Vincent Huguet ist CEO und Mitgründer des Freelancer-Marktplatzes Malt. Seit der Gründung 2013 ist der Entrepreneur ständig im Austausch mit der internationalen Freelancer-Community und ist überzeugt: Es gibt viel von Freelancern zu lernen, besonders jetzt.
Schon seit mehreren Jahren führen wir unter unseren Freelancern regelmäßig eine jährliche Umfrage durch, um mehr über die Arbeitsmethoden, Einstellungen und Herausforderungen unserer Community zu erfahren. Wir wussten dieses Jahr wird ein spezielles Jahr werden, denn das Alltagsgeschäft der meisten Freelancer wurde durch Covid19 extrem beeinträchtigt. 75% der IT-Freiberufler wurde mindestens ein oder mehrere Projekte abgesagt.
Doch wir wussten auch, dass wir mit einer besonderen Berufsgruppe zusammenarbeiten, die bestens auf Veränderung reagiert und besonders in naher Zukunft extrem relevant sein wird. Denn die Ergebnisse machen besonders eins deutlich: Die Veränderungen, in die viele Unternehmen durch Covid19 gezwungen wurden, werden von Freelancern bereits seit Jahren gelebt.
Die digitalen Talente von morgen: Freelancer
Bereits vor der Krise haben Freelancer 45% ihrer Zeit remote gearbeitet, 41% vor Ort beim Kunden. Demnach ist es auch nicht verwunderlich, dass jeder zweite Freelancer sich während der Ausgangssperre weiterhin produktiv gefühlt hat. Auch die Kommunikation mit ihren Kunden lief für 64% der Freelancer gut oder sehr gut. 68% der Freelancer arbeiten mit agilen Arbeitsmethoden. Eine weit über dem Durchschnitt liegende Nutzung, die die Autonomie und die Entscheidungsfindung im Team erleichtert, auch auf Distanz.
Für die Umfrage und Analyse haben wir uns mit der Boston Consulting Group zusammengetan, die unsere Einschätzung zum Einsatz von Freelancern teilt.
Jens Jahn, BCG Partner & Director sieht im Einsatz von Freelancern die Möglichkeit für Unternehmen rasch eine digitale Transformation und somit auch den Aufbau einer digitalen Kultur zu unterstützen: “Unternehmen können Qualifikationslücken durch Freelancer kurzfristig und flexibel ausgleichen, durch sie werden auch Mitarbeiter in neuen Arbeitsweisen befähigt.“ – Jens Jahn, BCG Partner & Director
Tech Freelancer wenden regelmäßig innovative und flexible Arbeitsmethoden an und haben bereits vor der Krise ein hybrides Modell von Heimarbeit und Einsätzen beim Kunden angenommen.
Dieses Organisationsmodell dürfte in den kommenden Monaten für eine große Zahl der Unternehmen die Norm werden. Digitale Freelancer sind auf diese Umstellung bereits heute bestens vorbereitet.
Die Arbeitswelt von morgen: Das hybride Büro
Vor der Gründung von Malt war Hugo, unser CTO selbst Freelancer und wir waren im ständigen Austausch mit der Freelancer Community. Als wir 2013 den Freelancer-Marktplatz Malt gegründet haben, mussten wir erstmal komplett von zu Hause aus arbeiten, denn Hugo, CTO und Mitgründer, lebte aus familiären Gründen in Lyon und ich in Paris.
Von Anfang an hatten wir unsere Kultur also entsprechend organisiert und erstmal gezeigt, dass Remote Work in vielen Bereichen gut funktioniert. Mit der Zeit hat sich damals aber trotzdem der Wunsch nach einem zentralen Büro entwickelt. Dabei spielte vor allem der soziale Aspekt eine Rolle. Bei einem Kaffee oder einem Bierchen mit Kollegen lösen sich oft Probleme nebenbei und der Austausch bringt uns nicht nur privat, sondern auch beruflich voran. Wir brauchen persönlichen Kontakt und das kann ein Anruf nicht ersetzen.
Neben den Möglichkeiten der Fernarbeit brauchen wir aus meiner Sicht also weiterhin einen zentralen Ort, an dem man sich treffen und gemeinsam kreativ werden kann.
Die Bedingungen der zweigeteilten Arbeitsweise basieren auf Vertrauen und Autonomie. Starre Vorgaben und enge Regeln, zum Beispiel feste wöchentliche Meetings vor Ort oder festgelegte Tage, an denen kein Homeoffice gemacht werden darf, funktionieren also nicht. Menschen in unterschiedlichen Jobs und Positionen haben auch unterschiedliche Anforderungen, die man respektieren muss. In den letzten Monaten hat sich dieses Vertrauen in vielen Unternehmen bereits gebildet. Sie haben festgestellt, dass Homeoffice und Remote Work funktionieren und gelernt, von festen Anwesenheitszeiten und strikter Kontrolle loszulassen. Diese Vertrauenskultur muss jetzt weiter angenommen werden.
Freelancer sind an diese Arbeitsweise bereits seit Jahren gewöhnt. Für mich gibt es daher keinen besseren Zeitpunkt für den Einsatz von Freelancern als jetzt, um eine neue Perspektive einzubringen und den bereits begonnenen Transformationsprozess weiter voranzutreiben. Trotz Budgetkürzungen und Einstellungsstopps müssen Projekte kurzfristig wieder aufgenommen werden. Gleichzeitig gewöhnen sich viele Festangestellten immer noch an die Fernarbeit. Hier können Unternehmen von einem hochqualifizierten und erfahrenen Freelancer profitieren, der den Mitarbeitern einen Teil seiner Fähigkeiten vermittelt und eine oft benötigte Außenperspektive einbringt. Freelancer haben in den letzten Monaten eine Verlangsamung ihrer Tätigkeit erlebt, das ist richtig. Wir haben aber bereits eine Wiederaufnahme von Projekten durch Unternehmen erlebt, um digitale Transformationsprojekte zu beschleunigen. Viele Unternehmen erkennen bereits, dass sie die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Freelancern heute mehr denn je benötigen.