Innovationen wurden schon immer skeptisch beäugt: Bedeutet eine Maschine nicht immer, dass ein Arbeitsplatz vernichtet wird? Wer so denkt, vergisst, dass diese Maschinen erdacht, konzipiert, gebaut, erprobt, überarbeitet, gewartet, gepflegt und bedient werden müssen. In den meisten Fällen vernichten sie keine Arbeitsplätze, sondern schaffen andere, neue Arbeitsplätze.
Aber wie ist das nun mit Robotern und KI? Wenn die Maschinen selbst lernen können, wird der Mensch dann nicht überflüssig? Thomas Holenstein ist Experte für Gastronomie und Digitalisierung. Er kennt das Spannungsfeld, in dem Mensch und Maschine zusammentreffen. Deshalb sieht er auch die Probleme, die sich dabei auftun. Er hat uns die drei großen Vor- und Nachteile erläutert, die sich bei der Verwendung von KI und Maschinen ergeben. Denn tatsächlich lässt sich jedem Vorteil auch ein Nachteil gegenüberstellen.
Punkt 1: Effizienz
Maschinen arbeiteten früher rein mechanisch, wurden aber immer komplexer und sind heute computerisiert. Deshalb sprechen wir häufig vom Roboter und nicht mehr von der Maschine. Mit der scheppernden Blechbüchse auf zwei Beinen aus den Star Wars Filmen haben diese Roboter aber wenig gemeinsam. Eine automatische Sortieranlage, die Metalle erkennt und von Plastik trennt, kommt beispielsweise schon lange in der Abfallverarbeitung zum Einsatz. Menschen sind in diesem Umfeld nicht so belastbar und vor allem nicht so ausdauernd wie die Maschinen. Menschen leiden unter den hygienischen Bedingungen dieses Umfelds und sind Risiken ausgesetzt. Die Maschine arbeitet hier ohne Risiko. Das ist bei Such-Robotern, die in Katastrophengebieten oder Kriegsgebieten nach explosiven Stoffen suchen, genauso. Roboter ermüden nicht, leisten 24/7 immer gleichbleibend hochwertige Arbeit.
Demgegenüber steht das Problem der Innovationen: Hersteller wollen natürlich immer höhere Präzision, immer mehr Funktionen, immer bessere Modelle auf den Markt bringen. Das ist an sich nicht verwerflich, führt aber zu höherer Fehleranfälligkeit der Maschinen. In den Schlagzeilen waren in den letzten Jahren immer wieder Unfälle, die auf unzureichende Forschung und zu schnelle Produktion zurückzuführen waren. Das betrifft Versuche mit autonomen Fahrzeugen genauso wie die vielen Fehlstarts der Raketen von Elon Musk. Und auch im Kleinen ärgern wir uns immer wieder über noch nicht marktreife Produkte, die von den Herstellern teuer angeboten werden. Effizienz hat also ihren Preis – und das ist bei maschineller, intelligenter Unterstützung im Bereich von Gastronomie und Lebensmitteln auch so. Wenn Metallteile im Hackfleisch gefunden und ganze Chargen zurückgerufen werden, hat in der Regel die (KI-gestützte) Qualitätskontrolle versagt. Effizienz sieht anders aus.
Punkt 2: Haftung
Wenn ein Mensch einen Job versaut, um es deutlich zu sagen, ist er dafür selbst verantwortlich und haftbar. Er muss für den Schaden gerade stehen, beziehungsweise seine Versicherung übernimmt das. Einfaches Beispiel: Kippt der Kellner dem Gast aus Versehen die heiße Suppe auf den echten Kaschmir-Mantel, muss das Restaurant Ersatz leisten. In der Regel ist der Kellner arbeitsrechtlich soweit sicher, dass er nicht privat in Haftung genommen wird. So ein Kaschmir-Mantel kann richtig teuer sein … Wird der Kellner durch ein autonomes Fahrzeug ersetzt, das die Suppe zum Tisch des Gastes bringt (Keine Zukunftsmusik mehr – diese Technologien gibt es von Fließband-Restaurants bis hin zu rollenden Servierwagen schon länger!), stolpert er nicht und vergießt auch keine Suppe. Denn in der Regel sind Missgeschicke dieser Art seltener. Das ist angenehm, denn es entstehen durch die höhere Präzision viel weniger Schäden.
