IT unter Druck: Unklare Kostenzuordnungen und verschwendete Ressourcen

Wenn das Energieversorgungsunternehmen bereits selbst beim Chief Information Officer (CIO) einer Großbank in England anruft um zu sagen: „Wir können Ihnen nicht noch mehr Strom für Ihr Rechenzentrum liefern.“, dann ist die Zeit für effiziente Serverkonsolidierung und -virtualisierung gekommen.  
Die Energiekosten, die bei der Großbank für die IT anfallen, sind immens, doch der CIO war vom Anruf überrascht. Die Energiekosten werden nämlich der Kostenstelle Building Maintenance zugeordnet. Insofern verwundert es nicht, dass bis 2008 nur 7 Prozent der IT-Leiter wussten wie hoch ihr Energieverbrauch ist.  Dabei sind die Energiekosten nur ein Beispiel für die unzureichende und das heißt nicht verursachungsbezogene Zuordnung vieler IT-Kosten. Mit fatalen Auswirkungen für die IT-Kosten und in diesem Fall auch für die Umwelt. 
 
Bild 1: Budget für Innovationen. 
 
Obwohl sich die Rechenleistung der Server und Speicherkapazität von Storage alle 18-24 Monate verdoppelt, steigen die IT-Kosten, weil es immer mehr Applikationen und Daten gibt. Das ist aber kein ausreichendes Argument dafür, die steigenden IT-Kosten zu begründen und schon gar nicht, nicht noch mehr für ihre Einsparung zu tun. Wenn bereits Anfang des Jahres 90 Prozent des IT-Budgets verplant sind, bleibt kaum Raum für Innovationen, die aber mit steigenden Anforderungen auch immer wichtiger werden. Diesen Freiraum kann man sich offensiv schaffen (Bild 1).

