Projektmanager stehen vor der schwierigen Aufgabe, Mitarbeiter, Kunden und andere Interessengruppen von ihrem Vorhaben zu überzeugen. Allein mit Sachinformationen geht dies nicht. Die Gehirnforschung zeigt: Mit geschickt gesetzten emotionalen Impulsen können Projektmanager Botschaften wirkungsvoll verankern.
Fünf Kreativ-Strategien zeigen, wie Profis die Wirkung ihrer Präsentationen steigern und erfolgreich Botschaften verankern.
Tagelang stellte der Projektmanager Zahlen zusammen. Er wollte seinem Team vor Augen führen, wie wichtig der Projekterfolg für sein Unternehmen ist. Schon mehrfach waren Teams an dieser Projektaufgabe gescheitert; dieses Mal sollte es klappen. Doch statt der Zahlen präsentierte der Projektmanager ein Bild – und zwar eine Zeichnung des Sisyphos, der archaischen Sagengestalt. Sisyphos musste immer wieder einen Felsblock den Berg empor schleppen; oben angekommen rollte der Block wieder hinab. „Ich will, dass der Fels dieses Mal oben bleibt“, verkündete der Projektmanager bei der Präsentation, „unser Projekt muss ein Erfolg werden.“ Die Botschaft saß. Noch Wochen später erinnerte sich das Team an den Sisyphos. „Mit der Argumentation allein über Zahlen hätte ich diesen Effekt im Team nicht erreicht“, meint der Projektmanager.
Zahlen, Daten und Fakten – alles wichtig für eine Präsentation. Aber: Eine Präsentation allein mit sachlich dargereichten Informationen bleibt selten richtig „hängen“. Die Botschaft verpufft, ein Problem für Projektmanager. „Projektmanager sind darauf angewiesen, Mitarbeiter, Geschäftsführer oder andere Interessengruppen für ihr Vorhaben zu gewinnen“, erklärt Christoph Rabl, Spezialist für Kreativität in Wirtschaftsprozessen bei der Unternehmensberatung „next level consulting“. Er empfiehlt, Präsentationen bewusst mit „kreativen Zutaten“ aufzupeppen. Beispielsweise mit Symbolfotos, mit kleinen „Stories“ – oder mit dem Bild einer archaischen Sagengestalt. „Solche kreativen Elemente verankern zuverlässig die Botschaft bei den Zuhörern“, weiß Christoph Rabl.
Gehirnforscher haben festgestellt: Im menschlichen Gehirn werden Informationen und Botschaften besser verankert, wenn eine Präsentation auch das Gefühl anspricht. Deshalb geben geschickte Präsentatoren ihrem Publikum immer wieder einen „emotionalen Impuls“, einen kleinen Kick für das Gefühl. Neben inspirierenden Bildern und Fotos empfiehlt Christoph Rabl beispielsweise auch die geschickte Stimmführung des Referenten, eine passende Gestik oder eine kurze, bewegende „Kurz-Story“ wie die von Sisyphos.
Er erklärt, wie Projektmanager mit fünf Kreativ-Strategien ihre Präsentation „gehirngerecht“ gestalten:
1. Strategie – auf das „Nonverbale“ achten
Der Ton macht die Musik, heißt es. Nicht anders bei Präsentationen. Unbewusst achten Zuhörer auf die Stimmlage des Vortragenden. „Über die Stimme werden viele Emotionen transportiert“, sagt Christoph Rabl, „schwingt Sorge in der Stimme der Referenten mit, so kann er seine Zuhörer nur schwer motivieren.“ Ähnliches gilt für die Gestik. Mit verschränkten Armen vor dem Publikum zu stehen, schafft kaum Verbindung zu den Zuhörern. Deshalb warnt Christoph Rabl davor, sich bei der Vorbereitung wichtiger Präsentationen allein auf die Fakten zu konzentrieren. In einer Generalprobe sollte der Referent beobachten, wie er auf andere wirkt – und ob sein Auftritt seine Präsentation unterstützt. Manchmal reichen wenige treffende Gesten oder eine geschickte Betonung mit der Stimme, um wichtige Botschaften hervorzuheben. Entscheidend für den Erfolg: Profis bleiben authentisch und kopieren nichts Fremdes. „Ich halte mich immer an das, was ich für mich als stimmig empfinde“, sagt Christoph Rabl. „meine Stilmittel will ich aus meinem Innersten heraus für richtig und passend halten.“
2. Strategie – Das „Setting“ wechseln
Viele Konferenzräume sind praktisch ausgestattet – doch darüber hinaus wenig inspirierend. Sie helfen kaum, emotionale Impulse zu setzen. Deshalb wählen erfahrene Präsentatoren bei besonders wichtigen Auftritten ein passendes „Setting“. So verlegte ein Manager, der achtzig Mitarbeitern ein Reorganisationsprojekt vorstellen wollte, seine Präsentation auf eine Baustelle. Der ungewöhnliche „Tagungsraum“ signalisierte: Das Unternehmen gleicht einer Baustelle, hier entsteht viel Neues und Sinnvolles. Indes, auch mit einfacheren Mitteln kann man beim Setting einen emotionalen Impuls auslösen. Eine Projektleiterin aus dem Oman ließ bei ihrer Status-Präsentation eine kleine Schale mit exotischem Weihrauch durchs Publikum gehen. Sie machte damit ihren Zuhörern deutlich: Ihr Projekt findet in einem fernen Land statt – und unterliegt dort manchmal anderen Regeln als hier.
