Warten auf die Transformation

Wenn Technologie ein intellektuelles Problem ist

Transformation

Beim Einsatz neuer Technologien wie Generativer Künstlicher Intelligenz zeigen sich mittelständische Unternehmen oft zögerlich. So ergab eine Umfrage der DZ Bank, dass 35 Prozent der Mittelstandsunternehmen in Deutschland, insbesondere die kleineren, noch wenig bis gar keine Erfahrung mit generativer KI haben.

Die Modernisierung der IT-Infrastruktur ist dabei die wichtigste Voraussetzung, um GenAI überhaupt effektiv nutzen zu können.

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Während große Konzerne in Deutschland ihre Systeme aktiv modernisieren, verharren viele Mittelständler in alten Strukturen – und genau hier liegt eine der größten Herausforderungen für den deutschen Mittelstand. Das eigentliche Problem ist dabei nicht nur der technische Schuldenberg, sondern auch die dahinterliegende intellektuelle Trägheit der Mittelständler.

Investitionen in Altes

In Deutschland verursachen Altsysteme und ineffiziente Prozesse erhebliche technische Schulden, die sich oft über Jahre hinweg angehäuft haben. In knapp einem Drittel der deutschen Unternehmen machen monolithische Altsysteme zwischen 25 und 50 Prozent der IT-Systeme aus. Besonders betroffen sind Unternehmen, die bereits seit vielen Jahren erfolgreich am Markt agieren.

Wie gut Unternehmen von den Vorteilen neuer Technologien – einschließlich der Nutzung generativer KI – profitieren können, hängt zunächst davon ab, ob sie in der Lage sind, den größtmöglichen Nutzen aus ihren bestehenden Systemen zu ziehen. Der hohe Anteil an Altsystemen führt häufig zu erhöhten Betriebskosten und Sicherheitsrisiken, da ein Großteil des IT-Budgets für die Wartung dieser veralteten Systeme verwendet wird. Um die Nutzung von GenAI-Tools zu ermöglichen, investieren deutsche Unternehmen zurzeit im Durchschnitt 2,1 Millionen Euro in die Modernisierung dieser Altsysteme. Mehr als ein Drittel der Organisationen plant sogar, bis zu 50 Prozent ihrer IT-Lösungen zu aktualisieren.

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Altsysteme beanspruchen nicht nur wertvolle Ressourcen für ihre Verwaltung und Modernisierung, sondern stellen auch ein erhebliches Risiko für Unternehmen dar. Man muss nicht weit schauen, um Beispiele zu finden – etwa der Crowdstrike-Ausfall, der den gesamten US-Flugverkehr lahmlegte. Laut Microsoft wurde die verzögerte Behebung des Problems durch eine mangelnde Modernisierung der IT-Infrastruktur bei einer bestimmten Fluggesellschaft verursacht.

Spezialfall: Mittelstand

Auch der deutsche Mittelstand hat seit Jahrzehnten in Altsysteme investiert und auf einheitliche Standardlösungen gesetzt, die zwar Risiken minimierten, aber gleichzeitig Innovationen ausbremsten. Dieser konservative Ansatz, der darauf abzielt, die Kosten und Infrastruktur so schlank wie möglich zu halten, führte zwar zu einem geringeren technischen Schuldenberg im Vergleich zu großen Konzernen. Doch gleichzeitig hat er eine intellektuelle Trägheit gefördert, die Unternehmen daran hindert, neue technologische Entwicklungen wie generative KI effektiv zu implementieren. 

Viele IT-Verantwortliche waren überzeugt, dass umfassende Suite-Lösungen der beste Ansatz seien. Der Gedanke dahinter: Bei Nutzung von Suite-Lösungen wird die Qual der Wahl, sich aus vielfältigen Lösungen die besten zusammenzustellen, überflüssig. Investitionen in mobile, kollaborative oder datengetriebene Tools galten lange Zeit als verzichtbar, weil sie nicht unmittelbar entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit schienen. 

In der heutigen zunehmenden heterogenen Technologielandschaft zeigt sich jedoch, dass diese Denkweise Unternehmen teuer zu stehen kommt. Der Mittelstand ist oft nicht in der Lage, moderne Technologien flexibel zu adaptieren, da es an spezifischem Know-how und strategischem Weitblick fehlt, um die Potenziale der neuen Technologien auszuschöpfen. Ein Kernproblem liegt darin, dass dem Mittelstand nicht nur die erforderlichen Kompetenzen fehlen, sondern auch die Menschen, die mit Erfahrung und Dynamik die Modernisierung der Altsysteme vorantreiben könnten.

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Strategien zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit 

Um neue Technologien erfolgreich implementieren zu können und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es die Herausforderungen durch Altsysteme sowie unzureichendes Datenmanagement zu bewältigen und eine Kultur der Offenheit gegenüber neuen Technologien zu entwickeln. Es ist unwahrscheinlich, dass das von heute auf morgen geschieht. Die eingangs erwähnten Studienergebnisse legen außerdem nahe, dass Mittelstandsunternehmen kaum all ihre Altsysteme vor der Nutzung von beispielsweise GenAI-Lösungen vollständig ersetzen können.

Der erste Schritt zur Modernisierung besteht in einer klaren Bestandsaufnahme der bestehenden IT-Infrastruktur und der Identifikation der Bereiche mit dem größten Modernisierungsbedarf. Letztlich wird eine Mischung aus alten und neuen Systemen bestehen bleiben – eine Situation, die robuste Integrationsstrategien erfordert, um Datenchaos und Insellösungen zu vermeiden. Es geht darum, Integrations-Pipelines zu erstellen und dadurch nahtlos unterschiedliche Systeme sowie Datenquellen zu verbinden. Dabei sollten Unternehmen auf Lösungen setzen, die eine schrittweise Transformation ermöglichen und den Übergang erleichtern. Der Aufbau von Teams aus erfahrenen Mitarbeitenden und jungen Talenten sowie deren gezielte Weiterbildung sind essenziell, um die nötigen Fähigkeiten im Umgang mit KI-gestützten Tools und anderen Technologien zu fördern.

Warum der Mittelstand jetzt handeln muss

Unternehmen, die weiterhin auf veraltete Systeme und Denkweisen setzen, riskieren, den Anschluss zu verlieren – nicht nur technologisch, sondern auch in Bezug auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Nur wer jetzt handelt, kann die Grundlagen schaffen, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Durch entschlossenes Handeln und strategische Investitionen kann der Mittelstand diese digitale Transformation nicht nur bewältigen, sondern auch aktiv mitgestalten.


Autor: Jeremiah Stone, CTO, SnapLogic 

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