Die Privatsphäre Verstorbener

Das digitale Leben nach dem Tod

Todesfall

Die Konten eines verstorbenen Familienmitglieds oder Freundes zu schließen, kann Jahre in Anspruch nehmen und viel Geduld kosten. Zudem könnten viele Termine und manchmal das Ausfüllen von bis zu 20 Dokumenten auf die Betroffenen zukommen.

Das zeigt die neueste Studie des Cybersicherheitsunternehmens NordPass.

Experten untersuchten, wie sich die Konten-Richtlinien für Verstorbene auf hundert der beliebtesten Online-Plattformen weltweit unterscheiden. Sie kamen zu dem Schluss, dass nur ein Drittel der beliebtesten Online-Dienste spezielle Informationen zu den Konten verstorbener Nutzer bereitstellt, die oft komplexe und insgesamt unübersichtliche Verfahren beinhalten. Experten sagen, dass dieser Umstand zahlreiche Herausforderungen sowohl für die Sicherheit online als auch für finanzielle Mittel mit sich bringt.

„Mit dem Älterwerden der Internet-Generationen wird das Thema des digitalen Nachlasses immer wichtiger. Wir nehmen Abschied von Menschen und gleichzeitig auch von deren digitaler Präsenz. Unsere neue Studie zeigt, dass es leider fast unmöglich ist, die Privatsphäre der Verstorbenen online vollständig zu schützen, wenn sie selbst keine nötigen digitalen Vorkehrungen getroffen haben“, sagt Tomas Smalakys, CTO bei NordPass.

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Was bieten Plattformen?

Die Untersuchung zeigt, dass nur ein kleiner Teil der gängigen Online-Plattformen ihre Kunden proaktiv über die Möglichkeiten informiert, die sie haben, wenn es um die Konten von Verstorbenen geht. Im Folgenden sind die häufigsten Angebote aufgeführt:

  • Nur etwas mehr als ein Drittel (36 %) der gängigen Online-Plattformen bietet ihren Nutzern Informationen darüber an, wie sie den digitalen Nachlass des Verstorbenen verwalten, entfernen oder anderweitig verwalten können. Von diesen Plattformen bietet nur weniger als ein Drittel an, die Angelegenheit durch das einfache Ausfüllen eines entsprechenden Online-Formulars zu erledigen. Der Rest bittet darum, sich an den Support oder die Rechtsabteilung zu wenden, anzurufen, eine E-Mail zu schreiben, einen Brief zu schicken oder sogar persönlich vorbeizukommen.
     
  • Ein Viertel der untersuchten Unternehmen gibt öffentlich an, dass sie inaktive Konten löschen. Von diesen gab die Mehrheit an, dass sie Konten nach zwei inaktiven Jahren löschen. Es gibt aber auch Fälle, in denen es sogar sieben Jahre dauert.
     
  • Nur 6 % der Plattformen bieten an, das Konto des Verstorbenen in den „Gedenkzustand“ zu versetzen, d. h. das Konto ist weiterhin öffentlich sichtbar, aber so markiert, dass Menschen wissen, dass die Person verstorben ist.

Nach Angaben von NordPass hat ein Internetnutzer im Durchschnitt fast 170 Konten. Sie alle nach dem Ableben einer Person durchzugehen, stellt eine Herausforderung dar.

„Unsere fortlaufenden Untersuchungen zeigen, dass Internetnutzer bei der Verwaltung ihrer Online-Konten nachlässig sind. Wenn eine Person ihre Passwörter nicht ordentlich verwaltet hat, wissen ihre Angehörigen nicht einmal, wie viele und welche Konten sie hatte. Unter diesen Umständen scheint es fast unmöglich, die digitale Präsenz einer Person vollständig zu löschen“, sagt Smalakys.

Bürokratie statt Abschied nehmen

Bei der Art und Weise, wie Online-Plattformen mit den Konten ihrer Nutzer nach deren Tod umgehen, zählten die Experten mehr als 20 verschiedene Arten von Dokumenten, welche die Online-Dienste beim Ausfüllen der Formulare oder bei der Kontaktaufnahme mit den Diensten verlangen können. Diese Zahl könnte jedoch noch größer sein, da die geforderten Dokumente je nach Konto, Land oder staatlichen Anforderungen variieren können.

In der Regel verlangen Online-Plattformen eine Sterbeurkunde, einen Nachweis, dass der Antragsteller berechtigt ist, im Namen des Verstorbenen zu handeln, sowie offizielle Ausweisdokumente (wie Reisepass, Personalausweis oder Führerschein). Eine Todesanzeige, eine Geburts- und Heiratsurkunde, ein Testament, eine Vollmacht oder eine Erklärung über einen Nachlass können ebenfalls gefordert werden. Interessanterweise wurde festgestellt, dass Betroffene in bestimmten Fällen gebeten werden, ein Selfie von sich zu schicken, auf dem sie ihren Ausweis halten.

