Flut: Datenrettung nass und dreckig und das Versagen von KI

Mittlerweile ist bekannt, dass das europäische Hochwasser-Warnsystem »Efas« die deutsche Regierung warnte. Und zwar am 10. Juli per KI-Analyse. Relevanz-, Informations- und Datenübertragungsträger scheinen aber nicht reibungslos ineinander gegriffen zu haben. Menschen, Daten, Storage, was nutzt Technik? Wiederherstellung ist möglich, technisch…

Auch bei Wasserschaden stehen die Chancen auf Datenrettung gut, sofern einige fehler vermieden werden (Foto: CBL Datenrettung).Auch bei Wasserschaden stehen die Chancen auf Datenrettung gut, sofern einige fehler vermieden werden (Foto: CBL Datenrettung).Mittlerweile ist bekannt, dass das europäische Hochwasser-Warnsystem Efas, und damit der Deutsche Wetterdienst mit seinen Informationsempfängern wussten, was kommt: Eine dramatische Flut mit Warnungen an die deutsche und die belgische Regierung. Die Warnung kam am 10 Juli. Relevanz-, Informations- und Datenübertragungsträger scheinen nicht reibungslos funktioniert zu haben. Eventuell verstehen Bewerbungs-, Erdnah- und Grinse-Politiker faktische Sprache nicht richtig.

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Über 150 Tote, Milliarden-Schäden, per Helikopter eingeflogene Präambeln des systematisch-zynischen Versagens und bundesweiten Mitgefühls. Informationen sind Daten, Daten sind Storage, Storage ist Geschäft. Und so ist es jetzt: Daten sichern, wenn gar nichts mehr hilft! KI versorgt Systeme, leider nicht Menschenleben und Menschen in Not.

Festplatten nicht trocknen

Dabei ist es löblich, aber auch lapidar wie jedes Marketing: CBL Datenrettung möchte Flutopfern Hilfe und Rabatt anbieten.

Der Datenrettungsspezialist weist darauf hin, man solle einen PC, der überflutet war, keinesfalls einschalten. Festplatten sollte man möglichst schnell noch nass und luftdicht verpackt zur Diagnose an professionelle Labore einschicken. Am besten natürlich an die eigenen. Tipps des Dienstleisters:

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  • »Nicht einschalten – Probieren Sie keinesfalls aus, ob ein nasser Rechner oder eine nasse Festplatte noch funktionieren. Sie vergrößern den Schaden durch Kurzschlüsse.
  • Nicht zögern – Auch wenn Sie noch mitten in den groben Aufräumarbeiten sind, je schneller Sie eine nasse Festplatte einschicken, desto größer sind die Chancen auf Wiederherstellung Ihrer Daten.

Datenrettung: Handlungsempfehlungen für Betroffene

Nicht trocknen, nicht schütteln, nicht reinigen! Im Gegenteil: Packen Sie die Festplatte nass und dreckig wie sie ist, luftdicht und stoßgeschützt ein und schicken Sie sie zur Diagnose. Trocknung und Reinigung erfolgt dann unter kontrollierten Bedingungen im Reinraumlabor.

CBL selbst untersucht Datenträger zunächst umsonst, ein Kostenvoranschlag folgt. Je nach Aufwand liegen die Kosten pro Platte in einem Bereich von 1.000 bis 3.000 Euro, sagt CBL. Kunden, die Daten durch die direkte Einwirkung eines Hochwassers verloren haben, erhalten einen Rabatt von 500 Euro auf die Kosten einer Festplatten-Datenrettung. Die Aktion gilt bis 31.8.2021.

In Krisenzeiten wie diesen steigt das Aufkommen an Anfragen für Datenrettungen wegen Wasserschäden auch in den Attingo-Datenrettungslaboren um ein Vielfaches an. Nicht selten reagieren Betroffene falsch. Geht es um nasse Datenträger, lautet der häufigste Impuls: Irgendwie den Datenträger trocknen. Das kann fatal sein und ist ein weit verbreiteter Irrglaube.

