Deutschland ist ein weltweit geschätzter Innovationsstandort. Doch zunehmender Wettbewerbsdruck, multiple Krisen und Fachkräftemangel bringen die Stellung ins Wanken. Wie steht es also um die Innovationskraft in deutschen Unternehmen? Was sind Innovationsbremsen und wie lassen sie sich überwinden?
In den Führungsetagen deutscher Unternehmen braucht man aktuell starke Nerven, um durch das schwierige Fahrwasser des globalen Wettbewerbs zu navigieren. Ob globaler Wettbewerbsdruck, anhaltende geopolitische Krisen, komplexe digitale Transformationsprozesse oder der Mangel an Top-Spezialist:innen – die Rahmenbedingungen, um sich im weltweiten Vergleich einen Innovationsvorsprung zu verschaffen, stehen nicht gerade unter einem guten Stern.
Bei der Frage, wie sich Unternehmen ihre Innovationsstärke und damit Wettbewerbsfähigkeit erhalten (oder zurückerobern), sind zwei Aspekte von zentraler Bedeutung: die Bereitschaft zum ständigen Wandel und Mitarbeitende, die diesen mitgestalten. Denn nur, wer über motivierte Spezialist:innen in den richtigen Positionen verfügt, verschafft sich eine optimale Ausgangslage. Um langfristig fachliches Know-how an sich zu binden, müssen Unternehmen als attraktive Arbeitgeber überzeugen.
Wie es auf dem deutschen Arbeitsmarkt um die Zufriedenheit von Mitarbeitenden in ihrem Job steht und wie derzeit die Innovationskultur von Unternehmen bewertet wird, darüber gibt eine repräsentative Studie zur Arbeitszufriedenheit des Personaldienstleisters AVANTGARDE Experts in Zusammenarbeit mit YouGov Aufschluss. Befragt wurden 1.050 Arbeitnehmer:innen in Deutschland mit akademischer Ausbildung aus verschiedenen Branchen.
Positiv ist: Der Faktor Arbeitszufriedenheit befindet sich im Jahr 2024 auf einem hohen Niveau. So sind 83 Prozent der Befragten eher bis sehr zufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen. Mit 92 Prozent ist der IT-Sektor sogar der Spitzenreiter. Blickt man jedoch auf die Entwicklungskraft, attestieren lediglich 16 Prozent der Befragten ihrem Arbeitgeber eine volle Innovationsstärke, knapp die Hälfte (48 Prozent) bewerten diesen Punkt zumindest positiv und laut 11 Prozent wird nicht an Neuheiten gearbeitet.
Was bremst den Innovationsmotor?
Klar ist: Innovation ist der Herzschlag eines jeden Unternehmens. Warum der Erfindergeist bei vielen Organisationen jedoch schwächelt, hat verschiedenste Gründe. Die drei Hauptursachen sind laut Arbeitszufriedenheitsstudie:
- Starre Strukturen (39 Prozent): So, wie die Bürokratie in Deutschland generell manche Neuentwicklungen erschwert, bremsen starre und bürokratische Strukturen auch in Unternehmen die Innovationskraft aus. Dazu kommt: Für Konzerne oder größere Organisationen – meist aus traditionellen Industrien – sind Transformationsprozesse naturgemäß oftmals länger sowie komplexer. Dies macht es schwieriger, sich ad hoc auf sich verändernde externe Bedingungen zu reagieren.
- Fehlendes Budget (33 Prozent): Die wirtschaftlich angespannte Situation führt in Organisationen dazu, dass interne Projekte mehr denn je in Konkurrenz zueinanderstehen und Budgets noch sorgfältiger geprüft oder verteilt werden. Kreative Projekte, deren Output oder Mehrwert nicht sofort oder erst langfristig ersichtlich sind, können sich schwer durchsetzen.
- Fehlende Zeit und zu viel Alltagsgeschäft (31 Prozent): Zeit ist im Unternehmensalltag knapp – doch genau die braucht es für Kreativität und Ideenentwicklung. So müssen neue Ansätze oder Produkte im Laufe eines Entwicklungsprozesses erdacht, verworfen und überarbeitet werden.
Alle drei genannten Punkte zeigen, wie wichtig die Unternehmenskultur und passende Rahmenbedingungen für ein zukunftsweisendes innovatives Umfeld sind. Denn erst, wenn ein Raum geschaffen wird, in welchem Kreativität sowie Experimentierfreude möglich sind, und Mitarbeitende auf dem Weg der Lösungsfindung auch scheitern dürfen, profitieren alle.
