Industrie 5.0: anthropozentrisch, zukunftsorientiert und fruchtbar

Die Industrie 5.0 ist (noch) kein heißes Diskussionsthema, ebenso wenig wie die industrielle Revolution, die sie verspricht. Jegliches Interesse an der Technologie soll die Industrie lediglich in die Lage versetzen, gegenwärtige Produktivitätskonzepte zu überwinden und den neuen Anforderungen der Gesellschaft besser gerecht zu werden. Der Ansatz ist sicherlich zukunftsorientiert, aber einige Aspekte – einschließlich der industriellen Cybersicherheit – sind bereits heute hochaktuell.

Ist es verfrüht, über 5.0 zu sprechen?

Von Industrie 5.0 in einer Zeit zu sprechen, in der Unternehmen durch die Gesundheitskrise angeschlagen sind und in einem unsicheren geopolitischen Umfeld agieren, löst zumindest eine gewisse Ratlosigkeit, wenn nicht gar Spannung aus. Es gab jedoch noch nie einen besseren Zeitpunkt, um die Fähigkeit der europäischen Industrie zu analysieren, ihre Methoden so weiterzuentwickeln, dass sie im Fall von ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen widerstandsfähiger sind.

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Grundsätzlich stößt das Konzept auf eine gewisse Skepsis. Unter den Industrievertretern haben nur wenige davon gehört, andere weisen schmunzelnd darauf hin, dass bereits die Ziele von 4.0 eine Herausforderung für sich sind: Bevor man rennen kann, muss man laufen lernen. Zugegebenermaßen könnte die Bezeichnung Industrie 5.0 vielleicht irreführend sein, denn sie suggeriert eine sequenzielle Abfolge. Die Europäische Kommission befasst sich in ihrem Anfang 2022 veröffentlichten Bericht „Industrie 5.0 – Auf dem Weg zu einer nachhaltigen, auf den Menschen ausgerichteten und widerstandsfähigen europäischen Industrie“ genau mit diesem Thema. Das Dokument ist das Ergebnis einer umfassenden Konsultation und zielt darauf ab, die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Herausforderungen zu erfassen, die einen entscheidenden Einfluss auf die Industrie der Zukunft haben werden. Industrielle Revolution 5.0 bedeutet Koexistenz von Paradigmen und Komplementarität: Das europäische Ziel beruht hauptsächlich auf der Sensibilisierung und soll die Industrie von Paradigmen abbringen, die auf dem Streben nach einer Produktivität fußen, die sich als nicht nachhaltig und als unzureichend erwiesen hat.

Die Industrie leistet mit einem Anteil von 20 % am BIP der EU den größten Beitrag zur europäischen Wirtschaft. Daher muss man nun in der Lage sein, zu reagieren, bevor sie zu einem Koloss auf tönernen Füßen wird, der sich im Fall einer weiteren globalen Krise nicht mehr erholen kann.

Berufe, Reindustrialisierung und Ressourcenschutz

Die europäische Industrie ist aufgefordert, ihre Aufmerksamkeit auf die Menschen zu richten und sowohl nachhaltig als auch widerstandsfähig zu werden. Daraus ergibt sich ein zweifacher Anspruch: Zum einen soll die Reproduktion veralteter Produktionsmodelle vermieden und zum anderen eine Reindustrialisierung vorangetrieben werden, die in Europa nur schwer in Gang kommt.

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Die Industrie 4.0 hat in die Fahrpläne der Unternehmer eine äußerst wettbewerbsfähige technisch-wirtschaftliche Vision eingebracht, deren transformative Auswirkungen bereits in allen Gesellschaftsschichten zu spüren sind. Die Einführung und Verbreitung von Technologien (Sensoren, Daten, künstliche Intelligenz, Automatisierung) verändern die Arbeitsabläufe, die Rolle des Menschen und die Art des Ressourceneinsatzes radikal. Ziel von Industrie 5.0 ist es, die durch die Innovation hervorgerufenen Veränderungen auf schädliche Auswirkungen zu untersuchen und letztere zu mildern. Außerdem lautet das Vorhaben, vor allem der Rolle der Industrie in der Gesellschaft als Quelle echten sozialen, ökologischen und kollektiven Wohlstands neuen Glanz zu verleihen.

