kommen auf einen Weltmarktanteil von 11,8 Prozent.
»Wir müssen uns in Deutschland mehr anstrengen«, fordert Bitkom-Chef Berg. »Die Schere zwischen uns und den führenden Digital-Nationen sowie den schnell wachsenden Ländern öffnet sich jedes Jahr weiter. Zu geringe Investitionen in IT und Telekommunikation machen es in allen Branchen schwerer, wettbewerbsfähig zu bleiben und im Innovationswettlauf eine führende Rolle einzunehmen.«
Deutschland braucht eine digitalpolitische Zeitenwende
»Für das kommende Jahr benötigen wir eine digitalpolitische Zeitenwende«, mahnt Berg. »Statt ein bisschen Veränderung hier und ein bisschen Veränderung dort müssen wir uns von alten, analogen Prozessen trennen und so bald wie möglich auf digital only setzen.«
Berg sieht vier wesentliche Ziele für die deutsche Digitalpolitik im Jahr 2023 und darüber hinaus: »Erstens muss der Staat handlungsfähig bleiben und digital funktionsfähig werden. Zweitens müssen wir Daten sehr gezielt nutzen. Dritten müssen wir uns digital souverän und sicher aufstellen, in den Infrastrukturen ebenso wie in den Unternehmen und in den Privathaushalten – dazu müssen wir auch einseitige Abhängigkeiten in den internationalen Handelsbeziehungen beenden. Und viertens müssen wir unser strukturelles Fachkräfteproblem mit bereits heute 137.000 fehlenden IT-Expertinnen und -Experten lösen.«
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