Aus der Grundidee des IoT – Dinge sinnvoll miteinander zu vernetzen, um sie besser zu steuern – werden schnell komplexe Projekte. Denn „Dinge“ verschiedenen Typs sprechen keineswegs einfach so miteinander, die Übertragung massenhafter Daten braucht entsprechende Ressourcen, während die Anforderungen an die Datensicherheit hoch sind.
Anhand einiger Best Practices lässt sich ein IoT-Projekt überschaubarer strukturieren.
Jeder IoT-Business-Case ist anders gelagert – stark abhängig von den zugrunde liegenden Geräten und dem, was aus den durch Sensoren erfassten Daten gemacht wird. So können Datenanalyse-Tools etwa dazu beitragen, dass Maschinen während der Laufzeit optimiert werden oder in definierten Situationen ein Alert ausgelöst wird. Oder aber die Datenauswertung wird dazu genutzt, um ihren Kunden neue Abrechnungsmodelle anzubieten. Das sind nur zwei von zahllosen Möglichkeiten. Diese starke Individualität von IoT-Projekten ist eine große Chance für Unternehmen, genau ihre eigene Lösung umzusetzen. Und sie ist die größte Herausforderung zugleich, da es deshalb bisher kaum allgemeingültige Leitfäden oder gar Standards im IoT-Bereich gibt.
Agilität erleichtert den Start
Es wäre jedoch ein Fehler, sich deshalb gar nicht mit den Möglichkeiten des IoT zu befassen. Die Anfangsphase mit der Definition der Anforderungen an die Lösung sollte mit großer Sorgfalt und Umsicht gestaltet werden. Management und Produkt-Entwickler gehören ebenso an den Projekttisch wie Kundenbetreuer, Verkäufer und IT-Spezialisten. Kleinere Pilotprojekte helfen, erste Erfahrungen zu sammeln. Die perfekte Lösung kann dabei noch nicht als Ergebnis erwartet werden – und das soll auch nicht so sein. Mit einem Minimum Viable Product (MVP), welches wichtige Kernfunktionen enthält, lässt sich der Sinn der Lösung etwa in einem Proof-of-Concept demonstrieren und testen.
In der Praxis hat sich der Einsatz von agilen Entwicklungsmethoden bewährt. Sie helfen dabei, in kurzer Zeit einen Prototypen zu entwickeln, ohne sich dabei festzufahren. Dass dabei mehrere iterative Anpassungen stattfinden und Ideen auch mal eben wieder über den Haufen geworfen werden, gehört zum Konzept des Agile Development.
Die Qual der Wahl: die passende IoT-Plattform
Auch wenn jedes IoT-Projekt ganz spezifische Besonderheiten und Anforderungen aufweist, muss die Basistechnologie keineswegs jedesmal neu entwickelt werden. Das Angebot an IoT-Plattformen, die als Ebene zwischen den Dingen, dem Internet und den Software-Tools die notwendigen Connections herstellt, ist inzwischen riesig. Mehrere hundert Anbieter mit ganz unterschiedlichen Ansätzen tummeln sich auf dem Markt: Während die einen Lösungen generisch grundsätzliche Funktionen bereitstellen, decken andere spezifische Branchen- oder Einzel-Anforderungen ab. Das macht die Plattformen schwer vergleichbar – welche die Passende ist, hängt dann eben doch wieder von der konkreten IoT-Lösung ab.
Die wichtigste Funktion einer IoT-Plattform ist die Herstellung der Verbindungen zwischen Geräten verschiedenen Typs und Software-Tools zur Datenanalyse, Steuerung und ähnlichem. Dabei benötigt sie eine gewisse Intelligenz und Flexibilität: Zum einen sollte die Plattform die gängigsten Protokolle unterstützen. Gerade in den Anwendungsfällen des Industrial IoT gibt es das eine standardisierte Protokoll nicht, im Gegenteil, viele Hersteller nutzen proprietäre Technologien. Darüber hinaus soll die Plattform den Datenaustausch zwischen mehreren Geschäftspartnern, etwa innerhalb einer Lieferkette, ermöglichen. Damit jeder Partner nur die für ihn notwendigen Daten erhält und Sicherheitsinteressen gewahrt bleiben, sollten Unternehmen ein Data-Sharing-Konzept entwickeln. Dieses legt fest, welche Organisationseinheit auf welche Daten zugreifen kann. Dabei ist es möglichst so aufgebaut, dass es flexibel erweiterbar ist.
Nicht nur beim Datenaustausch ist das Thema Sicherheit omnipräsent. So sollte das zugrunde liegende Rechenzentrum mit Tier-4-Sicherheitstechnologien aufwarten können – bei den meisten Cloud-Anbietern heute Standard. Verschlüsselung, Authentifizierung und Autorisierung auf der Anwendungs- und Geräteebene sind ebenso wichtig. Jede Maschine, die Daten abgreift, wird dabei zum Benutzer – ausgestattet mit definierten Rechten in möglichst engen Grenzen. So kann das Risiko, dass unerwünschte Eindringlinge über eine Maschine großen Schaden anrichten, minimieren.
Verteilte Architekturen ermöglichen
Bei der Wahl der IoT-Plattform sollten Unternehmen in künftigen Business-Chancen und Automatisierungsmöglichkeiten denken. So lassen sich beispielsweise mit dem IoT neue, nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle umsetzen, die eine Multi-Mandanten-Architektur voraussetzen. Einige Plattformen wie Cumulocity bieten darüber hinaus von Hause aus Funktionen wie Condition Monitoring. Per Drag-And-Drop lassen sich so Maschinen oder Geräte warten und Daten analysieren. Solche integrierten Funktionen erleichtern die Entwicklung der eigenen IoT-Lösung enorm.
Zudem ist es hilfreich, wenn die IoT-Plattform verteilte Architekturen unterstützt. Den meisten IoT-Lösungen liegen Cloud-Infrastrukturen zugrunde – wegen der flexiblen Skalierbarkeit und den besser kalkulierbaren Kosten ist dies auch sinnvoll. Doch nicht immer genügt das. Gerade wenn es darum geht, auf bestimmte Daten in Echtzeit zu reagieren, ist Edge Computing oft die bessere Wahl. Zumeist handelt es sich dabei um intelligente Gateways, die bereits solche Analysen direkt durchführen, die sich die Latenzzeiten der Cloud nicht leisten können.
Wohl kaum ein IoT-Projekt verläuft so, wie anfangs erwartet. Best Practices können als Leitfaden dienen, müssen aber jeweils individuell ausgestaltet werden. Wichtig ist es, sich vor dem Projekt über einige grundsätzliche Punkte klar zu werden und flexible Werkzeuge zu wählen.
Bernd Groß, CEO Cumulocity – ein Unternehmen der Software AG