Digitalisierung, Globalisierung, Klimakrise und seit einiger Zeit auch Corona beschleunigen die Transformation der Wirtschaft in einem ungeahnten Ausmaß. Von Führungskräften in Unternehmen wird nicht nur langfristiges Denken erwartet, sondern zunehmend auch agiles Handeln und die Konzentration auf das Wesentliche.
So zumindest lautet ein weit verbreitetes Urteil über die Ökonomie der Zukunft. Angesichts von Krisen und Umbrüchen müsse alles schneller und flexibler sein. Aber entspricht diese These auch der ökonomischen Wirklichkeit? Um das zu überprüfen, nehmen wir im Fachartikel drei Studien unter die Lupe, die sich mit diesem Thema näher befassen und noch vor der Pandemie veröffentlicht wurden.
Agil oder irrelevant? Der „2019 Global CEO Outlook“ von KPMG
KPMG International hat mit über 1.300 CEOs von einigen der weltweit größten Organisationen gesprochen, um herauszufinden, wie sie die wirtschaftliche Lage insgesamt einschätzen und welche Einstellungen sie gegenüber dem Wandel der Wirtschaft haben.
Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Zwar sind 94 Prozent der Befragten optimistisch, was das Wachstum des eigenen Unternehmens angeht. Für die gesamte Weltwirtschaft gilt das aber nur für 62 Prozent. Über alle Organisationen hinweg gaben 67 Prozent der Befragten CEOs an, dass Agilität die neue Leitwährung in heftig umkämpften Märkten sei.
Demnach sei es keine Lösung, bestehende Geschäftsmodelle stur weiterzuverfolgen und auf bessere Zeiten zu hoffen. Stattdessen seien neue Verhaltensmuster gefordert: So gaben 84 Prozent der Befragten an, sie würden sich eine tolerante Fehlerkultur in ihrem Unternehmen wünschen. Ganz nach dem Motto: Wer weiß, dass er Fehler machen darf, riskiert auch mal etwas und entwickelt innovative Ansätze. Passend dazu strukturieren 84 Prozent ihr Führungsteam um, mit dem Ziel agiler zu werden.
Neue Geschäftsmodelle sollen dabei helfen, mit einer volatileren Umwelt besser umzugehen und die Widerstandskraft eines Unternehmens in stürmischen Zeiten zu erhöhen. Doch wie sieht es hier im Detail aus? Hier ein paar Beispiele:
- 69 Prozent der Befragten CEOs gaben 2019 an, insbesondere eine Digitalstrategie sei notwendig, um Vertrauen bei den Stakeholdern zu schaffen. 2018 waren das erst 55 Prozent – das Thema gewinnt deutlich an Relevanz.
- 71 Prozent halten Datenschutz und -sicherheit für einen echten Wettbewerbsvorteil.
- 44 Prozent der Befragten wollen ihre Belegschaft weiterentwickeln, aber lediglich 32 Prozent schätzen Weiterbildungsmaßnahmen höher ein als technologische Investments.
- 16 Prozent der befragten Unternehmen setzen bereits Künstliche Intelligenz ein.
In der Summe erkennen die CEOs die Dynamik des Wandels und die Notwendigkeit aktiv zu werden. Auch ist die Bereitschaft zur Anpassung an die neuen Umstände durchaus vorhanden; gerade in der Digitalisierung werden enorme Potentiale erkannt. Dem gegenüber steht die Weiterbildung der eigenen Belegschaft oder der Einsatz von KI noch etwas zurück – beides mit Sicherheit Gebiete, die in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden.
Die Studie sollte hier zum Download verfügbar sein.
IBM Institute for Business Value: „Global C-suite Study”
Die Global C-suite Study hat ebenfalls den Wandel der globalen Ökonomie und die Einstellungen auf C-Level (Geschäftsführungs-Ebene) dazu untersucht, allerdings mit Fokus auf die Digitalisierung. Es wurden weltweit 13.000 CEOs dazu befragt, welche Werte sie aus Daten gewinnen, wie sie daraus Vorteile ziehen und wieweit ihre Pläne hierzu gediehen sind. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Vorreiter in Sachen Digitalisierung flexibler, innovativer und auch profitabler aufgestellt sind.
Ein paar Details: 62 Prozent der Befragten erkennen im technologischen Wandel den größten Einfluss auf ihre Organisation; mit 54 Prozent folgen schon etwas abgeschlagen allgemeine Marktdynamiken.
87 Prozent der Befragten erkennen große Vorteile von Daten insbesondere bei der Gestaltung kundenorientierter Prozesse. Eine gute Datenbasis würde dabei helfen, wieder den Menschen in den Mittelpunkt von Geschäftsmodellen zu rücken und für eine hohe Customer Experience zu sorgen.