Unklare Kostenzuordnungen  
Betriebswirtschaftliche Argumente und die Einsicht in zu hohe IT-Kosten allein reichen nicht aus, um Einsparpotentiale zu heben. Erst wenn der Kostendruck bei den Verantwortlichen hoch genug ist, ändert sich etwas. Er kann unternehmensintern entstehen oder durch Endkunden, die schnell zu einem anderen Anbieter wechseln können. Da entweder die Kosten nicht klar denjenigen zugordnet werden, die sie verursachen, oder die Verschwendung von Ressourcen für andere nicht offensichtlich ist, ist dieser Druck in vielen Unternehmen noch nicht hoch genug. Dabei ist allen klar, dass die IT-Kosten auch in Zukunft nicht weniger, sondern mehr werden.  
Servervirtualisierung ist ein gutes Beispiel für unklare Kostenzuordnungen und verschwendete Ressourcen und damit auch für bislang nicht ausgereizte Einsparpotentiale. Die Serverauslastung ist in vielen Fällen nicht genau bekannt, maximal ausgelastet sind sie in den seltensten Fällen und Daten werden unzureichend komprimiert. Investitionsentscheidungen werden häufig noch anhand günstiger Hardwareanschaffungskosten und nicht mit Blick auf die Betriebskosten gefällt, wo doch erst beides zusammen die Total Cost of Ownership (TCO) ergibt. 
Allein mit Blick auf die SAP-Umgebung lässt sich das gut veranschaulichen. Der CPU und Speicherbedarf bei SAP war bereits hoch und steigt mit neuen Applikationen an. Weiterhin müssen immer mehr ERP-Daten verlässlich gespeichert werden. In unserer Erfahrung ist die Optimierung der SAP-Umgebung somit für die meisten Unternehmen ein aussichtsreiches Unterfangen.  Das gilt auch unabhängig von der Legacy IT-Infrastruktur: sei es eine völlig heterogene Struktur mit Servern unterschiedlicher Anbieter oder eine bereits physisch konsolidierte Serverlandschaft. Auch hier bestehen noch Einsparpotentiale durch Virtualisierung um 40 Prozent verbesserte Datenkomprimierung.
Dass die Investitionsentscheidungen anhand günstiger Hardware zu kurz greifen, zeigt unser Projekt bei einem Industriekonzern. Die Anschaffung eines neuen Servers von 35.000 € mündet über 5 Jahre letztendlich in 75.000 € inklusive aller Betriebskosten. Ein konsolidierter Server hingegen kostet über 5 Jahre nur noch 25.000 €. Wenn Großunternehmen die Serveranzahl in Tausend rechnen, sind das Anschwellen der Kosten und der Nutzen von Green IT gleich ersichtlich. Allein für SAP kann man je nach Anzahl der Applikationen insgesamt 200-300 Server in großen Unternehmen ansetzen. 
Vor- und Nachteile der Server-Virtualisierung
Die physische Konsolidierung der Serverlandschaft wird bei 50-60 Prozent der Unternehmen in Deutschland entweder gerade umgesetzt oder ist bereits abgeschlossen. Die Chancen, die die Server-Virtualisierung bietet, liegen vor allem in der Möglichkeit der bedarfsorientierten Servernutzung, neudeutsch „On Demand“.  Server-Virtualisierung bedeutet im Grunde auch noch Konsolidierung, da die Zusammenführung von Applikationen auf einem Server noch stärker maximiert werden kann. Mit der Virtualisierung fällt die bisherige Notwendigkeit weg, Puffer für Spitzenlastzeiten wie bei Buchungsläufen am Quartalsende zu lassen. Stattdessen soll ja nun die virtuell mögliche On-Demand-Erweiterung greifen, die tatsächlichen Bedarf und Serverkapazität gleichsetzt. 
Der zweite Vorteil scheint zunächst in der geringeren Wartung zu liegen. Man muss sich jedoch genau überlegen, ob man hier nicht den Teufel mit dem Belzebub austreibt. Es fallen zwar weniger Wartungskosten an eigenen Servern an, man bekommt aber Administrationskosten für die Virtualisierungssoftware hinzu. Die ist bei einer heterogenen Struktur auch nicht durch Automatisierung der Updates zu beheben. 
Business Case quantifiziert Einsparpotentiale
Finanzdienstleister haben einen hohe Zahl an Transaktionen und Endkunden und stehen daher unter besonderem Druck, ihre IT-Kosten zu senken. Um die Einsparpotentiale der angestrebten SAP-Umgebungs-Optimierung  aufzuzeigen wurde ein Business Case erstellt. Um die höchstmögliche Konsolidierung und Datenkomprimierung zu erreichen, entschied man sich mit nur einem Anbieter, etwa IBM oder Oracle, die gesamte Umgebung zu konsolidieren, zu virtualisieren und in der privaten Cloud zu betreiben. Die mit einem Anbieter optimal aufeinander abgestimmten Komponenten (Server, Storage, Datenbanken, Middleware, Systemmanagement-Software etc.) sind nur ein Beispiel dafür, dass alle derzeitig technischen Möglichkeiten genutzt werden sollen, um die IT-Kosten zu senken und auch in Zukunft möglichst gering zu halten, um mehr Budget für notwendige Innovationen freizuschaufeln. Die Reduktion des CO2-Fußabdruck als willkommener Nebeneffekt war eine weitere Motivation für dieses Projekt.
Dazu wurden in zwei Szenarien alle Unsicherheiten berücksichtigt, die Einfluss auf die Kosten der SAP-Umgebung haben. Dazu gehören zum Beispiel die Kapazitätsauslastung der Server und Storage Devices, Rechenleistung, Service Level Agreements (SLA), Klimatisierung, Raum- und Strombedarf, Administration, Netzwerkverbindung, Datenmengen, OPEX, CAPEX und Abschreibungen.  Das Finanzmodell berechnet die Gesamtkosten der Legacyumgebung und die der optimierten SAP-Umgebung mit nur einem Anbieter. Die Endergebnisse werden mit einer Risiko- und Sensitivitätsanalyse validiert. 
 
Bild 2: Die jährlichen Einsparpotenziale bei den Gesamtkosten der SAP-Umgebung liegen bei dem Finanzdienstleister bei 4,81 Millionen Euro. 
 