Wie holen sich Unternehmen ihre Entwicklungspower zurück?
Unternehmen können sprichwörtlich einiges dafür tun, die Segel neu zu setzen. Denn, wer heute noch am Status Quo festhält, wird scheitern. An welchen Stellschrauben können Verantwortliche drehen, um nachhaltiges Wachstum zu generieren und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken?
Offene Unternehmenskultur
Stillstand, starre oder bürokratische Strukturen und Hierarchien sind der Innovationstod. Vielmehr braucht es eine offene und flexible Unternehmenskultur mit kurzen Entscheidungswegen und einer wertegeprägten, ehrlichen Kommunikation. Agile Arbeitsweisen über Abteilungsgrenzen hinweg, Offenheit gegenüber neuen Technologien und divers geprägte Teams mit einem vielfältigen Skill-Set sind wichtige Grundlagen dafür, um mit den disruptiven Veränderungen in unserer schnelllebigen Zeit Schritt zu halten. Unternehmen, denen es gelingt, Strukturen, kreative Freiräume und interdisziplinäre Teams zu etablieren, schaffen ein Umfeld, das abseits ausgetretener Pfade Innovationen fördert.
Dynamisches Führungsverständnis
Geht es darum, eine zukunftsorientierte Unternehmenskultur zu schaffen, ist die Rolle der Führungskräfte erfolgsentscheidend. Es ist ihre Verantwortung als Vorbild für eine Arbeitskultur zu sorgen, in der jede:r stets das bestmögliche Ergebnis erreichen will – natürlich müssen Chef:innen diesem Anspruch auch selbst gerecht werden. Zudem sollten sie flexibel, veränderungsbereit sowie offen für Neues sein und Wert auf kontinuierlichen Austausch sowie Weiterentwicklung legen. Solch ein vorgelebtes Mindset motiviert – und mit einem Team, das 100 Prozent Leistung zeigt, entfalten Unternehmen ihre volle Innovationsstärke.
Identifikation der Mitarbeitenden mit Unternehmenserfolg
Wer als Angestellter weiß, welchen wertvollen Beitrag er zum Unternehmenserfolg leistet, ist motivierter, engagierter und zufriedener im Job. Doch das ist in deutschen Unternehmen noch nicht an der Tagesordnung: Laut Studie zur Arbeitszufriedenheit fühlt sich lediglich jeder Vierte (25 Prozent) voll und ganz für den Unternehmenserfolg mitverantwortlich. Dabei sorgt gerade dieses Verantwortungsbewusstsein für die notwendige Motivation, um an neuen Ideen zu arbeiten. Transparente Entscheidungsprozesse und eine offene Kommunikation unterstützen das Vertrauen der Mitarbeitenden darin, gemeinsame Ziele zu erreichen und fördern deren Beteiligung sowie das Engagement.
Positive Fehlerkultur und Mut zum Scheitern
Bloß nicht scheitern – dies ist für viele Unternehmen die Maxime. Dabei brauchen innovative Teams eine positive Fehlerkultur, die sich neben Mut im Sinne eines Entrepreneurships auch durch einen lösungsorientierten Umgang mit Fehlern auszeichnet. Wer Risiken eingeht, kann scheitern – wichtig ist, daraus zu lernen. Gefragt sind etablierte Prozesse, in welchen abgeschlossene Projekte hinsichtlich ihres Erfolgs und Misserfolgs analysiert werden und damit wertvollen Input für neue Projekte liefern.
Interdisziplinäre Teams mit vielfältigem Skill-Set
Unternehmen, die auf diverse und interdisziplinäre Teams sowie einen gezielten Mix aus internen und externen Mitarbeitenden setzen, profitieren von einer enormen Vielfalt an Erfahrung, Know-how, Perspektiven und Problemlösungsstrategien. Und auch für die Mitarbeitenden zeichnet sich eine cross-funktionale Zusammensetzung aus, denn es fördert das gegenseitige Verständnis, den Wissensaustausch und die gemeinsame Weiterentwicklung.
Damit das Gütesiegel „Made in Germany“ auch in Zukunft dem hohen internationalen Ansehen gerecht bleibt, sollten sich Unternehmen eine produktive Innovationskultur sichern. Dies gelingt dank zahlreicher Maßnahmen, wie einer flexiblen und offenen Unternehmenskultur, mehr unternehmerischem Mut, einer insgesamt höheren Risikobereitschaft sowie einer positiven Fehlerkultur, welche die Eigenverantwortung und das Engagement der Mitarbeitenden stärken.