Google sorgte mit der kürzlichen Vorstellung seines neuesten Quantencomputer-Chips „Willow“ für Aufsehen. Dabei überraschte weniger die beeindruckende Leistung des Chips als vielmehr eine versteckte Botschaft im Blogeintrag zur Ankündigung: Die Rechenleistung sei durch die Existenz paralleler Universen zu erklären.
Hartmut Neven, Gründer von Google Quantum AI, schreibt in seinem Blogbeitrag:
„Willows Leistung bei diesem Benchmark ist erstaunlich: Er führte eine Berechnung in weniger als fünf Minuten durch, die auf einem der heute schnellsten Supercomputer 10^25 oder 10 Septillionen Jahre dauern würde. Ausgeschrieben sind das 10.000.000.000.000.000.000.000.000 Jahre. Diese unfassbare Zahl überschreitet bekannte Zeitskalen in der Physik und übersteigt das Alter des Universums bei weitem. Dies unterstützt die Vorstellung, dass Quantenberechnungen in vielen parallelen Universen stattfinden, im Einklang mit der Idee, dass wir in einem Multiversum leben – eine Vorhersage, die erstmals von David Deutsch gemacht wurde.“
Theoretischer Hintergrund und kritische Stimmen
Die These geht auf den Physiker David Deutsch zurück, der 1997 in seinem Werk „The Fabric of Reality“ die Hypothese aufstellte, dass Quantencomputer ihre Berechnungen simultan in mehreren Universen durchführen. Google suggeriert nun, dass die extreme Geschwindigkeit des Willow-Chips diese These stützt – eine Behauptung, die in der Fachwelt kontrovers diskutiert wird.
Die deutsche Physikerin und Wissenschaftskommunikatorin Sabine Hossenfelder äußerte sich kritisch zu Googles Ankündigung. „Die konkrete Berechnung dient lediglich der Erzeugung einer Zufallsverteilung“, erklärte sie auf Twitter. „Das Ergebnis dieser Berechnung hat keinen praktischen Nutzen.“ Sie führte weiter aus, dass diese spezifische Aufgabe gewählt wurde, weil formal bewiesen sei, dass sie auf konventionellen Computern aufgrund der erforderlichen Quantenverschränkung besonders schwer zu bewältigen sei. Dies ermögliche erst die spektakulären Vergleiche mit Rechenzeiten von „Septillionen Jahren“.
Technische Spezifikationen und Funktionsweise
Der Willow-Chip arbeitet mit 100 Qubits (Quantenbits). Im Gegensatz zu klassischen Computern, die mit einem binären System aus Nullen und Einsen arbeiten, können Qubits dank des Phänomens der Quantenverschränkung drei Zustände annehmen: an, aus oder – kontraintuitiv – beides gleichzeitig. Die Quantenverschränkung ermöglicht es dabei, dass Teilchen den Zustand anderer Teilchen auch über Distanz hinweg beeinflussen können.
Herausforderungen bleiben bestehen
Die zentrale Herausforderung der Quantencomputer-Entwicklung bleibt die Fehleranfälligkeit: Je mehr Qubits eingesetzt werden, desto höher wird die Fehlerrate. Ob Quantencomputer jemals zuverlässig genug sein werden, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, ist noch unklar. Google betont jedoch, dass der Willow-Chip speziell zur Reduzierung dieser Fehlerrate entwickelt wurde.
Die Ankündigung markiert einen weiteren Meilenstein im Quantencomputing, wirft aber gleichzeitig fundamentale Fragen über die Natur unserer Realität auf. Die wissenschaftliche Gemeinschaft wird die praktischen Implikationen dieser Entwicklung in den kommenden Monaten intensiv diskutieren.