Schon in den ersten Monaten der Corona-Pandemie haben sich Mitarbeiter von kleineren Unternehmen umorientiert und Jobs bei größeren etablierten gesucht. Das hat eine Untersuchung der Daten von fast 180.000 Nutzern von Wellfound ergeben, der größten Online-Rekrutierungsplattform für Unternehmen.
Ähnlich wie Anleger, die ihr Geld bei wirtschaftlichen Abschwüngen an sicherere Orte bringen, reagiere auch der Arbeitsmarkt, kommentiert Ting Xu. Finanzwissenschaftler der University of Toronto.
20 Prozent mehr Bewerbungen
„Das erklärt, warum Start-ups trotz eines robusten Finanzierungsmarktes während der Pandemie mit Arbeitskräftemangel zu kämpfen hatten“, sagt Xu, der die Studie zusammen mit den Forscherkollegen Shai Bernstein von der Harvard Business School und Richard R. Townsend von der University of California San Diego durchgeführt hat. Sie fanden heraus, dass sich nach dem 13. März 2020, als die USA wegen der Pandemie den nationalen Ausnahmezustand ausriefen, 20 Prozent mehr Menschen bei Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern bewarben als im Zeitraum davor. Dieses Phänomen war vor allem in Branchen wie IT, Medien, E-Commerce, Gesundheitswesen und Unternehmensdienstleistungen zu beobachten.
„Für den Unternehmenserfolg ist nicht nur die Quantität der Talente entscheidend, sondern auch deren Qualität. Wenn sich hochqualifizierte Arbeitskräfte größeren Unternehmen zuwenden, bedeutet das, dass Start-ups genau die Mitarbeiter verlieren, die für den Unternehmenserfolg entscheidend sind“, konstatiert Xu. Hinzu kam damals, dass diejenigen, die sich bei kleineren Unternehmen bewarben, eher weniger qualifiziert waren. Darauf deutet hin, dass von diesen Bewerbungen relativ wenige in Arbeitsverhältnisse umgemünzt wurden.
Vermeintlich sichere Arbeitsplätze
Die Forschung hilft zu erklären, warum Start-ups, die theoretisch gut positioniert sind, um während einer wirtschaftlichen Erholung neues Wachstum anzukurbeln, eher leiden. „Start-ups haben in Abschwüngen Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter einzustellen“, erläutert Xu. Das Phänomen, dass Mitarbeiter verstärkt vermeintlich sicherere Arbeitsplätze suchen, sei nicht auf die Pandemie beschränkt, sondern allgemeingültig und bei COVID-19 aber am besten nachweisbar gewesen.
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