Die Autoren der Studie haben die teilnehmenden Unternehmen in vier Gruppen sortiert; am einen Ende der Skala solche, die gerade mit der Digitalisierung beginnen, am anderen Ende Organisationen, die schon sehr weit in der Entwicklung sind. Zu diesen Vorreitern gehören demnach gerade einmal 8 Prozent der befragten Unternehmen. Nur eine kleine Minderheit schafft es, die Datenstrategie auf die allgemeine Geschäftsstrategie abzustimmen und daraus auch einen echten Mehrwert abzuschöpfen.
Von dieser Minderheit rechnen sogar 84 Prozent mit der Automatisierung von Entscheidungsprozessen in den kommenden Jahren. Daneben plant sie mit erhöhten Ausgaben für Künstliche Intelligenz (65 Prozent), Machine Learning (59 Prozent) und Robotic Process Automation (43 Prozent). Nicht zuletzt setzt eine starke Mehrheit dieser Gruppe (67 Prozent) auf einen unternehmensweiten Einsatz von Daten und einen möglichst reibungslosen Zugriff. Entsprechend legen 71 Prozent von ihnen Wert auf einen geregelten Umgang mit dem Datenmaterial und entsprechende Richtlinien.
Dabei gelten die Vorreiter nur als Speerspitze der digitalen Entwicklung, die sicher nicht zurückgedreht werden kann. Unternehmen, die in einem verschärften Wettbewerb bestehen wollen, werden perspektivisch nicht um die Digitalisierung herumkommen, wenn ihnen die Vorreiter nicht enteilen sollen.
Die Studie sollte hier zum Download verfügbar sein.
PwC: “23rd Annual Global CEO Survey: Navigating the rising tide of uncertainty”
Die jüngste der drei Studien, die 23rd Annual Global CEO Survey, wurde Anfang 2020 vor der globalen Ausbreitung der Pandemie veröffentlicht. PricewaterhouseCoopers hat darin 1.581 CEOs zu vielen Aspekten rund um die wirtschaftliche Entwicklung befragt. Schon zu diesem Zeitpunkt rechnete eine Mehrheit von 53 Prozent mit einem Abschwung. Insbesondere Überregulierung, Handelskonflikte, Klimawandel und digitale Bedrohungen wurden als größte Risikofaktoren eingestuft – von Covid19 noch gar keine Rede.
Generell herrscht eine große Sorge rund um das Thema Cyber Security. Auf der einen Seite wird der Bedarf an einem regulierenden Rahmen durchaus erkannt, auf der anderen Seite herrscht eine Furcht vor Überregulierung, die aus dem privaten Bereich gefordert wird, im schlimmsten Fall jedoch potentielle Geschäftsmodelle einschränkt. Ca. 70 Prozent der CEOs aus allen beteiligten Staaten rechnen mit einer stärkeren Regulierung von Netzinhalten, auch in den Sozialen Medien, und sogar damit, dass global dominante Internetkonzerne aufgespalten werden.
Betrachtet man die Ansichten von CEOs aus einzelnen Ländern, wird das Bild etwas diffuser: So meinen insbesondere deutsche (64 Prozent), britische (54 Prozent), US-amerikanische (51 Prozent) und kanadische (52 Prozent) CEOs, dass es Regierungen mit ihren Maßnahmen nicht gelingt, einen Ausgleich zwischen privaten Sicherheitsansprüchen und wettbewerbsorientierten Forderungen herzustellen.
Neben dem Bereich Digitalisierung sind es laut der Studie insbesondere der Klimawandel und der um sich greifende Fachkräftemangel sowie – daraus resultierend – der Bedarf an Mitarbeiterentwicklung, der den CEOs Sorgen bereitet. Insgesamt entsteht bei der Betrachtung der Ergebnisse der Eindruck einer großen Unsicherheit hinsichtlich der Regulierung der digitalen Zukunft.
Die Studie sollte hier zum Download verfügbar sein.
Erfolgreich bleiben in unsicheren Zeiten. Nur wie?
Alle drei Studien zeigen, dass die CEOs die Gegenwart als eine Zeit großer Risiken wahrnehmen. Insbesondere das Megathema Digitalisierung zwingt viele von ihnen zum Umdenken und Umstrukturieren. Den meisten Unternehmen ist die unausweichliche Änderung zwar bewusst, aber so ganz klar scheint ihnen noch nicht zu sein, wohin die Reise geht.
Alles in allem stellt sich die Geschäftswelt als ein Spielfeld voller Unsicherheit dar. Für viele CEOs stellt sich nun die Frage, wie sie ihr Unternehmen erfolgreich durch diese herausfordernden Zeiten bringen können. Wenn schon die Risiken und Gefahren nicht beeinflusst werden können, so gilt es, zumindest die Lage des eigenen Unternehmens genau einschätzen und darauf aufbauend entsprechend steuern zu können. Ein kluges Instrument hierfür sind Key Performance Indicators (KPIs): Mit ihnen lassen sich wesentliche Geschäftszahlen und -statistiken einfach und auf einen Blick erfassen sowie Entscheidungen auf eindeutige Daten und Zahlen stützen.
Henrik Hausen, CEO bei all4cloud, https://all4cloudgroup.com/