Nach Wasserschäden: Feuchtigkeit entschleunigt Materialschäden

Durch Nässe beschädigte Datenträger mit Salz zu bedecken, auf die Heizung legen, mit dem Fön oder gleich im Ofen zu trocknen, möge im ersten Moment wie eine gute Idee erscheinen. Mit dem Vorgehen können jedoch zusätzliche Schäden verursacht werden.

»Wir empfehlen, nasse Datenträger in feuchte Tücher einzuwickeln, um das unkontrollierte Abtrocknen zu entschleunigen«, erklärt Markus Häfele, Geschäftsführer der Attingo Datenrettung. »Denn über die Verdunstung der Feuchtigkeit würde Korrosionsbildung begünstigt werden.« Unter anderem könnten Materialschäden die Folge sein. Oft wird übersehen, dass durch Verdunstung der Feuchtigkeit auch Rückstände auf den Komponenten zurückbleiben. Werden feuchte oder getrocknete Datenträger unter Strom gesetzt, könnten schwerwiegende Elektronikschäden die Folge sein.

»In solchen Fällen ist Eile geboten«, ergänzt Attingo-Techniker Boris Hakaso aus Hamburg. »Datenträger, die im Wasser waren, müssen schnellstmöglich professionell im Labor behandelt werden.« Entsprechend in Mitleidenschaft gezogene Datenträger sollten zeitnah im Reinraumlabor diagnostiziert und gereinigt werden. Um einer Verschlechterung des Fehlerbilds vorzubeugen und ein optimales Wiederherstellungsergebnis zu erzielen.

Datensicherung und To-Do-Liste an Datenträgern

Eine weitere Empfehlung und Präventivmaßnahme des Hamburger Traditions-Datenretters ist auch zeitgleich eine der Grundregeln der Datenverarbeitung: Datensicherung! Hierbei sollte beachtet werden, dass ein sicheres Backup optimalerweise auch eine räumliche Trennung umfasst, um in Fällen wie diesen nicht gleichzeitig baden zu gehen. Besonders wichtige Daten sollten zudem immer einer Mehrfachsicherung unterliegen.

Die ToDo Liste bei Wasserschäden an Datenträgern:

  • Datenträger nicht unter Strom setzen
  • Trocknung der Datenträger vermeiden
  • Festplatten in feuchtem Tuch möglichst luftdicht verpacken
  • Zeitnah Kontakt mit einem professionellen Datenretter aufnehmen
  • Betroffene Datenträger so schnell wie möglich ins Datenrettungslabor senden

Anmerkung der Redaktion

Michael Baumann, speicherguide.deMichael Baumann, speicherguide.de Wir lieben Wetter: Zwar pflanzen wir nichts professionell an, fahren zur See oder brauchen sonst wie Niederschlag, Regen hört sich auch einfach schlecht an im Parteiprogramm, und wir alle machen uns hauptsächlich Gedanken darüber, ob wir am nächsten Tag wohl einen Schirm auf dem Weg zum 5G-SUV brauchen, falls wir durch eine Pfütze waten müssten. Eher sphärisch auch über das Klima, na klar!

Zu diesem systemrelevanten Sachverhalt haben wir natürlich Experten und Sachverständige. Im Regelfall kreiert der Weltraummüll in Form von Sonden, die an humanoide Satelliten aus Blech geschraubt sind, und uns kurz vor acht darüber informieren, warum das Wetter gestern war, wie es war.

Was ist »meteorologisches Abwägen«?

