Von der Digitalisierung der Industrie 4.0 geht der Wandel in der Produktion weiter zur optimalen Zusammenarbeit von Mensch und Maschine – die Basis hierfür legt eine individuelle Bereitstellung von Information an jedem Arbeitsplatz.
Dabei kann ein intelligentes Werkerassistenzsystem unterstützen: Neben den klassischen Funktionen kann es Wissensvermittlung mit KI-Chatbot und den Zugriff auf das Unternehmenswissen für den jeweiligen Mitarbeiter personalisieren. Damit steigen Effektivität und Produktivität im Shopfloor.
In der Industrie 4.0 wird die Produktion durch eine Vernetzung von Mensch und Maschine digitalisiert und automatisiert – der Fokus liegt hier auf der physischen Arbeit. In der Industrie 5.0 verschiebt er sich auf die intelligente Zusammenarbeit und ihre Optimierung. „Damit werden Wissen und Informationen zum zentralen Faktor“, sagt Friedrich Steininger, Managing Director der DE software & control GmbH, die sich auf innovative Lösungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine auf industrieller Shopfloor-Ebene spezialisiert hat. Er fügt jedoch eine Warnung hinzu: „Mit dem Fachkräftemangel, dem demografischen Wandel und dem damit einhergehenden Generationenwechsel geht allerdings wertvolles Wissen verloren, das sich über Jahre im Shopfloor aufgebaut hat – es wird in der Regel weder verschriftlicht, noch dokumentiert.“
Hinzu kommt, dass Mitarbeiter oft mit veralteten, nicht vollständigen oder falschen Arbeitsanweisungen arbeiten; Stücklisten oder Arbeitspläne können daher fehlerhaft sein. „Solche Probleme werden in der Regel nicht an die Arbeitsvorbereitung rückgemeldet, da das in der klassischen Fertigung zu umständlich ist“, erläutert Steininger. „Insgesamt sind auch die Erstellung und Aktualisierung von Arbeitsanweisungen umständlich.“
Wissensmanagement muss etabliert werden
Eine weitere Hürde bei der Wissensvermittlung stellt sich beim Onboarding, denn die Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist ressourcenintensiv. Es muss u.a. ein Mitarbeiter zur Verfügung stehen, der neue Mitarbeiter einweist und schult; ggf. behindern aber Sprachbarrieren das Verständnis zwischen Einweiser und neuem Kollegen. Sind die Schulungen zudem didaktisch ungeschickt aufgebaut, indem z.B. Arbeitsschritte unübersichtlich angeleitet werden, überfordert dies den neuen Mitarbeiter. Es besteht dann bei ihm die Tendenz, die Inhalte nicht nachhaltig und richtig anzuwenden oder sie gar zu ignorieren.
Dazu kommen beim neuen Mitarbeiter Hürden psychischer Art, wenn z.B. der Vorarbeiter oder Meister die gleiche Frage mehrfach beantworten soll. Stellt ein neuer Mitarbeiter keine Verständnisfragen, weil er sich womöglich keine Blöße geben will, macht er als Werker später im Prozess Fehler oder arbeitet langsamer. „Gerade bei stark variablen Arbeitsanforderungen ist die Abhängigkeit von menschlichen Einweisern nach wie vor groß“, so Andreas Tobisch, operativer Geschäftsführer (COO) bei DE software & control.
Für Unternehmen ist es daher an der Zeit, sich von früheren Arten der Mitarbeiter-Einweisung, den mit ihnen verbundenen Verständnisproblemen und Hürden in der Wissensweitergabe unabhängig zu machen. Das hat zunächst zur Folge, das vorhandene Wissen archivieren zu müssen, damit es erhalten bleibt und weitergegeben werden kann. „Außerdem, und das ist noch wichtiger, ist es, das Wissen automatisch zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen“, ergänzt Tobisch. „Nur so kann die Automatisierung der Erhaltung und Weitergabe unternehmensinternen Wissens gelingen.“ Dem Wissensmanagement kommt damit eine gewichtige Rolle in der industriellen Arbeit zu, denn: „Da der einzelne Mitarbeiter die Wertschöpfung sicherstellt, stellt er das wertvollste Glied in der Produktion dar. Dafür muss er entsprechend mit den besten Werkzeugen ausgestattet werden – und da gehört das Wissen mit dazu.“
Rolle und Einsatz digitaler Werkerassistenzsysteme
In der Wissensvermittlung und -bereitstellung können digitale Werkerassistenzsysteme eine entscheidende Rolle spielen: „In Produktionsumgebungen assistieren sie dem Menschen bei physischen Aufgaben, stellen ihm Informationen für den nächsten Handgriff oder den nächsten Prozess zur Verfügung“, erläutert Steininger. „Wo es bisher um die Visualisierung von Arbeitsschritten ging, werden sie künftig der breiten Informationsbereitstellung dienen und den individuellen Arbeitsplatz mit ‚smartness‘ ausstatten.“
So kombiniert z.B. workstAItion 5.0 von DE software & control, das für produzierende Unternehmen konzipiert wurde, hierfür Sprach- und Bilderkennung mit künstlicher Intelligenz. Die Basis stellen Arbeitsanweisungen dar, die im System abgebildet sind. workstAItion 5.0 erkennt automatisch den aktuellen Mitarbeiter und bereitet Arbeitsanweisungen mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen individuell für ihn in Form von Text, Bild und Videos auf.