Passiert aber etwas, ist das Restaurant nicht in Haftung zu nehmen. Denn der Roboter gehört zwar zum Restaurant, aber für die Programmierung, die Software also, kann der Gastronom nun wenig. Immerhin ist er (oder sie) kein IT-Experte (respektive IT-Expertin). Bislang ist es noch schwierig, die Software-Hersteller für Unfälle und Schäden in Haftung zu nehmen. Aber es ist klar, dass die Software-Anbieter künftig in diesen Fällen haftbar sein werden. Nun ist das Beispiel mit der vergossenen Suppe recht profan. Anders sieht es aus, wenn in der Gastronomie digitale Systeme (und unter Umständen lernende Systeme, also KI) für die Verarbeitung von Daten eingesetzt werden. Hier sind die eventuell entstehenden Schäden, insbesondere bei Datenmissbrauch, sehr viel größer.
Punkt 3: Sicherheit, insbesondere in Bezug auf Daten
Alles, was früher handschriftlich und auf Papier stattgefunden hat, wird immer weiter digitalisiert. Das hat Vorteile: Vom automatisierten Einkauf über die Mitarbeiter-Verwaltung bis hin zu einer digitalisierten Buchung im Hotel sind die Systeme zuverlässig, pünktlich und optimieren Kosten. Außer einer Schreibkraft wurden auch keine Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen durch die Digitalisierung ersetzt, denn die Computer müssen immer noch bedient, die Software erlernt, verstanden und angewendet werden. Allerdings wandert die Arbeit zunehmend in die Cloud. Das hat einerseits Vorteile, denn lokale Speichermedien sind anfällig für Diebstahl, Verlust, Schäden. Außerdem sind sie kostenintensiv, wenn große Datenmengen anfallen.
Die Datenverarbeitung auf digitalem Weg und vor allem in der Cloud hat aber auch Nachteile. Denn letzten Endes weiß niemand wirklich sicher, wer zu welchem Zeitpunkt Zugriff auf welche Daten hat. Deutsches Recht ist in Sachen Datenschutz recht sensibel, aber wer weiß schon, welche Server wo stehen und welche Parteien sich unter Umständen an welcher Stelle einschleichen? Daten entstehen übrigens nicht nur dann, wenn sich Gäste über das Internet irgendwo einbuchen oder Zahlungen online getätigt werden. Digitalisierte Maschinen, vom smarten Kühlschrank über den per App gesteuerten Saugroboter (interessant für Hotels) bis hin zu autonomen Fahrzeugen beziehen ihre Software aus der Cloud. Sie werden also über eine Internetverbindung mit Updates versorgt, die auch der Sicherheit dienen. Die Geräte können gehackt werden, und das ist ebenfalls keine Zukunftsmusik, sondern bereits heute Alltag. Wir stehen mit der zunehmenden Digitalisierung also auch vor der Herausforderung, die Anwendungen sicherzumachen.
Fazit: Vor- und Nachteile wiegen sich (noch) auf?
Thomas Holenstein ist sich sicher, dass sich viele digitale Anwendungen, wie er Roboter und KI nennt, für Unternehmen bereits lohnen. Allerdings sollten die Systeme mit der nötigen Vorsicht eingesetzt werden. Unternehmen müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln, was die Systeme bereits können und was sie noch nicht können. Oder, um es platt auszudrücken: Vielleicht braucht das Hotel aufgrund einer Flotte von Saugrobotern weniger Servicekräfte, die sich um die Hygiene der Böden kümmern. Dafür sollten aber IT-Fachleute eingestellt werden, die sich um die Wartung und Pflege der Roboter sowie die Datensicherheit kümmern. Dann wird die moderne “Putzkolonne” garantiert zum Wettbewerbsvorteil!