Dann gibt es aber auch Wissenschaft: »Da gehört dann viel meteorologisches Abwägen dazu.« Moment mal: Was ist meteorologisches Abwägen? Wägt jetzt ARD-Wetterexperte Sven Plöger ab, was mir als lapidaren Himmelsgucker zuzumuten ist? »Am Ende ist es auch gefährlich, wenn man zu viel warnt und dann in der Bevölkerung ein Abstumpfen eintritt.«

Das mag richtig sein, aber ich habe Sven Plöger und seine Rollen und Doppelgänger in anderen Sendern und Teilnehmer an Spielshows und B-Level Promis nicht dazu legitimiert, mir diese Entscheidung abzunehmen. Auch keinen Politiker, der mir Informationen vorenthält, um mich zu schützen. Ein »Abstumpfen« der Vitalfunktionen ist zumindest bei den über 200 Toten in Deutschland, Belgien und den Niederlanden wissenschaftlich nicht abzustreiten.

Etwas schiefgegangen

Nun sagt Hannah Cloke, Professorin für Hydrologie an der Universität Reading in The Times am Sonntag, das europäische Hochwasser-Warnsystems Efas habe viele Tage zuvor, nämlich am 10. Juli, vor der nun eingetroffenen Katastrophe gewarnt. Das »System« habe Alarm geschlagen, sagt sie. In unseren Umkreisen nennen wir das wohl einen KI-Workload (Künstliche Intelligenz) mit gewisser prädiktiver Inzidenz bevor wir die wissenschaftliche HI (Human Intelligenz) eingeschalten haben.

»Die Leute hätten Warnungen erhalten sollen. Die Leute sollten die Warnungen verstanden haben. Es nützt nichts, riesige Computermodelle zu haben, die vorhersagen, was passieren wird, wenn die Leute nicht wissen, was sie bei einer Flut tun sollen«, sagt Cloke. Die Tatsache, dass Gebäude nicht evakuiert worden seien oder die Menschen die Warnungen nicht erhalten hätten, lege nahe, »dass etwas schiefgegangen ist.«

Gut ist, dass wir in der digitalen Transformation leben und all die Vorteile der Daten permanent nutzen können. Wer weiß schon ohne App, wo er gerade ist, geschweige denn die Follower. KI und die Flut: Alarmsystem funktioniert, aber nur für sich inhärent. Die Betroffenen bekamen zumeist weder von Frühwarnsystemen noch von der Debatte etwas mit: Sie haben keinen Strom, kein Internet und kein Telefon.

»Deutschland wusste, dass die Flut kommt«

In einer Novelle von Gerd Hofmann sagt ein fiktiver Balzac, der in der Literaturgeschichte zwischen bürgerlichem Realismus und kritischem Vor-Naturalismus verortet wird, im Sterben: »Schreiben! Ich muss schreiben!«. Sein imaginäres Gegenüber sagt dem zu spät Sterbenden: »Nein, Balzac, du musst atmen! Atmen!«

Realität wird nicht von Sven Plöger erklärt, auch nicht von L(ach)schet, Steinmeier, Merkel oder sonst wem. Die Grenzen der Maschine (Emile Zola) und die Grenzen des Menschen (Thomas Mann) in Funktion erleben wir gerade.

Datenverarbeitung: »Monumentales System-Versagen«

Wir sprechen immer noch über 150 Tote und deren Hinterbliebene. Weil eine Datenkette unterbrochen war oder wurde, durch Systeme oder Menschen. Als Politiker, Wetterexperte oder sonstiger Amateur oder Augure muss man natürlich mitteilen: »Da gehört dann viel […] Abwägen dazu.« Gut, dass so kompetente Menschen dies für uns tun.

Nochmals ganz klar Hannah Cloke in The Times am Sonntag, den 18. Juli: »Den Behörden sind detaillierte Diagramme übermittelt worden. Deutschland wusste, dass die Flut kommt, aber die Warnungen haben nicht funktioniert.« Es handele sich um ein »monumentales System-Versagen«.

Und dann klärt uns einer auf: »Da gehört dann viel meteorologisches Abwägen dazu.«. Wer sich so überhebt, solle das bitte den Hinterbliebenen erklären, nicht mir! Ich denke mir: »Nein, du musst atmen! Atmen!«

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Michael Baumann, speicherguide.de

Michael

Baumann

Redaktion

speicherguide.de

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