Die Beschwerde von Nextcloud über das wettbewerbswidrige Verhalten von Microsoft in Verbindung mit Kollaborationssoftware hängt eng zusammen mit den Problemen, die CISPE und viele andere Beobachter als schädlich für einen wettbewerbsfähigen Cloud-Infrastruktur-Markt in Europa identifiziert haben. Ein Kommentar.
Einige Softwareunternehmen setzen weiterhin auf eine aus den 1990er Jahren stammende Taktik, die Mitbewerber ausschließt und ihre eigene langjährige Dominanz auf dem Softwaremarkt zementiert. Diese Quasi-Monopolstellung nutzen besagte Unternehmen aus, um die noch in Entstehung befindlichen Märkte für Cloud-Dienste zu verzerren. Das betrifft sowohl Dienste wie „Infrastructure as a Service“ als auch „Software as a Service“.
Wie von Nextcloud vorgetragen und in einer aktuellen Studie des französischen Ökonomen und Vorsitzenden des OECD Wettbewerbskomitees Prof. Jenny weiter belegt wird, setzen die alten Softwaregiganten Bündelungen, Vorinstallationen und eine Vielzahl finanzieller und technischer Hebel ein, um den Zugang ihrer Kunden zu Konkurrenzprodukten zu beschränken. Einige Unternehmen, die in der Zeit des Desktop-Computing und der lokalen Rechenzentren vorherrschend waren, versuchen nun mit aller Macht, diesen Vorteil auszuspielen, um auch den Zukunftsbereich der Cloud-Dienste sowohl auf der Software- als auch auf der Infrastruktur-Seite zu besetzen.
Angesichts der Bedenken hinsichtlich Datenschutz, Datensouveränität, Datenportabilität und Interoperabilität ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Kunden eine echte Wahl zwischen verschiedenen Diensten haben, die ihren individuellen Anforderungen genau entsprechen. Eine Monokultur von Cloud-Infrastrukturen, die eng mit Software as a Service von einzelnen Anbietern verknüpft sind, bietet kein Umfeld für nachhaltige Innovation und Wachstum der digitalen Wirtschaft in Europa.
Das deutsche Bundeskartellamt sollte die Nextcloud-Beschwerde deshalb nicht zuletzt im Rahmen seiner neuen Ex-ante-Befugnisse zur Untersuchung von Marktmachtmissbrauch im Digitalbereich prüfen. Es sollte dazu eine umfassendere Untersuchung aller Software-Praktiken von Microsoft einleiten und sich nicht nur auf Kollaborationssoftware beschränken. Es besteht hier dringender Handlungsbedarf gegen wettbewerbswidriges Verhalten, das den Nutzern von Cloud-Diensten sowie den Mitbewerbern von Microsoft schadet. Handlungsmöglichkeiten bestehen auch auf europäischer Ebene, um diese unlauteren Lizenzierungs-Praktiken unverzüglich zu beenden, indem Unternehmenssoftware wie Microsoft 365 in den Geltungsbereich des DMA aufgenommen wird. Europa muss jetzt handeln!
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