Die Industriebetriebe in Deutschland können künftig leichter auf modernste Quantentechnologie zugreifen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dazu ein Konsortium mit dem Aufbau einer ersten deutschen Quantencloud für Industrieanwender beauftragt. An dem Projekt sind die Universität Stuttgart, das Fraunhofer-Institut FOKUS und das Münchner Start-up QMware unter der Federführung des Cloud-Spezialisten Ionos aus dem deutschen 1&1-Konzern beteiligt, wie das Konsortium am Dienstag mitteilte. Über den Großauftrag hatte zuerst das «Handelsblatt» berichtet.
Mit der neuartigen Cloud werde eine Plattform für Quantenanwendungen für die deutsche Industrielandschaft geschaffen, betonte das Konsortium. Außerdem werde die digitale Souveränität im Bereich des Quantencomputings gestärkt sowie Deutschland als Vorreiter bei der Industrialisierung dieser Schlüsseltechnologie positioniert. Bislang dominieren in diesem Bereich große US-Anbieter wie IBM oder der Google-Konzern Alphabet.
Über die Quantencloud können die Industrieunternehmen vom kommenden Jahr an auf Quantenanwendungen zugreifen. «Wir wollen den Unternehmen zeigen, was heute schon mit Quantencomputing möglich ist», sagte Markus Pflitsch, Chef und Mitgründer von QMWare, dem «Handelsblatt». Von dem Start-up stammen Hard- und Software. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt.
Erste konkrete Projekte erwartet das Konsortium in Industriezweigen, die in besonderem Maße auf Anwendungen in den Bereichen Optimierung, Simulation oder Maschinelles Lernen zugreifen. So könne die Rechenleistung in der Telekommunikation, Logistik, Finanz-, Automobil- und Energiewirtschaft eingesetzt werden. Über den finanziellen Umfang des Projektes haben die Mitglieder des Konsortiums Schweigen vereinbart. Der Bund fördert das Vorhaben dem Vernehmen nach mit einem niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbetrag.
Traditionelle Computer arbeiten mit Bits. Ein Bit kann nur zwei Zustände annehmen: «Eins» und «Null» beziehungsweise «An» und «Aus». Quantencomputer arbeiten dagegen mit Qubits («Quanten-Bits»). Ein Qubit kann nicht nur «Eins» und «Null» darstellen, sondern theoretisch unendlich viele Zustände dazwischen und das gleichzeitig. Im Gegensatz zu herkömmlichen PCs und größeren Servern konventioneller Bauart sind Quantencomputer nur mit einem großen technischen Aufwand zu betreiben. So benötigen solche Rechner ein Vakuum sowie eine Kühlung bis fast zum absoluten Nullpunkt.
dpa