Aber so weit sind wir noch nicht. Obwohl die Branche eine wichtige Beschäftigungsquelle ist, leidet sie unter einem zunehmenden Verlust des Interesses an den von ihr angebotenen Berufen. Einige Absolventen eines der renommiertesten Pariser Ingenieurinstitute für Agrarindustrie (Agro Paris Tech) fordern dazu auf, ihre erlernten Berufe aufzugeben. Das ist Ausdruck des wachsenden Wunsches der jungen Generation, es im Namen der globalen Ökologie besser zu machen, und der Notwendigkeit, dem Berufsleben einen Sinn zu geben. Wie die Arbeitsvermittlungsagenturen bestätigen, lehnen die Absolventen die berufliche Zukunft, die sie erwartet, ab und fordern ein Überdenken aller derzeitigen Produktionsmethoden. Ohne die nächste Generation von Ingenieuren, Technikern und Arbeitnehmern wird die europäische Industrie den Übergang in die einzig mögliche Zukunft nicht schaffen: eine nachhaltige, lokale und dauerhafte.

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Der Bedarf an einem physischen und virtuellen Rahmen des Vertrauens

Die Europäische Union möchte das Paradigma Industrie 5.0 mit modernster Technik verwirklichen und die angebotenen Berufe wieder attraktiv machen. Dies geht einher mit dem Gedanken, dass diese „neue Normalität“ (in den Worten des Berichts) den bereits eingeschlagenen Weg im Lichte neuer Herausforderungen bereichern soll, anstatt seine Grundlagen zu erneuern.

Individualisierte Mensch-Maschine-Interaktion, Biomimikry und intelligente Materialien, digitale Zwillinge und Simulation, Datenübertragungs-, Datenspeicherungs- und Datenanalysetechnologien, künstliche Intelligenz, Energieeffizienz und Technologien für erneuerbare Energien: Das Ziel ist es, neue Attraktivität mit klimatischen und sozialen Herausforderungen zu verbinden.

Und das Herzstück all dieser Technologien sind Daten. Daten, die helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, besser zu verstehen, Ressourcen besser und sparsamer zu verbrauchen und die Zukunft im Einklang mit den europäischen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit zu bewältigen, während gleichzeitig die Menschen und ihre Bedürfnisse gänzlich berücksichtigt werden. Selbst wenn das Industrieunternehmen 5.0 derzeit nur auf dem Papier existiert, da es tief in seinen 4.0-Paradigmen verwurzelt ist, ist die Fokussierung auf Sicherheitsaspekte bereits heute mehr denn je erforderlich, um ein dauerhaftes Vertrauen aufzubauen.

Die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine bedarf in erster Linie solider Sicherheitstechnologien, um Fuß zu fassen und andererseits die Sicherheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Das Vertrauen in die Robotik, die die Mitarbeiter unterstützt und ihnen zur Seite steht, würde angesichts von Cyberangriffen, die das Verhalten von Robotern möglicherweise verändern, blitzschnell schwinden. Und die Fronten sind endlos. Vorausschauende Wartung, Qualitätssicherung von Prozessen, die Robustheit der zugrunde liegenden Netzinfrastruktur, die Zuverlässigkeit der Daten, auf denen künftige Entscheidungen beruhen werden: All dies sind Herausforderungen, die heute angegangen werden müssen.

Die Ausstattung robotisierter, automatisierter, vernetzter und verteilter Unternehmen mit echter Cybersicherheit verbessert ihre digitale Intelligenz und die Erfolgsaussichten nicht nur des von der EU befürworteten Sozialmodells.

Vincent

Nicaise

Leiter Industriepartnerschaften

Stormshield

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