Digitale Transformation ist ein mutiger Schritt in eine unbekannte Zukunft, der Zeit, Ressourcen und die richtigen Menschen braucht. Unternehmen, die diese Herausforderungen meistern, sichern sich Wettbewerbsvorteile im disruptiven Internetzeitalter.
Menschen, Innovationen und moderne Technologien sind die wichtigsten Zutaten für die Entwicklung digitaler Strategien. Eine neue Forschungsarbeit zeigt auf, welche Akteure für die Exploration neuer Möglichkeiten entscheidend sind.
Die Entwicklung einer „echten“ digitalen Strategie verlangt nach Mut, Ausdauer und drei wichtigen Ressourcen. Nach dem initialen Impuls braucht es Mut, der neuen Idee zu folgen, und es erfordert Ausdauer, um sie zum Erfolg zu führen. Die drei Ressourcen sind das Budget, die Akteure und natürlich Zeit.
Die Digitalisierung des Geschäftsmodells ist ein reines Innovationsthema. Unternehmen erlangen neue Ideen meist durch Explorationen, die ergebnisoffene Erkundung neuer Möglichkeiten. Es ist immer eine Investition in eine unbekannte Zukunft, welche im disruptiven Internetzeitalter den Fortbestand des Unternehmens sichern soll.
Die Digitalisierung verändert die Kosten, die Produktivität und den Customer Value. So besitzen digitale Plattformen neun Attribute, welche eine analoge Organisation niemals alle abdecken kann. Diese Attribute sind: direkt, erreichbar, präzise, transparent, einheitlich, dynamisch, allumfassend, unermüdlich und individuell. Sie können einzeln oder in Kombination wirken. Deshalb sollten alle Unternehmen diese neuen Möglichkeiten kennen und angehen, bevor sie zu einer Bedrohung werden.
Um diese Vorteile auf das eigene Unternehmen zu übertragen, braucht es besondere interne und externe Akteure, welche für den Erfolg zusammenarbeiten sollten. Vier Personengruppen sind essenziell für den geschützten Rahmen, die Konzeption, die Koordination und die Umsetzung. Also nach wem verlangt die digitale Transformation?
Menschen vor Technologie
Die Digitalisierung der eigenen Geschäftsmodelle wird oftmals mit moderner Technologie (Web, App und Cloud) gleichgesetzt. Die Studie zeigt jedoch klar, dass die Technologie nur der Auslöser für neue Möglichkeiten ist.
Zur Erklärung: Die Digitalisierung entspringt der Verschmelzung zweier Basistechnologien, dem Computer und dem Internet. Öffnen sich Unternehmen dem Internet, verbinden sie sich über ihre Plattform systemisch mit Kunden, Lieferanten, Partnern und anderen Plattformen.
Mithilfe von Algorithmen werden digitale Angebote – in Form eines selbst handelnden Agenten – entwickelt, die dem Kunden einen Mehrwert liefern. Diese Intelligenz beruht auf neuen Geschäftsmodellen und unterscheidet sich von den traditionellen Geschäftsmodellen analoger Organisationen. Zwei elementare Neuerungen zeichnen die Digitalisierung aus: die Öffnung zum Internet und die digitale Intelligenz. Die Handlungsempfehlung für Unternehmer, angehende Projektleiter und Interessierte lautet sehr prägnant
„Vergessen Sie die Technologie! Für das Internetzeitalter braucht es neue Ideen, und diese kommen von den Menschen.“
Die Studie zeigt auf, dass der Ursprung für den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg nicht in der Wahl einer Technologie oder den Versprechen der Technologieanbieter zu finden ist. Digitale Strategien basieren auf einem neuartigen Geschäftsmodell, welches den Bauplan für das neue digitale Angebot darstellt. Geschäftsmodelle werden von den Menschen im Unternehmen entwickelt und den Experten, die sie dabei anleiten. Der Aufbau und die Motivation des richtigen Teams sind mit Abstand die schwierigsten Aufgaben für das Vorhaben.
Vorteile digitaler Geschäftsmodelle
Steve Jobs, Gründer von Apple Inc., hat nie über einen traditionellen Schallplattenladen nachgedacht, als er die erste digitale Musikplattform iTunes entwarf. Seine Idee war es, sich dem Internet zu öffnen und die gesamte Musik der Welt den Menschen jederzeit, von überall und besonders einfach zum Download anzubieten.
