Wenn es um IT-Projekte in Unternehmen geht, ist am Ende kaum jemand zufrieden: sie sind zu langsam, liefern zu wenig Business-Value und verschlingen jede Menge Geld. In Zukunft könnte sich dieses Problem durch den wachsenden Bedarf weiter zuspitzen.
Die Digitalisierung ist da – mit aller Macht, auf allen Ebenen. Seit Jahren investieren Unternehmen enorme Summen, um alte Backend-Systeme zu aktualisieren, moderne E-Commerce-Lösungen einzuführen und neue Technologien wie Künstliche Intelligenz einzusetzen. Unternehmen müssen dafür nicht nur ihre IT-Systemlandschaft erneuern, sondern auch die Effektivität und Effizienz ihrer IT Organisationen sicherstellen, um somit die Herausforderungen der Digitalisierung zu adressieren.
Die letzten Jahre haben diese Entwicklung radikal beschleunigt. Zuletzt hat die Covid-Pandemie deutlich gemacht, wie wichtig Digitalisierung ist. Der digitale Wandel legte den Turbo ein und mit dieser Entwicklung steigen die Investitionen in IT-Systeme. Wie die globale CEO Survey von PwC jüngst ergab, wollen knapp 69% in neue Technologien investieren, bei 60% davon, um neue Fähigkeiten zu erlangen.
Obwohl die globale Ökonomie derzeit strauchelt, zeigen Studien, dass Unternehmen in Zukunft deutlich mehr in ihre IT-Landschaft investieren werden. In diesem Jahr steigen die Ausgaben einer durchschnittlichen IT-Abteilung laut Gartner um 4,3 Prozent. Bis 2030 werden bis zu plus 40 Prozent Wachstum erwartet. Doch trotz dieser hohen Ausgaben rumort es auf allen Ebenen, es kommt zu Spannungen zwischen CEOs und CTOs – die Frustration ist teilweise hoch. Laut Untersuchungen gibt es drei Hauptgründe:
- Der Business-Mehrwert der IT-Investitionen ist zu niedrig. 71 Prozent aller CIOs berichten, dass die Geschäftsführung eine höhere Wertschöpfung von der IT fordert (Gartner, 2021).
- Die Umstellung ist zu teuer. 57 Prozent der CEOs sind sehr besorgt über die steigenden Ausgaben von IT-Projekten (IDC, 2022).
- Das Tempo ist zu langsam. Die ständige Verzögerung von IT-Projekten gehört zu den Faktoren, die am meisten Spannungen zwischen CEOs und CIOs fördern (Gartner, 2022).
Alles auf einmal – nur ohne Plan
Die Ursachen dieser Symptome liegen oft tief. Zum Beispiel starten viele Unternehmen ihre Transformationen in Silos – es fehlt an einer Business-IT-Strategie, die alle Bereiche mit einbezieht. Die erhofften Vorteile werden nicht realisiert. Das Ergebnis ist Frustration. Mangelnde Zusammenarbeit von IT und dem Rest des Unternehmens verstärken diesen Effekt.
Oft ist die Technologie komplex und veraltet oder die Prozesse und Dienste sind wenig harmonisiert. Hinzu kommt etwas, das wir im Gespräch mit unseren Kundinnen und Kunden gern als „Alles auf einmal-Syndrom” bezeichnen. Die Transformation soll möglichst schnell auf allen Ebenen gleichzeitig stattfinden, ohne jegliche Priorisierung. Das kann nicht funktionieren.
4 Handlungsoptionen für Verbesserung der IT Performance
Als Lösung empfehlen wir unseren Kunden vier einfache Handlungsanweisungen.
1. Prioritize! Platz für Innovationen schaffen
IT-Ressourcen sind limitiert und der Demand Backlog, inklusive ungesundem Verhältnis von reinen Wartungs-Jobs zu wichtigen Innovationen, ist lang. Die Lösung lautet Priorisierung. Statt nur das Bestehende zu verwalten, müssen kontinuierlich Zeitfenster für Innovationen sichergestellt werden. Mittel- und langfristig sollten IT-Abteilungen den Umfang der “technical debts” und somit die Wartungsaufwände verringern.
