Wir alle kennen die Klischees: Gute CEOs sind extrovertiert. Sie sind Selbstdarsteller. Sie sind risikofreudig. Aber sind diese weit verbreiteten Stereotypen tatsächlich wahr? Die Experten von Hogan Assessments, Spezialisten im Bereich Persönlichkeitstests und Führungskräfteentwicklung, haben drei wichtige Mythen identifiziert, die zu den Vorstellungen vom perfekten CEO beitragen, und untersucht, ob sich ein Erfolg in dieser Rolle wirklich auf diese allgemein verbreiteten Annahmen zurückführen lässt.
Mythos Nr. 1: Charisma ist die wichtigste Eigenschaft eines CEO
Auf die Frage, welche Eigenschaften einen perfekten CEO ausmachen, würden die meisten wohl mit Eigenschaften wie ehrgeizig, ergebnisorientiert, engagiert und vor allem charismatisch antworten. Charisma ist eine sehr attraktive Eigenschaft für eine Führungspersönlichkeit, aber es gibt eine starke Korrelation zwischen Charisma und Narzissmus. In der Tat besteht ein stärkerer Zusammenhang zwischen Charisma und Narzissmus als zwischen Größe und Gewicht. Wer selbstbewusst, intelligent, charismatisch, interessant und politisch versiert wirkt, wird in der Regel eher befördert. Sobald diese Personen jedoch in Führungspositionen sind, können sie eigennützige Entscheidungen treffen, riskante Wetten eingehen und folglich Chaos und Ruin über ihr Unternehmen bringen. Sehr charismatische Führungspersönlichkeiten mögen in strategischer Hinsicht ehrgeiziger erscheinen, sind aber in ihrem Führungsverhalten weniger effektiv.
Während Charisma in der Regel mit beruflichem Erfolg korreliert, ist Bescheidenheit ein weitaus besserer Indikator für die Effektivität von Führungskräften. „Bescheidene Managerinnen und Manager kennen ihre Stärken und Grenzen, nehmen Feedback an, fördern die Zusammenarbeit und sind effektivere Führungskräfte“, erklärt Jackie Sahm, Vice President of Integrated Solutions bei Hogan Assessments. „Außerdem fördern bescheidene Führungskräfte eher das Engagement, binden gute Mitarbeiter an ihr Unternehmen und bleiben länger im Amt als ihre eher arroganten Kolleginnen und Kollegen. Die von ihnen geführten Unternehmen erzielen auch nach ihrem Ausscheiden noch gute Ergebnisse, da bescheidene Führungskräfte oft schon vor ihrem Ausscheiden für eine Nachfolgeplanung sorgen.“
Mythos Nr. 2: Ein echter CEO versagt nie
Egal, wie sehr wir uns bemühen, erfolgreich zu sein: Scheitern gehört zum Leben dazu. Wie CEOs mit Misserfolgen umgehen, sagt mehr über ihre Eignung aus, als die Tatsache, ob sie scheitern oder nicht. Für Unternehmen ist es von großer Bedeutung, wie wir aus unseren Erfahrungen lernen, und es ist ein wichtiger Faktor für den beruflichen und unternehmerischen Erfolg. „Viele CEOs nehmen Misserfolge falsch wahr und reagieren falsch darauf. Dadurch fällt es ihnen schwer, aus Misserfolgen zu lernen, und sie neigen eher dazu, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Wer zum eigenen Vorteil der Verantwortung für Misserfolge ausweicht oder sie anderen in die Schuhe schiebt, muss eher mit negativen Konsequenzen wie dem Vertrauens- oder Respektverlust von Kollegen und Mitarbeitern rechnen“, so Jackie Sahm. „Auf der anderen Seite, wer dagegen nicht belastbar ist oder zu viel Selbstkritik übt, kommt in seiner Karriere oft nicht weiter und tritt auf der Stelle.“
CEOs müssen diese Tendenzen erkennen und überwinden und aus persönlichen und beruflichen Fehlern lernen, um ein produktives Führungsumfeld zu schaffen und darin erfolgreich zu sein. Glücklicherweise kann man als CEO lernen, besser auf Misserfolge zu reagieren: Die Entwicklung von Selbstvertrauen, das
Einholen von Feedback bei vertrauenswürdigen Personen und die Übernahme neuer Strategien zur Bewältigung von Rückschlägen können dazu beitragen, künftig besser mit Misserfolgen umzugehen.
Mythos Nr. 3: CEOs sind übernatürliche Wesen
„Die besten CEOs zeichnen sich in der Regel durch vier Eigenschaften aus, die allesamt Vertrauen und Loyalität schaffen – und keine dieser Eigenschaften hat etwas mit übernatürlichen Kräften zu tun“, erläutert Jackie Sahm. „Sie zeigen ein gutes Urteilsvermögen, Integrität, Glaubwürdigkeit und Unterstützung.“ Gemeinsam ist diesen vier Eigenschaften, dass der „perfekte“ CEO in der Regel Vertrauen auf mehreren Ebenen schafft, indem er konkurrierende Anforderungen im Gleichgewicht hält. Diese stehen in einem komplexen Spannungsverhältnis zueinander: CEOs müssen visionär, aber bescheiden sein, ihre Mitarbeitenden unterstützen, aber sie auch zur Verantwortung ziehen, und sie müssen entschlossen und schnell handeln, aber auch gewissenhaft und korrekt. Die Rolle des CEO ist also paradox und gleicht einem Drahtseilakt. In Anlehnung an Darwin kann man sagen: Es ist nicht der Stärkste, der überlebt, und auch nicht der Intelligenteste. Es ist derjenige, der sich am besten an Veränderungen anpasst.