Das Ergebnis zeigt, dass mit der Server-Virtualisierung für die SAP-Umgebung und der Nutzung in der privaten Cloud knapp 4,81 Mio. € pro Jahr eingespart werden können (Bild 2). Während der Erwartungswert der jährlichen Gesamtkosten der Legacyumgebung bei 29,99 Mio. € liegt, ist der für die Gesamtkosten nach der Optimierung mit 25, 18 Mio. € errechnet. Diese Zahlen betreffen, wie gesagt, die SAP-Umgebung allein. Die Overlay-Grafik der Monte-Carlo-Simulation zeigt jedoch auch an, dass mit 12,89%iger Wahrscheinlichkeit die Kosten der neuen Lösung nicht unter der Legacyumgebung liegen. Das kann an einem ungünstigen Mix von Unix- und Windowsservern liegen oder an hauseigenen Applikationen.
Hubert Ziegler, CIO bei der Heiligenfeld GmbH bestätigt aus eigener Erfahrung, dass derartig große Projekte auch in kurzer Zeit quantifiziert werden können, so dass häufig verschobene Entscheidungen guten Gewissens und mit Verve vorangetrieben werden können.  „Ich bin begeistert, wie einfach und schnell die Entscheidungsgrundlage für ein großes Infrastrukturprojekt im letzen Jahr erstellt werden konnte und in der Unternehmensleitung Akzeptanz fand. Dies war nur der Anfang für eine neue „Business-Case-Kultur“ der Klinikgruppe Heiligenfeld.“ 

Verrechnungsaspekte in der Wolke
Von den zig Cloud-Optionen sind für die kommerzielle Nutzung in Deutschland vor allem die private oder die Hybrid Cloud vorstellbar.  Der Finanzdienstleister hatte sich aufgrund unternehmenskritischer Daten ganz deutsch für die private Cloud entschieden. Das ist bei der SAP-Umgebung auch zu empfehlen. Während einige die Public Cloud als letzte Form gelebten Sozialismus empfinden, wobei im Sozialismus Übergabeschnittstellen klarer definiert worden wären, setzen andere auf die Hybrid Cloud. 
 
Bild 3: Dos und DONT`s bei der Optimierung der SAP-Umgebung. 
 
Als Ausblick auf bislang nicht ausreichend gelöste Herausforderungen soll folgender Aspekt nicht ausgeblendet werden: die Frage der unklaren Kostenzuordnung führt sich in der Cloud nicht nur praktisch, sondern auch technisch fort. Sinn und Zweck der Cloud ist ja die virtuelle Nutzung der freien Kapazitäten, auf die man in Spitzenzeiten zugreifen kann.  Dieser Zweck wird erfüllt. Unter Verrechnungsaspekten hingegen wird genau dieser Vorteil zum Problem.  Die Virtualisierungssoftware protokolliert zwar, aber es kann bislang nicht sauber zugeordnet werden, wer sich für wie lange bei welchen Ressourcen bedient hat. Controllerherzen werden bei diesen Nachrichten sicherlich nicht höher schlagen. 
Bislang ist das kein allzu großes Problem, da man es über Pauschalpreise ausgleicht. Dabei sind die Anbieter bereits recht flexibel in der Vertragsgestaltung mit Laufzeiten von nur 1-4 Wochen. In Zukunft wird aber sowohl im Interesse der vielen Anbieter, die sich auf diesem Markt tummeln, als auch im Interesse der Endkunden eine größere Preistransparenz notwendig sein. 
Dennoch überwiegen die Vorteile der Server-Virtualisierung, mit deren Einsparpotentialen man sich Innovationsfreiräume für die noch ausstehenden Herausforderungen schaffen kann. Für eine Abschätzung der Einsparpotentiale in Ihrem Unternehmen stellen wir Ihnen einen ROI-Rechner zur Verfügung ([email protected]).
  
Johannes Ritter,  www.SolutionMatrix.de
 
Diesen Artikel lesen Sie auch in der it management , Ausgabe 9-2011.   

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