Klassisches Projektmanagement um innovative Methoden ergänzen

Komplexe IT-Projekte effizient managen

Komplexe IT-Projekte zu managen ist eine große Herausforderung. Speziell verflochtene Projektstrukturen und die unüberschaubaren Wechselwirkungen zwischen den zahlreichen Subsystemen und Teilprojekten machen es fast unmöglich, diese Projekte hinsichtlich Kosten und Termine in den Griff zu bekommen. 

Während die klassischen Ansätze wie Projektstrukturplanung, Netzplantechnik und Meilensteintrendanalyse zum Standard gehören, und agiles Projektmanagement mit der Scrum als der moderne Lösungsansatz gesehen wird, werden nach den Erkenntnissen den TU Hamburg innovative Methoden wie das Anforderungs- und Risikomanagement, Target Costing, Problemlösungsprozess oder das Koordinationsmanagement nur selten angewendet. Dabei ist das Potenzial dieser Methoden enorm.

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Voraussetzungen sind klare Anforderungen

Speziell die Anforderungen an das Projektergebnis sollten eine hohe Bedeutung bekommen. Sie beschreiben eindeutig, was der Investor vom Projekt fordert, sind die Basis für die Vergabe von Unteraufträgen an Herstellern, Lieferanten und technischen Dienstleistern und sind somit auch zwangsläufig das Fundament für die Abnahme der Projektergebnisse. Werden bereits Fehler in der Anforderungsdefinition (Lastenheft), gemacht, ist das Projekt bereits vor dem Start zum Scheitern verurteilt. Klassische Fehler sind hier fehlende oder missver-ständliche Anforderungen, die später mittels dem Nachforderungsmanagement („Claim-Management“) seitens der Lieferanten gnadenlos ausgenutzt werden und somit die Projektkosten ins Unermessliche treiben können. Beispiele hierfür gibt es genug

Bild 1: Methodenanwendung im Projektmanagement

Bild 1: Methodenanwendung im Projektmanagement (Quelle G. Pawellek und A. Schramm).

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Bereits vor dem Projektstart stellt sich die Frage nach den Anforderungen an die Projektergebnisse. Wie kann das Projektteam sicherstellen, alle Anforderungen richtig aufzunehmen und alle notwendigen Personen identifi-ziert und integriert zu haben. Dabei sollen zum einen keine Anforderungen vergessen werden. Zum anderen kosten unnötig gestellte Anforderungen zusätzliches Geld. Fatal wäre es auch, falsche Anforderungen gestellt zu haben. In jedem Unternehmen gibt es natürlich eine irgendwie geartete Art der Aufnahme und Verwaltung von Anforderungen. Allerdings sind in den meisten Fällen die Anforderungen bzw. Lastenhefte in Fließtexten verfasst. Über Seiten hinweg sind in Texten Anforderungen enthalten, die als solche nicht eindeutig erkennbar sind. Eine Strukturierung der Anforderungen selbst ist nur auf Kapitelebene, nicht aber auf Anforderungsebene gegeben. Die Zuordnung von Kommentaren zu einzelnen Anforderungen gestaltet sich als schwierig. Aus diesem Grund ist eine Hauptforderung des Anforderungsmanagements bzw. Requirements Engineering (RE) die Indizierung jeder einzelnen Anforderung. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand. Zeitintensives suchen entfällt.

