Um neue Talente zu gewinnen, Mitarbeiter zu binden und die Produktivität der Teams zu steigern, ist es für Unternehmen unerlässlich, sich auf drei Faktoren für die Employee Experience zu konzentrieren: die digitale, die emotionale und die physische Mitarbeitererfahrung.
Die COVID-19-Pandemie hat unsere Lebens- und Arbeitsweise nachhaltig beeinflusst. Laut einer Statista-Umfrage aus dem Januar 2022 hatte das Arbeiten im Homeoffice bei 42 Prozent der Befragten in Deutschland einen positiven Effekt auf ihre Flexibilität im Alltag. Diese Entwicklung entspricht den Erwartungen der jüngeren Generation, die jetzt ins Berufsleben eintritt. Die Motivation der Berufsanfänger geht über das Gehalt und die finanziellen Vorteile hinaus und richtet sich mehr auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Flexibilität und Arbeitskultur. Um neue Talente zu gewinnen, Mitarbeiter zu binden und die Produktivität und Kreativität der Teams zu steigern, ist es für Unternehmen unerlässlich, sich auf drei Kernfaktoren für die Employee Experience zu konzentrieren: die digitale, die emotionale und die physische Mitarbeitererfahrung.
1. Digitale Erfahrung: Technologie als Enabler
Seit dem letzten Jahrzehnt kommt das Konzept der verbesserten Kundenerfahrung (CX, Customer Experience) zum Einsatz. Die Mitarbeitererfahrung als Gesamtheit aller Interaktionen und Erfahrungen mit dem Arbeitgeber blieb jedoch ein Thema, das oft als „Nice to have“ betrachtet wurde – abgesehen von einigen Ausnahmen. Während der Pandemie arbeiteten in Deutschland laut einer Umfrage der Initiative D21 60 Prozent der Mitarbeiter mit Bürojobs von zu Hause aus. Dieser Paradigmenwechsel hin zum virtuellen Arbeiten zwang die meisten Unternehmen, den Mitarbeitern Freiheiten einzuräumen, um die Produktivität zu erhalten. Mit der aktuellen Ausweitung der Möglichkeiten für Remote- und Hybrid-Arbeitsumgebungen wird das Thema Mitarbeitererfahrung – und insbesondere die digitale Mitarbeitererfahrung (DEX) – immer wichtiger und integraler Bestandteil von Diskussionen über die neue Arbeitskultur. Aus dem „Nice to have“ ist ein „Must-have“ geworden.
Eine aktuelle globale Studie von Unisys zum Thema „Digital Workplace“ hat ergeben, dass in der EMEA-Region für 43 Prozent der Beschäftigten die neueste Technologie der Schlüssel zu einer perfekten Employee Experience ist. Da die Mitarbeiter immer stärker auf die Technologie am Arbeitsplatz angewiesen sind, haben Unternehmen die Notwendigkeit erkannt, die digitale Mitarbeitererfahrung zu verbessern. Dies geht über automatisierte Self-Service-Funktionen hinaus. Heute erwarten Mitarbeiter am Arbeitsplatz das gleiche Serviceniveau wie im Privatleben, und der Technologiestandard sollte möglichst dem privat genutzter Apps entsprechen. Dies setzt voraus, dass Unternehmen die Silos zwischen den verschiedenen Supportfunktionen der Abteilungen auflösen. Mobile Anwendungen, Chatbots und künstliche Intelligenz haben Self-Service-Lösungen entscheidend verbessert, sodass Mitarbeiter produktiver sein können – trotz Remote- und Hybrid-Arbeitsstilen. Gefragt sind hier die IT-Führungskräfte, die mit einer Digital-Experience-Strategie sowie der geeigneten Technologie die Fähigkeit ihres Unternehmens unterstützen, Talente anzuziehen und zu binden.
2. Emotionale Erfahrung: die Mitarbeiter hören
Die emotionale Verbindung zu den Mitarbeitern lässt sich durch kontinuierliches, aktives Zuhören herstellen. Dieses sogenannte Employee Listening zielt darauf ab, zu verstehen, wie die Mitarbeiter denken und fühlen, sie in Entscheidungen miteinzubeziehen und ihr Feedback für Verbesserungen zu nutzen. Dies stärkt die Identifikation der Mitarbeiter und trägt zum Unternehmenserfolg bei.
