Die fünf größten Fehler in IoT-Projekten

Möchte ein Unternehmen das Potenzial des Internet der Dinge für sich ausschöpfen, bedeutet dies viel Arbeit und oft auch Frustration – die technischen, kaufmännischen und kulturellen Herausforderungen sind vielfältig. Bis eine IoT-Lösung erfolgreich am Markt etabliert ist, gilt es viele Entscheidungen sorgfältig abzuwägen. 

Im Rückblick auf über 30 große IoT-Projekte sowie zahlreiche Beratungsmandate in diesem Bereich reflektiert der IoT-Dienstleister tresmo über typische Fehler aus seinen Erfahrungen.

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Das IoT wird Wirklichkeit: Insbesondere Anwendungen für den privaten Gebrauch wie Smart Home-Lösungen und autonomes Fahren sind omnipräsent in den Medien vertreten, wenngleich ihre Bedeutung in der Praxis noch sehr überschaubar ist. Das mit Abstand größte ökonomische Potenzial für IoT beziehungsweise Industrie 4.0 liegt jedoch – insbesondere in der deutschen Volkswirtschaft – im B2B-Bereich. Daher beschäftigen sich gegenwärtig die meisten großen Unternehmen intensiv mit den Möglichkeiten smarter Produkte, vernetzter Wertschöpfungsketten sowie neuer Services und Geschäftsmodelle.

In IoT-Projekten stößt man immer wieder auf die selben Fallstricke bei IoT-Vorhaben. Fünf besonders folgenschwere Fehler haben wir nachfolgend zusammengestellt:

1. Folgenschwere IoT-Plattformauswahl

IoT-Plattformen sind das zentrale Herzstück von IoT-Lösungen. Diese Software hilft bei der schnelleren Entwicklung individueller IoT-Lösungen, da sie elementare Bausteine standardisiert bereitstellt: Connectivity, Datenstandardisierung und -management, Datenvisualisierung, Device und Service Management, externe Schnittstellen, Entwicklungsunterstützung sowie Sicherheits-Features.

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Die Auswahl der “richtigen” Plattform für ein IoT-Vorhaben aus den mehr als 400 Angeboten am Markt ist jedoch eine gewaltige Herausforderung. Die Unterschiede sind vielfältig, beispielsweise in der technischen Ausrichtung, den angebotenen Funktionen, den unterstützten Technologien, der Skalierbarkeit und der Preisgestaltung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Marketingmaterialien der Anbieter dem Entwicklungsstand der Plattformen oft weit voraus sind. So kommt es, dass viele Unternehmen mitten in der Plattform-Implementierung feststellen, dass für ihr Vorhaben zentrale Technologien nicht ausreichend unterstützt werden, die Plattformkosten explodieren oder sie wettbewerbskritische Daten leichtfertig an einen Plattformanbieter weitergegeben haben. Eine solche Fehlentscheidung hat schon viele Projekte scheitern lassen und macht einen aufwändigen Plattformwechsel erforderlich – sechs- bis siebenstellige Mehrkosten und monatelange Verzögerungen der „Time to market” sind die Folge.

In der Praxis hat sich daher eine sorgfältige Plattformevaluation auf Basis von 60 bis 80 kritischen Parametern und einer systematischen individuellen Anforderungsanalyse bewährt, die mit erfahrenen, unabhängigen Experten durchgeführt werden sollte.


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2. Die Kunden vergessen

IoT-Lösungen werden oft auf Basis des technisch Möglichen oder aber rein von der Strategie der Anbieter her entwickelt. Beide Ansätze führen jedoch selten zum Erfolg, da die wichtigsten Stakeholder häufig nicht ausreichend im Projekt eingebunden werden: die Kunden. Die Folge sind zu komplizierte, unpraktische oder schlicht überflüssige Produkte und Services, die an den tatsächlichen Kundenbedürfnissen vorbei entwickelt wurden. Daher sollte jede (IoT-)Produkt- und Serviceentwicklung konsequent kundenzentriert erfolgen.

Was trivial klingt, führt jedoch in der Praxis zu enormen Herausforderungen, die Innovationsprojekte häufig scheitern lassen. Beispielsweise wird die Generierung von Verständnis über die eigenen Kunden oft an Marktforschungsagenturen delegiert, anstatt mit Design Thinking und ähnlich mächtigen Werkzeugen nah an und gemeinsam mit den Kunden Ideen zu generieren und Prototypen iterativ zu entwickeln. Jedoch auch ein zu enger Blickwinkel auf die Kunden kann ins Verderben führen, wie schon Henry Ford so treffend festgestellt hat: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, ‘Schnellere Pferde’.“

3. IT-Security vernachlässigen

Obwohl bei Kundenbefragungen zu IoT-Angeboten die Aspekte IT-Sicherheit und Datenschutz regelmäßig als “sehr wichtig” bewertet werden, lässt sich im tatsächlichen Kaufverhalten der Kunden weder eine entsprechende Zahlungsbereitschaft noch eine sorgfältige Selektion der Angebote nach diesen Kriterien beobachten. Stattdessen bestimmen in der Regel Preis, Bequemlichkeit und Funktionsumfang die Auswahl.