Lieferanten effizient auswählen

Mit Hilfe des RE-Ansatzes können sich die potentiellen Lieferanten nicht mehr mit allgemeinen Phrasen um das Erlangen des Auftrages bemühen. Sie müssen sich von Anfang an zu jeder Anforderung individuell äußern. Die Antworten der potentiellen Subsystem-Lieferanten können nun kategorisiert und bewertet werden. Geeignete Datenbanklösungen erhöhen die erreichten Zeitersparnisse noch um ein Weiteres /1/. Besonders bei räumlich verteilten Projektteams wird so sichergestellt, dass alle Projektmitglieder auf den gleichen Stand der Projektbeschreibung zugreifen können. In kürzester Zeit kann mit der eigentlich wichtigen Arbeit, der inhaltlichen Bewertung der verschiedenen Antworten und der Weiterentwicklung der Spezifikationen begonnen werden. Tagelange Sortier- und Zuordnungsarbeiten entfallen so komplett. Aus den Anforderungen lassen sich nun leicht Aktivitäten ableiten, die zu Teilprojekten zusammengefasst werden können. Durch eine Zuordnung (Verlinkung) der Aktivitäten kann nun leicht ermittelt werden, ob jede Projektanforderung eine zugehörige Aktivität besitzt (Vollständigkeitsprüfung) und jede Aktivität auch aus einer Kundenforderung korrekt abgeleitet wurde (Richtigkeitsprüfung). Bei komplexen Projekten wird dieses sehr unübersichtlich und sollte daher durch EDV-Tools unterstützt werden (Bild 2).

Bild 2: Effizientes Lieferantenmanagement mit zentraler Datenbankunterstützung

Bild 2: Effizientes Lieferantenmanagement mit zentraler Datenbankunterstützung (Quelle G. Pawellek und A. Schramm).

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Gesicherte Abnahme ohne Wenn und Aber

Auch bei der Abnahme der gelieferten Projektergebnisse gibt es hohe Zeitersparnisse. Das Projektmanagement ist in der Pflicht, das realisierte IT-Projekt auf „Herz und Nieren“ hin zu überprüfen. Nicht oder nur unvollständig erfüllte Anforderungen können genauso auftreten wie ungewünschte Abweichungen vom Sollmaß. Ist der Projektleiter nicht in der Lage, diese Mängel schnell und treffsicher zu identifizieren, so hat eine spätere Identifizierung erheblich schwerere Auswirkungen. Zum einen sind Garantieansprüche unter Umständen reduziert oder erloschen. Zum anderen kommt es zu erhöhten Kosten beim Auftreten der Mängel im Gesamtsystem. Stillstandzeiten. Bei nicht erfüllten Anforderungen kann klar und eindeutig dargestellt werden, wo die Mängel sich befinden. Auch ein klares Kommitment der Lieferanten zu diesen Anforderungen ist klar und einfach nachweisbar. Sind alle Anforderungen getestet und für erfüllt erklärt, kann das Projektergebnis abgenommen werden. Hier zeigt sich spätestens, wie wichtig ein vollständiger, richtiger Satz von Anforderungen ist!

Die lösungsneutrale Formulierung von Anforderungen und deren Attributen ermöglicht ebenfalls eine effizientere Durchführung von Folgeprojekten. Die Ersparnisse an Zeit und Kosten sind hier noch höher als schon bei der Durchführung des ersten Projektes. Denn bei der Durchführung inhaltlich ähnlicher Projekte können die Anforderungen einfach wiederverwendet werden. Erfahrungen aus laufenden Projekten zeigen einen Grad der Wiederverwendung von bis zu 90%. Bei der wiederholten Durchführung von immer wiederkehrenden Teilprojekten ist es darüber hinaus ratsam, immer wieder auftretende Anforderungen in Vorlagen einzufügen.

Projektkosten im Griff haben

Neben dem Managen der Projektinhalte ist es natürlich genauso wichtig, die Projektkosten im Griff zu haben. Es gibt zahlreiche Projekte, die sich während der Laufzeit deutlich verteuert haben. Das liegt zum einen an der fehlenden Kostentransparenz und zum anderen an dem fehlenden Link zu den Projektaktivitäten. Hier kann z.B. die Methode der Zielkostenrechnung (Target Costing) Abhilfe schaffen. Unter den Zielkosten ist das Projektbudget zu verstehen, das auf die einzelnen Teilprojekte aufzuteilen ist (Top-Down-Ansatz). Die Teilprojekte wiederum bestehen aus einzelnen Aktivitäten, die wiederum mit Plan- oder realisierten Kosten bewertet werden und zu den Teilprojektkosten aggregiert werden (Bottom-Up Ansatz). Auf dieser Ebene können nun einfach Budgetüberschreitungen identifiziert werden. Zusätzlich können Kostenschätzungen auch mit Risikosätzen behaftet werden, um kritische Bereiche sichtbar zu machen. Auch Kostentreiber lassen sich mit dieser Methode leicht visualisieren (Bild 3).

