„Bitte ein Bot!“ Gerade in Umbruchzeiten wie diesen sucht die Belegschaft nicht nur einen Leader, sondern auch einen Förderer. Beides ist zwar wichtig, doch schwierig wird es, wenn man Software nutzt, um menschliche Herausforderungen zu bewältigen. Wie müssen sich demnach Unternehmen aufstellen, wenn Mensch und Management zueinanderfinden wollen?
Seit Jahren nimmt in der digitalen Weiterbildung die Bedeutung von E-Learning zu. Nicht nur die Eigenverantwortung der Belegschaft zur Weiterbildung wächst, auch das informelle Lernen wird stetig relevanter. Vor allem die Coronakrise hat gezeigt, dass behutsames Management – die sogenannte Softpower – im Umgang mit der Belegschaft mittlerweile genauso wichtig ist wie Softskills generell. Im Gegenzug werden sich auch in Zukunft die Wünsche und Ansprüche der Arbeitnehmer weiterentwickeln. Immerhin werden Arbeitgeber mit einer Vielzahl von Trends bombardiert, um verschiedene Generationen von Arbeitnehmern bei der Stange zu halten.
Aber wenn es darum geht, Top-Talente anzuziehen und vor allem langfristig zu halten, muss das Management verstehen, was die Arbeitnehmer wirklich von ihrem Unternehmen erwarten. Obwohl wir alle wissen, dass eine attraktive Vergütung und gute Sozialleistungen bei der Entscheidung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin – einem Unternehmen beizutreten und dort zu bleiben – eine Rolle spielen, gibt es viele andere Präferenzen, die übersehen wurden und die wichtiger sind als ein Gehaltsscheck am Ende des Monats.
Denn um wirklich mit ihrer Arbeit „eins“ zu werden, müssen die Arbeitnehmer das Gefühl haben, dass ihre Chefs sie respektieren und ihnen das bieten, was sie brauchen, um sowohl in ihrem beruflichen als auch in ihrem privaten Leben erfolgreich zu sein. Eine Studie von Mercer hat in diesem Zusammenhang einige Mitarbeiterwünsche offenbart, die vielen Organisationen zu fehlen scheinen. Die Erhebung zeigte, dass sich jeder zweite Mitarbeiter wünscht, dass das Wohlbefinden in seinem Unternehmen stärker in den Mittelpunkt gerückt wird. Dazu gehört die Betonung des physischen und psychischen Wohlbefindens.
Der vielleicht am meisten unterschätzte Wunsch heutiger Arbeitnehmer ist aber die Erkenntnis, für einen „höheren Zweck“ zu arbeiten – also sinnstiftende Arbeit zu leisten. Viele Mitarbeiter wären bereit, im Austausch für eine erfüllende Arbeit auf Meditationsräume, Gamification oder andere HR-Spielereien im Büro zu verzichten. Leider wird dieser Aspekt in vielen Firmen heute übersehen. Viele Arbeitnehmer haben daher das Gefühl, dass sie nur für einen Gehaltsscheck arbeiten und nicht zum Wohl der Gesellschaft beitragen. Gerade High Potentials verspüren mehr denn je den Wunsch nach einem Sinn in ihrer Tätigkeit. Doch wie kann dies in der Praxis gelingen, wenn kosmetische Eingriffe im Büro nur kurzfristige Effekte liefern?
Bot und Manager als Tutoren
Schritt 1 – Manager müssen zu Coaches avancieren:
Organisationen werden künftig ihren Managern Tools an die Hand geben müssen, um jeden Mitarbeiter besser zu verstehen. Informationen, wie z.B. tiefgreifende Qualifikationsprofile, Interessen, persönliche und berufliche Bestrebungen, wie auch Kenntnis des emotionalen Wohlbefindens, ermöglichen es Managern künftig, aussagekräftige und datengesteuerte Gespräche mit der Belegschaft zu führen und somit eine personalisierte Karriere-Navigation zu gewährleisten.
