Die Atlantischen Nordkaper, eine der am stärksten bedrohten Walarten weltweit, geraten zunehmend in Gefahr – nicht nur durch Umweltveränderungen, sondern auch durch die zunehmende Schifffahrt entlang der US-Ostküste.
Um Kollisionen mit Schiffen zu vermeiden, haben sich das Technologieunternehmen SAS und das Meeresforschungs-Startup Fathom Science zu einer innovativen Partnerschaft zusammengeschlossen.
Digitale Ozeanmodelle als Grundlage
Fathom Science, ein Ausgründungsteam der North Carolina State University, hat auf Basis eines sogenannten „digitalen Zwillings“ des Ozeans ein Modell entwickelt, das vorhersagen soll, wo sich Wale vermutlich aufhalten. Diese Vorhersagen basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und historischen Sichtungen von Nordkapern. Kombiniert ergibt das ein neues Tool namens WhaleCast – eine interaktive Heatmap, die die Wahrscheinlichkeit für Walaktivitäten entlang der Küste visualisiert.
WhaleCast soll künftig direkt auf Schiffen über Touchscreens abrufbar sein. Seeleute können so frühzeitig erkennen, ob sie sich in einem Gebiet mit hoher Walaktivität befinden – und im Ernstfall ihre Geschwindigkeit reduzieren, um Unfälle zu vermeiden. Die Karten sind nicht statisch, sondern werden durch aktuelle Daten regelmäßig aktualisiert und angepasst.
Kapitäne erhalten eine präzise Prognose, wo sie mit Walen rechnen müssen – und können rechtzeitig ihren Kurs anpassen. (Foto: SAS)
KI-gestützte Modellverbesserung durch SAS
Um die Genauigkeit der Vorhersagen zu steigern, holte sich Fathom Science Unterstützung durch das „Data for Good“-Programm von SAS. Dabei kamen Methoden des maschinellen Lernens und tiefergehende statistische Analysen zum Einsatz. Die Technologieplattform SAS Viya stellte die notwendige Infrastruktur bereit, um mehrere Machine-Learning-Modelle zu entwickeln und zu testen.
Ein Problem stellte jedoch die begrenzte Datenmenge dar. Mithilfe des SAS Data Makers wurden deshalb rund 500.000 synthetische Datenpunkte erzeugt – künstliche Daten, die den echten Sichtungen nachempfunden sind, ohne dabei reale Tiere zu beeinträchtigen. Diese synthetischen Daten machten es möglich, die Trainings- und Testverfahren auf eine breitere Basis zu stellen.
Entfernung zum Ufer als Schlüsselvariable
Neben der Wahrscheinlichkeit für Walsichtungen spielte auch die Distanz zum Festland eine entscheidende Rolle. Um diese Variable genau zu modellieren, kam die Programmierumgebung SAS Viya Workbench zum Einsatz. Die Entwickler konnten so zusätzliche Einflüsse berücksichtigen, etwa den Zusammenhang zwischen Wassertiefe, Strömungen und Walaufenthaltsorten.
Fathom-Expertin Taylor Shropshire zeigte sich beeindruckt vom technologischen Potenzial: „Es war interessant zu sehen, wie schnell SAS unterschiedlichste Modelle bauen kann“, erklärt Shropshire. „Sie sind in der Lage, ein sehr simples Modell auf komplexe neuronale Netzwerke und Machine-Learning-Modelle zu erweitern, um die jeweiligen Vorteile und Begrenzungen aufzuzeigen“.
Das Projekt zeigt, wie technologische Innovationen gezielt für den Umweltschutz eingesetzt werden können. Durch die Verbindung von wissenschaftlicher Modellierung, künstlicher Intelligenz und praxisnaher Anwendung auf See entsteht ein Werkzeug, das Leben retten kann – sowohl für Tiere als auch für Menschen.