Unternehmen in Deutschland, die ihre Daten großen Internetkonzernen anvertrauen, müssen die Inhalte nicht mehr unbedingt rund um den Globus verschicken. Cloud-Anbieter wie Google setzen auf eine Präsenz vor Ort, auch weil die Infrastruktur dafür geeignet ist.
Google eröffnet am Freitagnachmittag in Hanau sein erstes eigenes Cloud-Rechenzentrum in Deutschland. Mit der Anlage auf einem Gelände, das einst von der Hanauer Atomindustrie genutzt wurde, baut der Internet-Riese seine Präsenz in Deutschland deutlich aus.
Das Projekt in Hanau ist Bestandteil eines gut eine Milliarde Euro umfassenden Investitionsprogramms des Google-Konzerns Alphabet, zudem neben dem Rechenzentrum in Hanau auch eine neue Cloud-Infrastruktur im Raum Berlin-Brandenburg gehört. Über einen Vertrag mit dem Energieversorger Engie wird gewährleistet, dass die Anlagen in weiten Bereichen klimaneutral betrieben werden.
In der Anlage werden nicht Daten von privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern verarbeitet und gespeichert, sondern Speicher- und Cloud-Dienste für gewerbliche Kunden von Google Cloud bereitgestellt. Referenzkunden sind die Commerzbank, der Automobilzulieferer Fehrer und die Lufthansa Group. Die Anlage solle helfen, die wachsende Nachfrage nach Cloud-Diensten in Deutschland zu bedienen, teilte das Unternehmen mit.
Das Rhein-Main-Gebiet ist ein bundesweiter Schwerpunkt für große Rechenzentren. Grund ist vor allem der Internetknoten DE-Cix in Frankfurt am Main, einer der größten weltweit. Er ist nur rund 20 Kilometer von dem neuen Google-Rechenzentrum entfernt. Hier treffen viele nationale und internationale Datenströme aufeinander, was Frankfurt zu einem zentralen Umschlagplatz für Datenverkehr in Europa macht. Mit dem Anschluss an den benachbarten Internetknoten wird gewährleistet, dass neben hohen Bandbreiten auch extrem kurze Laufzeiten für die Daten erreicht werden. Experten sprechen hier von einer niedrigen Latenz.
Für Google war es aber nicht nur wichtig, dass der Anschluss des Rechenzentrums an das Internet exzellent ist. Der Konzern hat offiziell das Ziel ausgegeben, auch bei seinen Clouddiensten die Auswirkungen auf Klima und Umwelt nachhaltig zu minimieren. Zum einen benötigt Google dafür Strom, der möglichst aus erneuerbaren Quellen stammt, um den CO2-Abdruck zu minimieren. Nach Angaben des Unternehmens stammen bereits jetzt 80 Prozent der verbrauchten Energie im Jahresdurchschnitt aus CO2-freien Quellen.
Das zweite große Umweltthema beim Betrieb von Rechenzentren ist das Thema Wärme. Der Strom für den Betrieb der Computer, Netzwerkschalter und Datenspeicher wird letztlich in Wärme umgewandelt, die zum einen mit riesigen Ventilatoren abgeführt wird. Die Kühlsysteme in Hanau arbeiten aber auch mit Wasser. Und dieses Wasser soll möglichst verantwortungsvoll gewonnen werden.
Damit die Abwärme dann nicht nur einfach an die Umwelt abgegeben wird, prüfen Google und die Unternehmen EnBW, Evonik Industries sowie Umicore die Möglichkeiten, die Abwärme für die Versorgung angrenzender Gebäude im Industriepark Wolfgang und damit zur Energieeinsparung nutzbar zu machen.
Google arbeitet seit Jahren daran, sich aus der Abhängigkeit vom Werbegeschäft im Internet zu befreien und neue Erlösquellen zu finden. Daher beschloss das US-Unternehmen 2021 große Investitionen in den Standort Deutschland, um diesen lukrativen Cloud-Markt nicht den Marktführern Amazon AWS und Microsoft oder deutschen Anbietern wie Ionos aus dem United-Internet-Konzern zu überlassen. Bis 2030 sollen sich die Investitionen in Deutschland auf gut eine Milliarde Euro summieren.
dpa