Ein Stau bei der Anfahrt zum Kunden, eine Verzögerung bei der Reparatur vor Ort oder die Absage eines Kunden: täglich werfen spontane Ereignisse die Einsatzplanung von Disponenten im technischen Kundenservice durcheinander und verursachen einen enormen Aufwand bei der Umplanung von Terminen.
Techniker müssen Überstunden leisten, Termine müssen nach hinten verschoben und Kunden auf andere Tage vertröstet werden.
Wäre es nicht wunderbar, wenn wir ein bisschen in die Zukunft sehen könnten und Termine präziser planen könnten? Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence) und Machine Learning ist dies heute schon möglich!
Was bedeutet künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning?
Künstliche Intelligenz (KI) oder Artificial Intelligence (AI) ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem maschinellen Lernen befasst. Dabei geht es darum, menschliches Denken und Lernen auf Computer zu übertragen. Zu diesem Zweck werden Computer mit sehr großen Datenmengen „gefüttert“ und mit einem Algorithmus trainiert, bis sie selbst eigenständig Probleme lösen und Entscheidungen treffen können.
Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning in Industrie und Alltag
Wir alle kennen und nutzen heute schon täglich künstliche Intelligenz, ohne dass wir uns dessen immer bewusst sind: Sprachassistenten, Fahrassistenzsysteme, Gesichtserkennung auf dem Smartphone, Musik- oder Filmvorschläge auf Streaming-Plattformen, Anzeigen und Nachrichten auf Facebook – KI vereinfacht uns heute unser Leben schon in vielen Bereichen.
Auch in der Industrie kommt KI immer häufiger zum Einsatz. Im Bereich der Instandhaltung kann die Auswertung von Sensordaten (Predictive Maintenance) durch ML-Algorithmen frühzeitig Erkenntnisse zu bevorstehenden Ausfällen liefern. Abweichungen bei der Temperatur und beim Druck von Ölpumpen können dabei zum Beispiel als erste Anzeichen für Ausfälle gewertet werden. Auch bei der Qualitätskontrolle kann AI unterstützen. Mit Hilfe von hochauflösenden Kameras und Objekterkennung auf Basis von KI lassen sich präzise Qualitätskontrollverfahren etablieren.
In der Energiebranche können Stromversorger durch die Analyse von historischen Daten des Energieverbrauchs Vorhersagen für den zukünftigen Energiebedarf treffen und Ressourcen besser planen.
Nutzenpotenziale von künstlicher Intelligenz im Field Service Management
Auch der Bereich Einsatzplanung und Auftragsabwicklung im technischen Service bietet ein großes Potenzial für Verbesserungen durch künstliche Intelligenz. Der Nutzen und die Anwendung lässt sich am Beispiel der Optimierung von Planzeiten sehr gut veranschaulichen.
Die Planzeit ist die Sollzeit, die ein Disponent für einen bestimmten Auftrag im technischen Kundenservice veranschlagt. Diese Planzeiten beruhen entweder auf der Erfahrung des Disponenten oder sind in dem Tool zur Einsatzplanung des Unternehmens je nach Art eines Auftrags hinterlegt. Ziel einer optimalen Planung ist, dass die Sollzeiten möglichst wenig von den tatsächlichen Ist-Zeiten abweichen. Je mehr Aufträge ein Techniker pro Tag erledigt, desto komplexer wird jedoch die Planung. Denn der Techniker soll während seines Arbeitstages weder Leerlauf zwischen den Terminen haben noch Überstunden machen müssen.
Die Planzeiten werden allerdings von vielen verschiedene Faktoren beeinflusst, die variieren können oder vorab gänzlich unbekannt sind, wie eine schwere Zugänglichkeit der Anlage oder technische Schwierigkeiten bei der Reparatur. Die Planzeiten werden allerdings meist nur anhand der Auftragsart und einmalig im System festgelegt. Deswegen weichen die tatsächlichen Ist-Zeiten bei vielen Unternehmen von den Planzeiten ab.
Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz lässt sich die Fehlerquote bei den Planzeiten deutlich senken. Dafür wird ein Algorithmus mit möglichst vielen historischen Aufträgen trainiert. Darin enthalten sind Auftragsdaten wie Ist-Zeiten, Kunde, Auftragsobjekt und -art, Meldungsart, Auftragsadresse, Wochentag und Uhrzeit, Material sowie weitere relevante Auftragsdaten.
Bei der Planung von neuen Aufträgen greift der Algorithmus auf die Erkenntnisse aus den historischen Daten zurück. Durch den Einsatz des Algorithmus lässt sich – abhängig von der jeweiligen Branche, der Anzahl der Aufträge und Techniker – etwa eine 50 Prozent niedrigere Fehlerquote erreichen. Dies bedeutet zum Beispiel bei einem Aufkommen von 100.000 Servicestunden in einem Unternehmen und einer Fehlerquote von 20 Prozent, dass sich mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die jährliche Fehlersumme der Planzeiten von 20.000 auf 10.000 Stunden reduzieren lässt.
Mögliche Einsparpotenziale durch optimierte Planzeiten
Durch den Einsatz eines KI-Algorithmus bei der Einsatzplanung und eine deutlich niedrigere Fehlerquote der Planzeiten können Unternehmen somit folgende Einsparpotenziale erzielen:
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15 bis 30% Einsparung von Arbeitszeit in der Disposition: Durch die Verbesserung der Planzeiten fallen nur noch halb so viel arbeitsintensive Umplanungen von Aufträgen für die Disponenten an. Dies umfasst auch die gesamte Kommunikation mit Kunden, Technikern und Dienstleistern sowie die Materiallogistik. Je mehr Einsätze ein Unternehmen pro Tag plant, desto mehr profitiert es von der Optimierung durch die künstliche Intelligenz.
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5 bis 25% bessere Auslastung der Techniker: Auch die Auslastung der Techniker verbessert sich durch den Einsatz von KI. Durch die realistischere Planung der Aufträge entsteht einerseits weniger Leerlauf, andererseits fallen weniger Überstunden an.
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90% Einsparungen bei der Analyse: Planzeiten sollten regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Durch den Einsatz von AI entfällt die manuelle Analyse der historischen Plan-/ Ist-Zeiten zur Festlegung von Plandauern komplett. Es entstehen lediglich Aufwände für das initiale Training des Algorithmus sowie dessen für fortlaufende Verbesserung
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Verbesserung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit: Die optimierte Auslastung der Servicetechniker, weniger Überstunden und weniger Stress wird sich auch in der Mitarbeiterzufriedenheit niederschlagen. Kunden freuen sich über eine bessere Termintreue und ausgeglichenere Servicetechniker.
Weitere Einsatzmöglichkeiten von KI im Field Service Management
Die Einsatzmöglichkeiten von KI im Field Service Management sind vielfältig und beschränken sich nicht auf die Optimierung von Planzeiten. Sie reichen von einem verbesserten Ersatzteilmanagement über Hilfestellungen für den Techniker bei der Problemlösung und dem Upselling beim Kunden bis zur Kundenkommunikation über Chatbots. Die Basis für alle Anwendungsfälle ist dabei immer die Auswertung von historischen Daten und die daraus resultierende Prognose beziehungsweise Empfehlung für zukünftige Handlungen.
Hannes Heckner, CEO und Gründer der mobileX AG
www.mobilexag.de/de