Schritt 2 – Performance Management durch KI-gestützte digitale Coaching-Tools:
Manager können natürlich nicht allein coachen. Organisationen werden künftig digitale Coaching-Tools bereitstellen, die das berufliche Wachstum lenken, personalisierte Entwicklungspfade vorschlagen und Mitarbeitern frühzeitig Kurskorrekturen einzelner Karrierepfade aufzeigen. Zum Beispiel werden intelligente Chatbots viele Prozesse optimieren – vom Vorschlag einer neuen Schulung über ein bevorstehendes Projekt, an dem der Mitarbeiter interessiert sein könnte, bis hin zu einer Rolle, die voll seinen Fähigkeiten entspricht. Das Post-Corona-Zeitalter wird nicht in den „Status quo ante bellum“ zurückfallen, sondern die von vielen Experten Jahre zuvor angemahnte Digitalisierung musste durch Corona von vielen Firmen quasi über Nacht vollzogen werden. Nun geht es darum, das Erreichte noch weiter auszubauen.
Virtueller Lernassistent am Arbeitsplatz
Der Beschleuniger dieser Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit ist hier vor allem Learning, sprich: Weiterbildung und Personalförderung. Tatsächlich zeigen Daten des Cornerstone People Research Lab, dass die Anzahl an Fortbildungen in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen ist. Wichtig für die Lernerfolge ist aber hier vor allem die Akzeptanz durch die User – gemeint ist damit die Belegschaft. Die digitalen Helfer müssen somit als seriöse Ansprechpartner betrachtet werden. Unternehmen sind deshalb gefragt, ihre Systeme auf einen konkreten Lernkontext hin zu entwickeln und langsam an das Team heranzuführen, wie eine aktuelle Studie der International School of Management ISM in Hamburg zeigt.
Am Anfang steht bei dieser Entwicklung erstmal ein Briefing. Aber bereits in dieser Phase müssen Ziele und Zielgruppen, Bedarf und Nutzen, sowie Zeit, Budget und andere Ressourcen definiert werden. Klare Angaben für die Anwendungsfälle zählen hier genauso wie eine von den Autoren erstelle Persona für die Lernbots, damit auch ein digitaler Dialog möglichst echt wirkt. Mit Blick auf den Use-Case und in enger Kooperation mit dem Management wird wie bei einem Drehbuch das Dialogkonzept entworfen. Der Live-Betrieb wird erst nach erfolgreichem Pilotprojekt aufgenommen und muss der Belegschaft wie eine Person vorgestellt werden und nicht wie ein weiteres Software-Update. Auf Grundlage der Gesprächsprotokolle und Feedback der Mitarbeiter kann dann geprüft werden, wo noch nachjustiert werden muss.
Denn Learning im Jahr 2020 verläuft längst nicht mehr nur in eine Richtung. Mittels Algorithmen im Machine Learning lernt auch der Bot – es heißt schließlich nicht umsonst Künstliche Intelligenz. Im Jahre 2030 wäre der Mitarbeiter vielleicht schon in der Lage der KI eine Frage zu stellen – mündlich, nicht schriftlich. Denn Sprachausgaben sind schon heute längst keine Utopie mehr. Besonders im Maschinenbau kann dies wichtig werden, wenn der Ingenieur die Hände zum Werken frei hat, aber weiterhin mit dem Guide – also dem Bot – sprechen kann und zusätzlich über seine VR-Brille Informationen eingeblendet bekommt. Die Lerntools können für die Anwender natürlich immer weiter individualisiert werden und jeder im Betrieb seinen persönlichen, virtuellen Lernassistenten erhalten. Im besten Fall lernen sie am Ende gemeinsam und voneinander.
Die Unternehmen beginnen bedingt durch die Coronakrise damit, ihre Belegschaft darin zu unterstützen, sich an die neue Normalität anzupassen, inklusive eines massiven Anstiegs an Kursen über Stressmanagement und Home-Office. Dies zeigt, dass Unternehmen – anstatt das Learning nur zur Erfüllung von Compliance-Anforderungen zu nutzen – ihren Mitarbeitern ein ganzheitlicheres Lern-Angebot zur Verfügung stellen müssen, um alle Aspekte des Arbeitslebens zu berücksichtigen. Mit den Wünschen der Belegschaft Schritt zu halten, kann in der Tat eine Herausforderung sein. Doch durch die Bereitstellung einfacher Lösungen wie ein modernes Learning Management System, sowie Flexibilität und zielgerichtetes Arbeiten können Arbeitgeber die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter deutlich optimieren. Es gilt, nicht mehr nur in neue Technologien, sondern auch in die Belegschaft selbst zu investieren.