Für viel Geld hat die Deutsche Telekom ihr 5G-Handynetz im Inland verbessert und ihr Festnetz mit Glasfaser auf ein neues Level gehievt. Wie geht es auf lange Sicht weiter? Vielleicht anders: Firmenchef Höttges zeigt sich verärgert über Vorgaben aus Berlin.
Telekom-Chef Tim Höttges hat die Bundespolitik davor gewarnt, die für die Digitalisierung dringend benötigten Investitionen mit falschen Regeln abzuwürgen. «Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, sehen wir uns gezwungen, unsere Chancen noch stärker im Ausland und damit vor allem in den USA zu nutzen», sagte der Vorstandsvorsitzende am Donnerstag in Bonn. In den USA sei der Umsatz pro Kunde in der Telekommunikationsbranche drei Mal höher als hierzulande. Nach Darstellung von Höttges lohnten sich Investitionen hier kaum, auch weil die Preise für Telekommunikationsdienstleistungen niedrig seien.
Die Telekom gibt derzeit Milliarden aus, um im deutschen Festnetz Glasfaser zu verlegen und das 5G-Handynetz auszubauen. Die Ertragsperle des Bonner Konzerns ist allerdings die amerikanische Tochter T-Mobile US. Noch investiere man «patriotisch», sagte Höttges mit Blick auf die Inlandsinvestitionen. «Das können wir aber nur tun, weil wir die Bilanz von unserem amerikanischen Geschäft im Rücken haben – wir könnten nicht so viel investieren, wenn wir nicht den enormen Cashflow und die enorme Finanzstärke aus den USA hätten.»
«Wir regulieren komplett an den Themen vorbei.»
Höttges stellte klar, dass es bei den Inlandsinvestitionen zu einem Kurswechsel kommen könnte. «Wir müssen uns ganz nüchtern die Zahlen legen – wir sind ein Unternehmen und da geht es nicht darum, patriotische Entscheidungen zu treffen.» Vielmehr müsse man Investitionsentscheidungen gegenüber Aktionären rechtfertigen. Seine Firma habe «sehr viele hochprofitable Möglichkeiten, um ihr Geschäft zu erweitern», sagte Höttges und machte deutlich, dass diese Stand heute nicht in Deutschland seien.
Die Kritik von Höttges bezieht sich unter anderem auf die gängige Praxis, dass die Bundesrepublik alle vier bis fünf Jahre Mobilfunk-Frequenzen versteigert und die Netzbetreiber dafür Milliarden bezahlen. «Wir regulieren komplett an den Themen vorbei.» Anstatt für die richtigen Rahmenbedingungen für einen guten Netzausbau zu sorgen, veranstalte der Staat «artifizielle Auktionen, die extrem viel Geld verschlingen, was hinterher irgendwo im Staatssäckel verschwindet, aber nicht in der Infrastruktur».
Im kommenden Jahr gibt es vermutlich die nächste Mobilfunk-Auktion. Es ist allerdings möglich, dass es diesmal keine Versteigerung gibt, sondern dass Frequenzen zugeteilt werden und sich die Firmen zu ambitionierten Ausbauauflagen verpflichten. Bei der anstehenden Vergabe könnte es zudem zu einer sogenannten Diensteanbieterverpflichtung kommen, bei der Mobilfunkfirmen ohne eigenes Netz – etwa Freenet – Zugriff auf die etablierten Netze bekommen.
Solch eine Regelung, die von Bundespolitikern überwiegend positiv gesehen wird und den Wettbewerb ankurbeln könnte, ist ein rotes Tuch für den Manager – er will nicht, dass seine Firma Konkurrenten auf das teuer gebaute eigene Handynetz lassen muss. Freie Verhandlungen sollte es geben, aber keinen Zwang zur Netzöffnung, so Höttges.
Die Diensteanbieterverpflichtung hätte negative Konsequenzen für die Ausbauintensität in Deutschland, warnte der Firmenchef. Nach seiner Darstellung würden die hohen Investitionen in das Netz entwertet, wenn die Konkurrenz mit demselben Netz am Markt auftrumpfen könnte. Der Netzbetreiber bekäme zwar Miete, die wäre laut Höttges aber zu niedrig. «Das ist nicht gut für den Gesamtmarkt, das ist nur gut für den Diensteanbieter.»
Um Deutschland und Europa wettbewerbsfähig zu halten, seien andere Rahmenbedingungen nötig. «Wir brauchen einen Schulterschluss zwischen Politik und Unternehmen», sagte der Manager. «Nur gemeinsam können wir Europas Wirtschaftsordnung zukunftsfähig machen.»
dpa