Bild 3: Zielkostenansatz im Projektmanagement

Bild 3: Zielkostenansatz im Projektmanagement (Quelle G. Pawellek und A. Schramm).

In der Projektdurchführung ist die termingerechte Abarbeitung der Aufgaben ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor. Es treten jedoch immer wieder ungeplante Aktivitäten auf, die die reibungslose Abarbeitung gefährden können. Daher gilt es diese Aufgaben effizient zu managen, den richtigen Teilnehmern zuzuordnen und die Abarbeitung zu überprüfen. Standardsysteme wie Mailprogramme und tabellenbasierte Aktivitätenlisten reichen da meistens nicht aus. Wichtige Aktionen gehen meist in der Mailflut verloren. Das Ziel ist daher die schnelle Erfassung und Abarbeitung von Aufgaben und Maßnahmen, d.h. einfache Erfassung von Aufgaben, Zuordnung zu Aktionshaltern, Weiterleitung an andere Abteilungen, Überwachung der Abarbeitung und Dokumentation aller Aktivitäten

Die GfU Gesellschaft für Unternehmenslogistik mbH empfiehlt, die Standardmethoden des Projektmanagements (Projektstrukturplan, Netzplantechnik, Meilensteintrendanalyse und neuerdings auch Scrum) durch innovative Methoden wie Anforderungsmanagement, Risikoanalyse und Target Costing zu ergänzen. Unter Verwendung des Task-Managers der GfU können die Aufgaben direkt vor Ort mit mobilen Geräten (Smartphone, Tablet) oder am PC/Notebook in einem integrierten Aufgabenmanagement- und Koordinationssystem erfasst werden (Bild 4). Anschließend erfolgt die Weiterleitung der Aufträge an die verantwortliche Abteilung unter Zuhilfenahme der Warteschlangentheorie. So hat jedes interne und externe Teilprojektteam seine eigene Aktivitätenliste, sortiert nach Prioritäten und Eskalationsstufen /2/. Prozessbegleitend werden alle Aufgaben und Maßnahmen dokumentiert, bis diese abgeschlossen sind. So können keine Projektaktivitäten verloren gehen.

Bild 4: Ereignisorientierte Koordination von Projektaktivitäten

Bild 4: Ereignisorientierte Koordination von Projektaktivitäten (Quelle G. Pawellek und A. Schramm).

Fazit

Zusammenfassend zeigt das methodische Vorgehen im Projektmanagement komplexer IT-Projekte sowohl kurz- wie auch mittel- und langfristig Einsparungspotenziale. Aus einer klar strukturierten Projektbeschreibung können leicht Aktivitäten abgeleitet werden sowie die Abnahmephase effizient und zielsicher durchgeführt werden. Mit Hilfe von Methodenworkshops und Trainings wird allen Beteiligten das nötige Wissen und die nötige Sicherheit in der Anwendung der Methoden, Prozesse und Tools vermittelt. Die GfU ist in diesem Bereich seit über zwanzig Jahren erfolgreich mit der Leitung komplexer Projekte und Unterstützung der Methodenanwendung betraut.

Günther PawellekUniv.-Prof. Dr.-Ing. Günther Pawellek,
Geschäftsführer der Gesellschaft für Unternehmenslogistik mbH, Hamburg, bis 2012 Leiter Institut für Technische Logistik der Technischen Universität Hamburg (TUHH)

 

 

Andreas SchrammDipl.-Wirtsch.-Ing. Andreas Schramm,
Projektleiter der GfU Gesellschaft für Unternehmenslogistik mbH, Hamburg

Literatur
Pawellek, G.; Schramm, A.: Hohe Einsparpotenziale im Projekteinkauf. BIP6(2015)5, S.48-50

Pawellek, G.; Schramm, A.: Projektmanagement bei komplexen Projekten – Bau- und Verwaltungsprojekte
effizient mit Helpdesk-Systemen unterstützen. Bau Portal 129(2017)7, S.44-46

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