3. Strategie – Die Teilnehmer einbeziehen
Was bedeutet es für die Mitarbeiter, wenn bei einem Reorganisationsprojekt Abteilungen aufgelöst werden und Mitarbeiter ihre vertraute Umgebung verlassen müssen? Ein Projektmanager zeigte dies in seinem Vortrag so: Er bat seine rund 120 Zuhörer, den Platz zu wechseln; sie sollten sich neben jemanden setzen, den sie noch nicht kannten. Nach zehn Minuten saßen alle wieder – und hatten deutlich gespürt, wie schwer es fallen kann, sich mit Fremden vertraut zu machen. Solche „Mitmach“-Aktionen können Kernbotschaften von Vorträgen unterstützen. „Einige Präsentatoren stellen ihren Zuhörern Fragen und schreiben die Antworten auf Pappkärtchen, die sie an eine Pinnwand hängen“, erklärt Christoph Rabl, „auch dadurch werden emotionale Impulse gesetzt.“ Doch sollten Projektmanager darauf achten, dass solche Mitmach-Aktionen begrenzt bleiben. Vor allem darf das Publikum dem Präsentator nicht die Zügel aus der Hand nehmen, anderenfalls kann die Veranstaltung ein ungeplantes Ende nehmen.
4. Strategie – Emotionale Bilder verwenden
Bilder und Grafiken sind nichts Neues in Präsentationen. Doch nur selten unterstützen sie auch emotional die Botschaften. Ein gelungenes Beispiel: Derweil der Projektmanager die vor ihm liegenden Projektziele beschreibt, zeigt er das Bild einer in die Ferne führende Landstraße. Bilder wirken sehr unmittelbar auf das Gefühl, brauchen keine weiteren Worte. „Solche Bilder und Fotos tragen übrigens auch zum Verständnis des Gesagten bei“, erklärt Christoph Rabl, „sie unterstützen das Formulieren von Botschaften, indem sie den Inhalt eingrenzen.“ Beispielsweise erklärt das Bild der zum Horizont gleitenden Landstraße: Die Ziele liegen noch weit in der Ferne – und sie werden nicht schon morgen erreicht.
5. Strategie – Eine „Story“ erzählen
Die Geschichte vom Sisyphos, der vergebens den Stein auf den Berg wälzt, kennt fast jeder. Ein Bild der Vergeblichkeit und der Frustration. „Es gibt viele solcher archaischen Geschichten, die die Menschen überall auf der Welt verstehen“, sagt Christoph Rabl, „beispielsweise Sagen wie die vom Odysseus oder auch die Märchen der Gebrüder Grimm.“ Geschickte Präsentatoren erzählen mit drei, vier Sätzen diese Geschichten – und berühren damit die Gefühle ihrer Zuhörer. Denn bei solchen archaischen Geschichten geht es immer um „Herzensfragen“ des Menschen. „Einige Geschichten drücken aus, dass der Mensch bei Herausforderungen einen Gefährten haben will, andere Geschichten zeigen, wie man mutig ins Ungewisse aufbricht“, sagt Christoph Rabl. Wer solche Geschichten erzählt, nutzt den uralten Weisheitsschatz des Menschen – und nimmt sein Publikum sofort gefangen. An solche Präsentationen erinnert sich das Publikum noch nach Wochen.
Entscheidend für alle fünf Strategien
Das Publikum darf sich durch derlei Kunstgriffe nicht manipuliert und über den Tisch gezogen fühlen. Viele Profis lassen sich deshalb in die Karten schauen und erklären ihrem Publikum, mit welchen Mitteln sie etwas präsentieren und wie diese Technik wirkt. „Führe ich beispielsweise den Mythos von Sisyphos an, so erläutere ich den Hintergrund dafür“, berichtet Christoph Rabl, „ich sage, dass ich mich durch dieses Bild besser und nachhaltiger verständlich machen will.“