Recruiting- und KI-Experte Morten Bababkani, der seit über 20 Jahren Unternehmen bei der Fachkräftesuche berät, beobachtet, dass Unternehmen endlich viel offener für Quereinsteiger:innen sind. Doch wie aktiviert man die passenden Talente, die oft aus anderen Branchen kommen? Neue vollautomatische Recruitingmethoden können helfen.
Vor zwei Jahren war es für viele Unternehmen noch unvorstellbar, IT-Fachkräfte ohne entsprechende Qualifizierung einzustellen. Sie ließen offene Stellen teilweise über Monate unbesetzt, weil sie ganz bestimmte Vorstellungen von ihren Wunschkandidat:innen hatten. Sie sollten formelle Abschlüsse, ein umfangreiches Fachwissen, bestimmte Tool-Kenntnisse und bestenfalls schon viele Erfolge in ihrer Branchenhistorie vorweisen. Ohne die entsprechenden Nachweise im Lebenslauf blieb Bewerber:innen die Tür oftmals verschlossen, selbst wenn sie eigentlich das Potential für die offene IT-Stelle gehabt hätten.
Weniger Angst vor falschen Entscheidungen
Wie oft habe ich versucht, die Fachbereiche, die händeringend Programmierer:innen oder IT-Projektmanager:innen suchten, von talentierten und hochmotivierten Talenten zu überzeugen. Wie oft haben sie abgewunken. Dabei hätten sie mit einer guten Einarbeitung oftmals geeignete Kandidat:innen nach kurzer Zeit wie eine ausgebildete IT-Fachkraft einsetzen und ihr Geschäft ohne zeitliche Verzögerung vorantreiben können. Doch die Ängste vor falschen Entscheidungen waren bei vielen zu groß und wichtige IT-Stellen blieben weiterhin unbesetzt. Das ärgerte mich in vielen Fällen, da häufig richtig gute Kandidat:innen noch nicht mal zu einem Kennenlern-Gespräch eingeladen wurden. Der Grund: Es fehlten bestimmte Stationen im Lebenslauf, wichtige Kompetenzen und Potentiale wurden gar nicht beachtet.
Corona hat Entscheider:innen zum Umdenken gebracht
Doch dann kam Corona und die globale Krise hat unsere Arbeitswelt und die Art, wie Entscheider:innen denken und die Fähigkeiten von Menschen bewerten, von Grund auf verändert! Muster, die unsere Vorstellung vom effizienten Arbeiten geprägt hatten, wurden durchbrochen, Mitarbeitende passten sich den veränderten Bedingungen an, neue Aufgabenfelder entstanden, Führungskräfte lernten, mehr zu vertrauen, weil ihre Mitarbeitenden genauso effizient im Home Office arbeiteten oder weil sie durch die Krise bedingt erfolgreich neue Aufgaben meisterten. Hinzu kam, dass durch die voranschreitende Digitalisierung der Leidensdruck in Sachen IT-Fachkräftemangel immer stärker wurde. Es wurde für viele Unternehmen untragbar, eine offene Stelle bis zu sechs Monate unbesetzt zu lassen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, konnten sie gar nicht anders, als umzudenken. Da sich durch die Corona-Krise ohnehin viele Regeln unserer Arbeitswelt geändert hatten, wurden viele Entscheider:innen auch bei der Fachkräftesuche offener und bereit, endlich neue Wege bei der Kandidatensuche zu gehen. Und das mit Erfolg. So recruiten z.B. viele SAP-Partnerunternehmen inzwischen bewusst IT-affine Quereinsteiger:innen und besetzen damit erfolgreich ihre offenen Stellen.
Neue Methoden und Prozesse erleichtern Quereinsteiger:innen-Recruiting
Immer mehr Unternehmen haben inzwischen eine Strategie aufgesetzt, wie sie erfolgreich Quereinsteiger:innen an Bord holen und effektiv einsetzen. Sie haben erkannt: Für viele Bereiche kann das gezielte Recruiten von talentierten und hochmotivierten Talenten eine Lösung ihres Fachkräfte-Problems sein!
Doch wie kann ein Unternehmen mit festen Strukturen, das zeit- und kosteneffizient arbeiten muss, unentdeckte Talente finden? Entscheider brauchen im Recruiting-Prozess Unterstützung dabei, um Quereinsteiger:innen hinsichtlich ihrer passenden Kompetenzen, wie Motivation, Resilienz und Lernfähigkeit richtig bewerten zu können. Der Lebenslauf und Arbeitszeugnisse sind dabei nicht aussagekräftig. Um herauszufinden, welches Potenzial in einem Kandidaten steckt, helfen konstruktive Tools und Best Practices. Gerade in der Hinsicht ist in den letzten zwei Jahren viel passiert.
Neue Technologien schaffen es inzwischen sogar über künstliche Intelligenz passende Quereinsteiger:innen an ihren digitalen Touchpoints zu identifizieren und für ein Stellenangebot zu begeistern, auf das sie sich in wenigen Minuten über eine digitale Plattform bewerben können. Dazu müssen von den Bewerber:innen nur wenige Fragen beantwortet werden, anhand derer die KI die Kompetenzen und Potentialen auswertet und mit dem Jobprofil vollautomatisch matched. Den suchenden Unternehmen werden somit in Echtzeit passende Quereinsteiger:innen vorgestellt. Und auch für die Kandidat:innen bringt diese Technologie viele Vorteile: sie können ihr Interesse ohne viel Zeitaufwand und über wenige Klicks auf ihrem digitalen Endgerät bekunden und brauche noch nicht mal einen Lebenslauf oder gar ein Bewerbungsschreiben hochzuladen.
Wettbewerbsfähig in die Zukunft!
Neue Recruiting-Technologien bieten also eine echte Win-Win-Situation für Unternehmen und Kandidat:innen gleichermaßen, doch sie funktionieren nur, wenn Entscheider:innen auch weiterhin open-minded gegenüber Talenten sind, die eine Karriere in der IT anstreben. Wenn Unternehmen dann auch ihre Onboarding-Prozesse so aufsetzen, dass sie Quereinsteiger:innen eine entsprechende Einarbeitung bieten, werden sie davon absolut profitieren und langfristig keine Kompromisse eingehen müssen. Ich bin überzeugt, damit sind wir auf dem richtigen Weg, unser Fachkräfteproblem in Deutschland zu lösen. Zugleich werden wir durch dieses Umdenken unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt stärken und erfolgreich in die Zukunft gehen.