Studie

Viele Überstunden und mangelnde Zeiterfassung

Ueberstunden-Zeiterfassung

Schon seit zwei Jahren besteht für Arbeitgeber:innen in Deutschland die Pflicht, die von ihren Angestellten geleisteten Stunden erfassen zu lassen, allerdings wird immer noch über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme diskutiert. Ein häufiges Argument für die verpflichtende Zeiterfassung: Sie sorgt dafür, dass es weniger Überstunden gibt.

Aber wie viele Arbeitnehmer:innen leisten eigentlich Überstunden und werden diese auch erfasst? Warum kommt es zu Überstunden? Und wie wirkt sich das auf die Mitarbeiter:innen und Unternehmen aus? SD Worx, europäischer Personaldienstleister, ist in der jüngsten Studie seiner jährlichen „Navigator Series“ diesen Fragen auf den Grund gegangen. Die Studie wurde dieses Jahr in 18 europäischen Ländern unter 5.118 Arbeitgeber:innen  und 18.000 Arbeitnehmer:innen durchgeführt.

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Gestörte Work-Life Balance

Stress gilt in der Arbeitspsychologie mit Recht als Gefahr für die Gesundheit – wie nicht zuletzt der von der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegebene Stressreport oder auch die große Stressstudie der Techniker Krankenkasse neben vielen anderen Untersuchungen längst belegen. Zu viel Stress kann zu Burnout und anderen gesundheitlichen Problemen führen. Tatsächlich empfinden zwei Drittel (61 Prozent) der deutschen Arbeitnehmer:innen ihre Arbeit als mental anstrengend – über ein Drittel (38 Prozent) auch körperlich. Über die Hälfte der Befragten (60 Prozent) geben an, sich während der Arbeit fit und gesund zu fühlen – nach der Arbeit ist das nur noch bei knapp der Hälfte der Fall (49 Prozent), in Österreich nur noch bei 41 Prozent. Mit diesen Aspekten liegen beide Länder entweder im Durchschnitt oder darunter. Rund 29 Prozent der Deutschen sowie 27,6 Prozent der Österreicher:innen sind unzufrieden mit ihrer Work-Life-Balance und mit ihrer mentalen und körperlichen Gesundheit. Die allgemeine Zufriedenheit fällt mit 46 Prozent in Deutschland und 47 Prozent in Österreich bei einem europäischen Schnitt von 52 Prozent ebenfalls unter dem Durchschnitt. 

Nach Feierabend wird häufig weitergearbeitet

Rund die Hälfte aller Deutschen (50 Prozent) und Österreicher:innen (54 Prozent) gibt an, regelmäßig Überstunden zu machen, nicht einmal jede:r Zehnte macht gar keine. Das ist deutlich mehr als der europäische Durchschnitt (40 Prozent). Europaweit checken sogar 44 Prozent ihre Emails oder nehmen berufliche Anrufe außerhalb ihrer geregelten Arbeitszeit entgegen – 40 Prozent sogar im Urlaub. Deutsche und Österreicher:innen liegen nur knapp darunter. Allerdings wollen sich im Urlaub weniger als ein Drittel stören lassen (Deutschland 27 Prozent, Österreich 29 Prozent). 

Warum kommt es zu so vielen Überstunden? Unvorhergesehene Ereignisse, die ein schnelles Eingreifen erfordern, oder ein generell hohes Arbeitspensum, aber auch der Fachkräftemangel macht sich bemerkbar. Mitarbeiter:innen müssen mehr arbeiten, um diesem entgegenzuwirken. Das betrifft Deutschland und Österreich bis zu 12 Prozent häufiger als andere europäische Länder.

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Jede:r Vierte will neuen Job bei schlechter Work-Life-Balance

Eine gelungene Work-Life-Balance gehört für jeden fünften Befragten in Deutschland und Österreich zu den Top-5-Kriterien bei der Wahl eines neuen Arbeitsplatzes. Wichtig ist ihnen vor allem die Berücksichtigung von mentaler und physischer Gesundheit. Mit gerade mal 18 Prozent liegt Deutschland damit hinter dem  europäischen Durchschnitt von 28 Prozent. 

Die Bereitschaft, sich einen neuen Job zu suchen, wenn die eigene Gesundheit nicht genügend berücksichtigt wird, liegt allerdings in Deutschland (29 Prozent) und Österreich (28 Prozent) höher als im europäischen Vergleich (22 Prozent).

Deutschsprachige Arbeitgeber:innen wollen Arbeitskräfte halten

Wie stehen Arbeitgeber:innen zu dem Thema? Fast die Hälfte (48,4 Prozent) der österreichischen Befragten gaben an, dass das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter:innen zu ihren Top-5-Prioritäten zählt. In Deutschland hingegen behaupten das nur 36 Prozent von sich und liegen damit im europäischen Durchschnitt von rund 37 Prozent. In Deutschland legen nach eigenen Angaben 53 Prozent und in Österreich mit 54 Prozent etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wohlbefinden und Produktivität ihrer Mitarbeiter:innen.

Zeiterfassung ist unbeliebt, aber nützlich – für beide Seiten

Tatsächlich wird die Zeiterfassungspflicht nur nachlässig befolgt. Auf die Frage, ob ihre Arbeitgeber:innen von ihnen erwarten, ihre Arbeitszeit zu erfassen, antworten in Deutschland nur 41 Prozent mit „Ja“ (Österreich: 42 Prozent). Das ist mehr als der europäische Durchschnitt von 33,6 Prozent. Auf die Frage, ob die Leistungskontrolle oder die Zeiterfassung eine höhere Priorität hat, gibt in beiden Ländern fast jede:r zweite Arbeitgeber:in den Ergebnissen den Vorzug, während nur 15 bzw. 16 Prozent die Zeiterfassung priorisieren. Wichtiger als wie lange man arbeitet, scheint also das, was dabei rauskommt.

„Es zeigt sich, dass Zeiterfassung für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen gleichermaßen von Nutzen ist. Wer als Arbeitgeber:in keinen Wert auf Zeiterfassung legt, lässt Potenzial ungenutzt liegen“, sagt Patrick Barazzoni, Geschäftsführer der SD Worx GmbH in Deutschland. „Zeiterfassung kommt der Work-Life-Balance der Arbeitnehmer:innen zugute, und ist somit ein mächtiger Hebel, um kompetente Mitarbeiter:innen zu halten – was in Zeiten des akuten Fachkräftemangels absolut unverzichtbar ist.“

Über die Studie

Die Auswertung der jüngsten Umfrage der Navigator-Serie soll Unternehmen einen Kompass an die Hand geben, mit dem sie die Herausforderungen im Personalwesen und in der Lohnbuchhaltung meistern können. Die Umfrage wurde im Februar 2024 in 18 europäischen Ländern durchgeführt: Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Irland, Kroatien, Niederlande, Norwegen, Polen, Rumänien, Serbien, Slowenien, Spanien, dem Vereinigten Königreich und Schweden. Insgesamt wurden 5.118 Arbeitgeber:innen und 18.000 Arbeitnehmer:innen befragt. Die Ergebnisse wurden gewichtet, um eine zuverlässige Repräsentation des Arbeitsmarktes in jedem Land zu gewährleisten.

(pd/SD Worx)

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