Um Konten von verstorbenen Angehörigen zu schließen, werden Internetnutzer in der Regel aufgefordert, verschiedene Informationen über den Verblichenen anzugeben. Zusätzlich zu den üblichen Angaben wie dem vollständigen Namen, dem Anzeigenamen, dem Benutzernamen, der E-Mail-Adresse oder der Telefonnummer fragen Online-Plattformen auch nach der Sozialversicherungsnummer, der Kontonummer und den vollständigen Zahlungsinformationen, mit denen der Dienst der Plattform bezahlt wurde.

„Man kann jemandem sehr nahe stehen und trotzdem nicht alle E-Mail-Adressen kennen, die diese Person hat. Wir fragen nie jemanden nach seinen Konten oder danach, mit welchem Namen sich derjenige bei einer bestimmten Plattform angemeldet hat. Wenn wir jemanden verlieren, erschwert das Fehlen eines dieser winzigen Details den gesamten Prozess“, sagt Smalakys.

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Warum sollte man diesen Aufwand auf sich nehmen?

Laut Smalakys gibt es finanzielle, sicherheitstechnische und ideelle Gründe für den Umgang mit dem digitalen Leben des Verstorbenen.

Die Studie zeigt, dass 73 % der analysierten Online-Plattformen kostenpflichtige Abonnements anbieten. Wenn eine Person vor ihrem Tod ein Abonnement bei einer dieser Plattformen abgeschlossen hat, buchen die Dienste weiterhin Geld von ihren Zahlungskonten ab, es sei denn, diese werden vorher aufgelöst. Sobald das Zahlungskonto geschlossen ist, können die Plattformen keine Transaktionen mehr abwickeln.

Unabhängig davon, ob eine Person angegeben hat, was mit ihren Konten nach ihrem Tod geschehen soll, empfehlen Cybersicherheitsexperten die Schließung von Konten, vor allem aus Sicherheitsgründen. Solche Konten sind ein beliebtes Ziel für Cyberkriminelle. Bei den sich ständig weiterentwickelnden Anforderungen an die Cybersicherheit sind Passwörter schnell veraltet und es fehlen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie SMS-Codes oder E-Mail-Bestätigungen.

„Es gibt Konten, die große Mengen privater Daten enthalten, zum Beispiel Messaging-Apps oder Cloud-Datenbanken. Wenn Nutzer zu Lebzeiten nicht wollten, dass ihre privaten Fotos oder Unterhaltungen veröffentlicht werden, dann wollen sie das wahrscheinlich auch nach ihrem Tod nicht“, sagt Smalakys.

Tipps zur einfacheren Verwaltung der Konten


Die Untersuchungen von NordPass zeigen zwar, dass die Schließung aller Konten einer verstorbenen Person ein äußerst komplizierter Prozess ist, aber es gibt mehrere Möglichkeiten, ihn zu vereinfachen:

  1. Das Wichtigste zuerst – mit Finanzkonten beginnen. Um Geldverluste oder komplizierte Rückerstattungsverfahren zu vermeiden, sollten Menschen sich zuerst mit Banken oder anderen Zahlungsdiensten in Verbindung setzen. Sie sollten diese so schnell wie möglich über den Tod des Kontoinhabers informieren, bereits angeforderte Dokumente und weitere benötigte Informationen vorbereiten.
     
  2. Den Telekommunikationsanbieter kontaktieren. Viele unserer Konten sind an unsere Telefone gebunden. Wenn Menschen sich mit dem Anbieter in Verbindung setzen, können sie den Telefonvertrag kündigen und die damit verbundenen aktiven Abonnements beenden. 
     
  3. Freunde und Verwandte ermuntern, digitale Nachlass-Funktionen zu nutzen. Moderne Unternehmen führen zunehmend digitale Nachlass-Funktionen für den Schutz ihrer Konten ein. Facebook, Apple, Google und andere beliebte Dienste bieten Internetnutzern die Möglichkeit, eine Kontaktperson zu bestimmen, die nach dem Tod Zugriff auf das Konto erhält. Passwort-Manager, wie NordPass, ermöglichen auch die Aktivierung des Notfallzugriffs auf das Konto.

Methodik der Untersuchung: 

Die Marktstudie wurde von NordPass durchgeführt. Die Experten des Unternehmens werteten 100 gängige Online-Plattformen weltweit aus, die auf der Grundlage von Informationen von Statista und SimilarWeb ausgewählt wurden.

Für diese Studie haben die Experten nur öffentlich zugängliche Online-Quellen untersucht – die eigenen Webseiten der Plattformen oder offizielle Konten. Sie suchten nach Informationen darüber, wie Konten von Verstorbenen geschlossen werden können, untersuchten, wie viele Plattformen solche Informationen zur Verfügung stellen, welche Verfahren sie anbieten, welche Dokumente und persönlichen Informationen sie verlangen und wie ihre Richtlinien bei inaktiven Konten aussehen.

(pd/ NordPass)

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