Während der COVID-19-Pandemie hat sich deutlich gezeigt, dass viele Unternehmen den Kontakt zu ihren Mitarbeitern verloren haben. Sie waren nicht ausreichend informiert, wie es den Mitarbeitern ging und welche Unterstützung sie brauchen. Die Folge: Die Bereitschaft zum Jobwechsel ist unter den deutschen Beschäftigten so hoch wie nie zuvor. Laut Gallup Engagement Index 2021 sind nur noch 17 Prozent emotional an ihren Arbeitgeber gebunden und jeder vierte will in einem Jahr nicht mehr bei seinem derzeitigen Arbeitgeber sein. Durch den „Dauer-Stresstest Corona“ ist laut Gallup die Burn-out-Quote auf 35 Prozent gestiegen.
Diese Entwicklung rückt effizientes Employee Listening in den Mittelpunkt. Erforderlich ist ein multimodaler Ansatz, um im stetigen Austausch mit den Mitarbeitern zu bleiben. Traditionelle Methoden wie Umfragen und Interviews sind nach wie vor wirksame Mittel, um wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Viele Unternehmen gehen darüber hinaus und führen maßgeschneiderte Modelle für die Mitarbeiterbefragung ein, die einen eigenen Katalog von Methoden, Rahmenwerken und Mitarbeiternetzwerken einbeziehen, um die Prioritäten des Unternehmens stärker abzubilden.
Um die Kultur und Praxis des Zuhörens in der gesamten Organisation zu fördern und zu verankern, ist die Unterstützung durch die oberste Führungsebene erforderlich. Experten im Zuhören sollten im Herzen der Geschäftsabläufe agieren, wo sie eine symbiotische Beziehung zu Produktverantwortlichen, Prozessverantwortlichen und Kompetenzzentren pflegen können. Wenn die funktionsübergreifenden Beziehungen intakt sind, kann Employee Listening den Anstoß dazu geben, ein Mitarbeitererlebnis zu schaffen, das die Erwartungen der Mitarbeiter übertrifft und im Einklang mit der Unternehmensstrategie ist.
3. Physische Erfahrung: individuelle Arbeitsstile berücksichtigen
Das physische Element einer Mitarbeitererfahrung bezieht sich auf die Orte, an denen Arbeit und Produktivität stattfinden. COVID-19 hat die Verlagerung vom üblichen Arbeitstag im Büro hin zu flexiblen und hybriden Arbeitsformen beschleunigt. Heute arbeiten viele Beschäftigte mobil oder an weniger Tagen im Büro – der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters kann auch sein Zuhause, ein Café oder eine Mischung aus verschiedenen Orten sein.
Aufgrund des radikalen Wandels hin zum hybriden Arbeiten müssen Unternehmen jetzt Lösungen finden, um die Arbeitsplätze an die neuen Arbeitsweisen und die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter anzupassen. Jede Organisation besteht aus Personen mit unterschiedlichen Arbeitsstilen. Von „Entdeckern“ über „Pusher“ bis hin zu „Integratoren“ – die Kenntnis dieser Typologie und ihrer Eigenschaften kann bestimmen, welche Arbeitsplatzattribute, Tools und Enabler sie benötigen, um ihre Produktivität zu steigern. So bevorzugen beispielsweise die proaktiven „Pusher“ (auch bekannt als „Battlers“) einen traditionellen Ansatz mit zugewiesenen, einfachen Arbeitsplätzen. Unternehmensweite Kollaborationstools mit Projektmanagementfunktionen können „Pusher“ dabei unterstützen, Aktivitäten aus der Ferne zu steuern und mit den unterschiedlichsten Stakeholdern zusammenzuarbeiten. Dank solcher Anpassungen an einzelne Arbeitsstile entsteht gemeinsam mit den richtigen Tools ein leistungsstarkes Ökosystem mit zufriedenen Mitarbeitern.
Die Umwälzungen der letzten zwei Jahre haben dazu geführt, dass Arbeitnehmer ihre berufliche Situation für sich neu bewerten. Durch den Abstand zum Büro und den Alltag mit den Kollegen ist vielen aufgefallen, dass sich ihre Erwartungen an den Beruf oder ihre Lebensziele nicht mit ihrer aktuellen Jobsituation vereinbaren lassen – besonders im Hinblick auf die Work-Life-Balance. Unternehmen müssen sich schnell auf diese veränderten Erwartungen einstellen und die drei Schlüsselkomponenten der Employee Experience berücksichtigen. Ansonsten laufen sie Gefahr, dass die Motivation und Produktivität ihrer Mitarbeiter stetig abnimmt – mit verheerenden Folgen für den Unternehmenserfolg.