Kommentar

Vision versus Realität: Was braucht mobiles Arbeiten wirklich?

Ob deutsche Arbeitnehmer in Zukunft ein Recht auf Homeoffice haben sollten und worauf es bei der Einführung von mobilem Arbeiten ankommt, erläutert Martin Beims, geschäftsführender Gesellschafter der aretas GmbH.

„Seit Beginn der Corona-Pandemie schicken Unternehmen ihre Mitarbeiter, wenn möglich, an den heimischen Rechner, um den Schutz zu erhöhen und den Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Doch stellt dies ein Modell für die Zukunft dar? Davon zeigt sich zumindest der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil überzeugt. Noch vor Kurzem pochte er auf ein Recht auf Homeoffice für Arbeitnehmer, auch nach der Pandemie. Mittlerweile ist er von diesen Plänen für ein Gesetz wieder abgerückt, vielmehr fordert er nun klare Regeln für mobiles Arbeiten. Beispielsweise muss es in Fragen des Unfallversicherungsschutzes klare Richtlinien geben und es darf keine Entgrenzung von Privat- und Berufsleben zugelassen werden. Zusätzlich gilt es die Arbeitssicherheit und -gesundheit auch am heimischen Arbeitsplatz zu gewährleisten.

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Doch ist der Reflex, ein Gesetz schaffen zu wollen, dass die Entwicklung zum flexiblen Arbeiten ausgerechnet durch starre Korsettstangen und neue bürokratische Hürden fördern soll, wirklich der richtige Weg?

Meiner Meinung nach nicht. Es ist lediglich wieder einmal der Versuch, auf neue Entwicklungen mit alten Antworten zu reagieren. Wer zu Hause arbeitet, profitiert oftmals von mehr Zufriedenheit und steigert gleichzeitig seine Produktivität. Es verwundert also nicht, dass sich die Mehrheit der Angestellten wünscht, auch nach Corona die Option auf Homeoffice zu haben, da der Wunsch nach Flexibilität und eigenverantwortlichen Handeln immer mehr an Bedeutung gewinnt. Allerdings möchte kaum ein Arbeitnehmer ausschließlich von zu Hause aus arbeiten – vielmehr geht es darum, bei Bedarf im heimischen Büro arbeiten zu können, wenn die aktuellen Aufgaben es sinnvoll erscheinen lassen. Zudem erheben sich mit der aktuellen Diskussion auch zahlreiche Negativstimmen: Manche Arbeitgeber sehen im Recht auf mobiles Arbeiten einen ‚Eingriff in die Unternehmerfreiheit‘. Kritische Stimmen aus den Unternehmen, die bis heute in den Denkmustern des 20. Jahrhunderts verharren und grundsätzlich auf das Präsenzprinzip bestehen, überraschen nicht.

Aber auch Unternehmen, die längst umgedacht haben und moderne Formen der Zusammenarbeit befürworten, sehen keine Vorteile in starren Korsetten und mehr Bürokratie. Die Diskussion erscheint stellenweise geradezu grotesk – und geht völlig am eigentlichen Thema vorbei. Zusätzlich verstärkt die mediale Präsenz diese Debatte, indem das Thema Homeoffice oft immer noch mit Bildern von Arbeitnehmern mit einem Glas Rotwein auf dem Balkon hinterlegt wird. Fest steht jedoch, dass das Recht auf Homeoffice keiner staatlichen Verordnung bedarf.

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Vielmehr muss die Entscheidung über das mobile Arbeiten heutzutage bei denen, die gemeinsam Ergebnisse erarbeiten, Arbeitgeber wie beteiligte Teams in den Unternehmen, liegen. Es sollte nicht bereits da bürokratisiert werden, wo gerade erst Dinge entstehen, denn so ersticken wir die aktuelle Entwicklung bereits in ihren Anfängen. Meiner Meinung nach sind moderne und flexible Arbeitsformen kein Selbstzweck, sondern müssen im Einklang mit der Unternehmenskultur und den jeweiligen Erfordernissen und Bedürfnissen stehen.

Der Staat sollte daher eher generell Anreize für zeit- und ortsflexibles Arbeiten geben, anstatt diesen Bereich übermäßig zu regulieren und zu bürokratisieren. Anstelle des Aufzwingens von Regeln sollten die Verantwortlichen erst einmal überall die Voraussetzungen für mobiles Arbeiten schaffen. Viele Arbeitnehmer würden es sicher begrüßen, ihren Alltag flexibler gestalten zu können. Natürlich lässt sich dies nicht für alle Unternehmen umsetzen und es gibt für einige Betriebe gute Gründe, auf Präsenz zu setzen. Statt ein Gesetz zu verabschieden, sollte die Politik lieber die Rahmenbedingungen verbessern, beispielsweise durch steuerliche Anreize und weniger Bürokratie oder wenigstens durch eine flächendeckend zuverlässige digitale Infrastruktur. Ich bin der Meinung, dass den Mitarbeitern nicht vorgeschrieben werden sollte, wann sie wo zu arbeiten haben.

Stattdessen sollten Ergebnisse und nicht die Kontrolle der Dauer von Anwesenheit zählen. Noch immer hinkt das Arbeitsrecht in vielen Bereichen den technologischen und kulturellen Entwicklungen hinterher, es ist schlichtweg nicht mehr zeitgemäß. Zwar machen es digitale Technologien möglich, unabhängig von Ort und Zeit zu arbeiten, dennoch erfordert das flexible Arbeiten klare Strukturen. Auf beiden Seiten benötigt es Vertrauen, da wir sonst in der Kontrollfalle landen. Zudem gilt: Leitplanken sind besser als starre und veraltete Regeln.“

Martin

Beims

Geschäftsführender Gesellschafter

aretas GmbH

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