Daher schenken viele Unternehmen der IT-Sicherheit im IoT-Umfeld zu wenig Aufmerksamkeit – insbesondere in B2C-Branchen. Schließlich sollen die IoT-Angebote möglichst schnell an den Markt und das Budget ist knapp. Doch Vorsicht: Dringen Hacker in die IoT-Lösungen ein, können die Folgen verheerend sein: Produktionsausfälle, Datenspionage, Imageschäden – um nur einige Beispiele zu nennen.

Daher sollten in jedem Fall Mindeststandards wie beispielsweise eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die separate Speicherung von Nutzer- und Betriebsdaten oder die eindeutige Vergabe von Geräte-Kennungen umgesetzt werden.

4. Zu enge Perspektive auf Effizienz

Natürlich kann die Effizienz unternehmensinterner Prozesse signifikant von IoT-Ansätzen profitieren. Produktionsausfälle können verringert, Wartungskosten reduziert, Logistikkosten gesenkt und Losgröße 1 wirtschaftlich produziert werden.

Doch eine weitaus größere strategische Bedeutung für die meisten Unternehmen hat das Potenzial des IoT zur Schaffung zahlreicher neuer Services und der Transformation von Geschäftsmodellen. So kann beispielsweise ein Anlagenhersteller seinen Kunden einen vorausschauenden Wartungsservice (Predictive Maintenance) oder eine Zustandsüberwachung der Anlage (Condition Monitoring) als zusätzliche digitale Services anbieten und sich vergüten lassen. Weiterhin könnte er auch sein Erlösmodell vom traditionellen Verkauf der Anlage auf ein nutzungsbasiertes Modell auf Basis von Produktionsstunden umstellen, um seinen Kunden die Investitionsentscheidung und Finanzierung zu erleichtern und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Sogar erfolgsbasierte Modelle, welche die Vergütung für eine Maschine an ihre Verfügbarkeit koppeln, sind möglich.

5. Den Anschluss verlieren

Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und der Wohlstand unseres Landes hängen entscheidend davon ab, ob die vierte industrielle Revolution schnell verstanden und konsequent umgesetzt wird. Danach sieht es leider aktuell nicht aus, die deutsche Wirtschaft läuft auch bei dieser Digitalisierungswelle hinterher. Doch Medien, Musikindustrie und Handel waren nur die ersten Opfer der immer dramatischeren technologiegetriebenen Umbrüche, die sich durch alle Branchen fressen. Mit dem IoT erreichen sie nun auch deutsche Kernbranchen wie die Automobilindustrie, den Maschinen- und Anlagenbau oder die Elektroindustrie mit geballter Wucht. Tesla, Uber und Drohnentaxis sind nur einige wenige Beispiele dafür, wie radikal Branchen neu gedacht werden (müssen), wie tradierte Branchengrenzen verschwimmen und welche zentrale Rolle digitale Plattformen spielen werden. Wenngleich Maschinen, Geräte und Anlagen künftig trotz aller Digitalisierung weiter gebraucht werden, verschieben sich die ökonomischen Renten dramatisch – weg von der “Hardware”, hin zu den mächtigen digitalen “Gatekeepern”, die den Kundenzugang kontrollieren, eine einfache Integration in übergeordnete Systeme ermöglichen (Ökosysteme) und domänenspezifischen “Content” bündeln.

Daher müssen traditionelle Unternehmen jetzt mit Hochdruck effektive Strategien entwickeln und konsequent umsetzen, wie sie ihre bewährten Stärken mit neuen digitalen Kompetenzen und weiterentwickeln.

 

Jan RodigAutor: Jan Rodig, CEO, tresmo

Als CEO des IoT-Dienstleisters tresmo verantwortet Jan Rodig die strategische Beratung und Umsetzungsbegleitung zu IoT-Strategien und -Geschäftsmodellen für zahlreiche Industrieunternehmen. Gegründet 2012, entwickelt tresmo anspruchsvolle digitale Individuallösungen für mittelständische und international agierende Unternehmen wie BMW, Viessmann und Trumpf Werkzeugmaschinen. Jan Rodig engagiert sich darüber hinaus in der Initiative Plattform Industrie 4.0.

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