Die Immanenz von digitalen Geschäftsmodellen beruht auf drei Eigenschaften: Ubiquität, Vernetzung und Intelligenz. Das Geschäftsmodell von iTunes besitzt diese drei Merkmale. Es ist jederzeit und von überall erreichbar (Ubiquität) und es ist vernetzt mit Endkunden, Musikern sowie Produzenten (Vernetzung). Zudem nutzt Apple durchdachte Algorithmen, welche die Musik verwalten, vermarkten und abrechnen (Intelligenz).
Apple sprengt mit seinem digitalen Angebot die physischen Begrenzungen des Schallplattenladens. Es zeigt sich, dass bereits zwei der neun Attribute digitaler Plattformen die Produktivität steigern. Die Plattform arbeitet rund um die Uhr und ist „unermüdlich“, denn es gibt keine Begrenzung in den Downloads. Sie bietet mit über 100 Millionen Songs ein „allumfassendes“ Angebot. Der Customer Value ist exponentiell gestiegen, die Produktivität ist nahezu unbegrenzt und die Kosten sind auf dem geringstmöglichen Level. Der Schallplattenladen hat keine Chance zu überleben, denn die digitale Welt folgt anderen Gesetzen.
Die Pseudo-Digitalisierung!
Viele Unternehmen starten IT-Projekte und betiteln sie plakativ als den Schritt in die digitale Transformation. Es bleiben aber klassische IT-Projekte, deren Ziel es ist, den Arbeitsaufwand und die Kosten zu senken. Die Projekte sind oftmals isolierte Verbesserungen innerhalb einer Abteilung oder für einen Teilprozess. Es fehlen klare Ziele, eine Strategie und der ganzheitliche Ansatz. Trotz allem sind diese Projekte wichtig, denn in der Summe aller Einzelinitiativen stärken Unternehmen sukzessive ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Die Investition in Prozesse und Systeme ist die „leichte“ Entscheidung, denn Unternehmen erzielen in der Regel eine spürbare Verbesserung. Die Vorhaben sind übersichtlich, kalkulierbar, beherrschbar, risikoarm und sichern den Status quo. Das Problem ist aber der Status quo, denn das alte analoge Geschäftsmodell wird gefestigt und die Möglichkeiten digitaler Geschäftsmodelle werden ignoriert.
Falsch sind die plakativen Überschriften, denn sie gaukeln eine Digitalisierung vor und liefern am Ende eine Pseudo-Digitalisierung. Unternehmer, Manager und Projektleiter zeigen sich immer neugierig, doch schnell kommen in den Gesprächen Zweifel und Unbehagen auf. Es fehlt ihnen an Wissen, an den Fähigkeiten und dem Bewusstsein für Veränderungen. Letztlich lehnen sie die Digitalisierung der eigenen Geschäftsmodelle als unvorstellbar ab. Das Resultat ist, dass die Pseudo-Digitalisierung floriert, denn sie ist immer die sichere Entscheidung. Alle Akteure kennen das Prozedere, fühlen sich wohl und sind zufrieden.
Horizonte bringen Transparenz
Das McKinsey 3 Horizon Framework beschreibt, wie Unternehmen die analoge Organisation stärken und die digitale Zukunft erkunden können. Das McKinsey 3 Horizon Modell ist ein strategisches Framework, das Unternehmen dabei hilft, ihre Ziele und Initiativen über einen Zeitraum von drei Horizon zu organisieren.
- Horizon 1 Projekte sichern den Status quo. Sie besitzen aber den Nimbus einer Pseudo-Digitalisierung, denn das Level der Geschäftsmodellentwicklung wird nie tangiert. Die Möglichkeiten der digitalen Transformation werden nicht aktiviert.
- Der Horizon 2 Ansatz sagt, dass bestehende Geschäftsmodelle um digitale Komponenten erweitert werden. Eine Möglichkeit ist die digitale Entwicklung der Außenbeziehungen. Das heißt, die Interaktion mit Kunden, Lieferanten und Partnern erfolgt durch den systemischen Austausch von Informationen.
- Für eine Horizon 3 Innovation analysieren Unternehmen ihre Kunden. Es gilt, die Motivation des Endkunden zu hinterfragen, einen höheren Nutzen (Preis, Zeit, Komfort, Ubiquität) zu stiften oder ein Problem des Kunden besser zu lösen.
Der Unternehmer entscheidet, welche Zielsetzung er bei der Entwicklung seiner digitalen Strategie wählt. Möchte er eine Verbesserung des operativen Geschäfts, bewegt er sich im Horizon 1. Wählt er die ergebnisoffene Exploration neuer Opportunitäten zur Sicherung der Zukunft seines Unternehmens, bewegt er sich in Horizon 2 oder 3.