Diese Priorisierung der Umsetzungsprojekte sollte so faktenbasiert wie möglich erfolgen. Dazu müssen die Anforderungen erfasst werden und Indikatoren wie Arbeitsaufwand, Dauer, Kostenschätzungen und Business Mehrwerte enthalten. Im agilen Kontext ist diese Parametrisierung als “Weighted Shortest Job First” Methode etabliert. Die daraus abgeleitete Roadmap ist essentiell – an ihr entlang werden die Projekte überprüft, um konstanten Fortschritt, die richtige Priorisierung und entsprechende Wertschöpfung zu gewährleisten.
2. Collaborate! Business und IT besser verzahnen
In der Vergangenheit führten getrennte IT- und Business-Bereiche oft dazu, dass Abstimmungen zeitaufwendiger und ineffizienter waren. Das Resultat: Die Ergebnisse der IT waren teuer und entsprachen nicht den Anforderungen. Die Lösung ist eine engere Verzahnung und somit Kollaboration von IT und Business in einem integrierten Team. Dies muss nicht unmittelbar zu Änderungen der Organisationsstruktur führen, sondern kann durch virtuelle bzw. interdisziplinäre Teams abgebildet werden. Verantwortungen über beide Bereiche werden in diesem Modell gemeinsam getragen, um Prozesse agiler zu gestalten und bessere Entscheidungen zu treffen. Das ermöglicht, die Technologie nahtlos in die End-to-End-Geschäftsprozesse und das Produktmanagement zu integrieren.
3. Think global! Globales Talent-Ökosystem aufbauen
Neue Technologien erfordern neues Wissen. Mit der Digitalisierung werden hochqualifizierte Arbeitskräfte immer wichtiger. Eine Möglichkeit, auf Fachwissen und einen größeren Ressourcenpool zurückzugreifen und zu bündeln, ist ein effektives Partner-Ökosystem, bspw. durch Ausbau von Near- und Offshoring und Shared Service Centern. Die Arbeit wird ausgelagert bzw. zentralisiert, um somit Kosten- aber auch Know-how-Effizienzen zu heben. Aber warum nur an Unternehmensstandorten suchen? Think global! IT-Zentren an mehreren Standorten ziehen neue Mitarbeiter:innen an. Durch den Trend zum Home Office ist es nicht mehr nötig, alle Talente an einem Standort zu vereinen. Die Zusammenarbeit findet zunehmend hybrid statt – physisch und virtuell. Das Ergebnis eines Teams zählt. Dafür müssen Informationsaustausch durch digitale Kollaborationsplattformen nahtlos möglich sein, egal an welchem Standort sich die Mitarbeiter:innen befinden.
4. Scale! Modulare sticht monolithische Zielarchitektur
Markt und Kundenanforderungen erfordern eine flexiblere, modulare IT-Architektur. Der Fokus sollte auf einem schlanken Kern für Finanz- und Warenwirschaftsprozesse mit einer Reihe von globalen Stammdatenstandards liegen. Differenzierung wird durch eine Modularisierung der Umsysteme erzielt, insbesondere bei jenen für die Customer Experience. Für E-Commerce-Anwendungen bietet sich ein von Gartner als “Composable-Commerce” beschriebener Ansatz an, in dem Systemlösungen schnell integriert, aber auch wieder ausgetauscht werden können. Dieser Ansatz erlaubt mehr Flexibilität, Skalierbarkeit und befähigt Unternehmen, effektiver auf veränderte Kundenbedürfnisse oder Marktbedingungen zu reagieren.
Ausblick: Schrittweises, aber konsequentes Vorgehen ist notwendig
Was bedeutet das nun für Unternehmen? Unsere skizzierten Handlungsanweisungen bieten eine Orientierung. Strategische Leitplanken helfen bei der Priorisierung der Business Values. Eine engere Verzahnung von Business und IT, aber auch eine bessere Parametrisierung der IT Projekte sollte schrittweise operationalisiert werden, beispielsweise bei der Umsetzung erster strategischer Projekte. Vereinfachung der Systemlandschaft und Aufbau des globalen Talente Ökosystems sind mittel-und langfristige Vorhaben, aber bedürfen umgehende Initialisierung mit der Erarbeitung eines individuellen Zielbildes.
Autoren: Till Unger, Director bei PwC Strategy& Deutschland, Zeno Lobe, Director bei PwC Strategy& Deutschland, Bernhard Skrittek-Deim, Director bei PwC Strategy& Österreich