Ein KI-gestützter Chatbot (Large Language Modell) ergänzt die klassischen Funktionen. Der Werker kommuniziert mit dem Chatbot, indem er eine Spracheingabe über ein Mikrofon oder eine Texteingabe durchführt und erhält vom System eine Antwort. Der Chatbot kombiniert dafür arbeitsplatzspezifisches Wissen, das auf die Arbeitsanweisungen zurückgeht, mit Firmenwissen. workstAItion 5.0 ermöglicht es somit, dass der Arbeitsplatz im Sinne der Industrie 5.0 mit dem Werker bidirektional kommuniziert: „Informationsvermittlung ist damit keine Einbahnstraße mehr“, so Tobisch. Der Chatbot ist zudem ein unkomplizierter Weg für die Belegschaft, Probleme mit den Anweisungen mitzuteilen. Unmittelbar bei Erkennen eines Problems oder eines Fehlers in einer Anweisung kann der jeweilige Mitarbeiter dies entsprechend über das System melden. So lassen sich Korrekturen durchführen und die Arbeitsprozesse des Werker-Arbeitsplatzes iterativ und sicher verbessern.
„Je genauer und korrekter die Instruktionen sind, desto effizienter gestaltet sich die Arbeit jedes Werkers“, sagt Steininger. „Denn der Werker kann jederzeit die relevanten Informationen an der passenden Stelle im Prozess abrufen – übersetzt in seine Muttersprache, sodass die Sprachbarriere wegfällt.“ Auch die Wissensdokumentation wird vereinfacht: Aus Schulungen können zum Beispiel Videos erstellt und daraus textuelle und bebilderte Anweisungen generiert werden. Mit Speech-to-Text-Technologie kann zudem der redaktionelle Aufwand für Erstellung und Aktualisierung von Arbeitsanweisungen insgesamt reduziert werden. „Für das Onboarding bedeutet das, dass das Wissen von Fachkräften in der Station gespeichert und damit an jedem Arbeitsplatz in digitaler Form vorhanden ist“, betont Tobisch. „Es bedarf keiner menschlichen Einweisung, das Gerät beantwortet auch wiederholte Fragen und urteilt nicht. Damit sinkt die Abhängigkeit von Fachpersonal im Einweisungsprozess und die Onboardingzeit verkürzt sich deutlich.“
Steigerung der Effizienz durch Fehlervermeidung
Die gezielte Wissensbereitstellung in Kombination mit der Integration von Geräten wie Lasern, Schraubsystemen, Waagen oder Pick-by-Light-Modulen in das Werkerassistenzsystem erlaubt es, auch spezifische Probleme zu lösen, etwa wenn ein Bauteil vergessen, eine falsche Komponente verbaut oder zwar das richtige Teil verwendet, aber falsch installiert wurde.
Im laufenden Prozess wird dafür der Mitarbeiter durch den Prozess geführt, indem zum Beispiel ein Lasersystem die korrekte Positionierung von Bauteilen millimetergenau vorgibt und die Geometrien für die richtige Montage anzeichnet. Ein Pick-by-Light-Gerät an den Behältern für Einzelteile wie Muttern oder Schrauben markiert die richtige Entnahmebox; der Werker muss dann bspw. ein Lichtsignal quittieren, um den nächsten Schritt vornehmen zu können. Ein Kamerasystem gleicht die montierte Baugruppe schließlich mit einem Referenzbild ab und zeigt ggf. Fehler auf; erst, wenn die Endprüfung erfolgreich war, kann die nächste Montage angestoßen werden.
So lassen sich Produktionsfehler fast vollständig verhindern, indem der Prozess abgesichert und dokumentiert wird. Die Produktivität steigt und gleichzeitig verkürzen sich Takt- und Durchlaufzeiten. „Außerdem entfallen dadurch auch langwierige und aufwändige Arbeiten, sollten Werkern Fehler unterlaufen“, fügt Tobisch hinzu. „Man stelle sich nur einmal vor, die Herstellung einer Baugruppe nimmt für gewöhnlich eine ganze Woche in Anspruch – unterläuft da ein Fehler, muss die gesamte Gruppe demontiert werden, um den Fehler zu beheben.“ Noch gravierender wirkt sich dies aus, wenn ein Produktionsfehler erst nach Auslieferung bemerkt wird, denn dies hat einen Produktrückruf und hohe Änderungskosten zur Folge. Mit workstAItion 5.0 lassen sich jedoch diese Risiken verringern, indem Fertigungsmängel und daraus resultierende Kosten von vornherein vermieden werden. Anwendung kann die Lösung branchenübergreifend vor allem in der Automobilindustrie, dem Möbelbau, der elektromechanischen Fertigung oder dem Sondermaschinenbau finden.
Fazit
Ein intelligentes Werkerassistenzsystem wie workstAItion 5.0 stellt dem Mitarbeiter Informationen für seine Tätigkeit individuell zusammen und leitet ihn in Echtzeit durch seine Aufgaben – basierend auf Informationen aus den Arbeitsanweisungen, Unternehmens- und allgemeinem Wissen. Ein KI-Chatbot erlaubt dabei eine bidirektionale Kommunikation. Damit sinkt die Fehlerquote in der Produktion, während zugleich die Produktivität steigt. Arbeitsanweisungen können durch den Input verbessert, Unternehmenswissen gesichert und die Einarbeitung und Schulung am Arbeitsplatz vereinfacht werden.