Der Aufbau des Metaverse, einer virtuellen Parallelwelt, hat begonnen. Für viele Menschen handelt es sich lediglich um einen Hype. Andere wiederum betrachten das Metaversum schon heute als zusätzlichen Lebensraum. Die ersten Unternehmen haben das Potenzial bereits erkannt. Sie bereiten sich nicht nur darauf vor, den neuen „Marketingkanal“ zu nutzen.
Die Planungen reichen bis hin zu metaverse-spezifischen Produkten und Services. Für Designer und Kreative entstehen hierdurch völlig neue Möglichkeiten und Herausforderungen.
Das Metaverse: ein 13-Billionen-Dollar schwerer Markt
Der Gesamtmarkt für die Metaverse-Wirtschaft könnte im Jahr 2030 bis zu 13 Billion US-Dollar schwer sein und fünf Milliarden Nutzer verzeichnen. Das geht aus einer Analyse der Citibank hervor. Doch auch gesellschaftlich hat das Metaversum bereits Relevanz: Erst vor Kurzem gab Tuvalu, eine von rund 12.000 Menschen bewohnte Inselgruppe bekannt, sie werde vollständig in die virtuelle Parallelwelt umziehen. Der Grund: Ihr Lebensraum wird aufgrund des steigenden Meeresspiegels verschwinden. Land und Kultur sollen jedoch „in der Cloud“ erhalten bleiben. Mit Seoul hat die erste Metropole im September 2022 damit begonnen, mit ihrer Verwaltung die ersten virtuellen Räume zu beziehen. Zuvor war auf der Karibik-Insel Barbados die erste Meta-Botschaft der Welt eröffnet worden. Gartner sieht im Metaverse bereits einen Toptrend für 2023. Und das Unternehmen Meta selbst wird trotz momentaner Verluste weiterhin massiv in die Thematik investieren. All diese Fakten zeigen, dass wir die Entwicklung genau im Blick behalten sollten. Doch was verbirgt sich eigentlich genau hinter dem Metaverse-Begriff?
Das Metaverse lässt sich als sozial-immersive Erfahrung beschreiben, die durch einen Mix innovativer Technologien möglich wird. Zu nennen sind neben einer höheren Internetgeschwindigkeit vor allem das Social Web 2.0 kombiniert mit Virtual Reality und Augmented Reality. Doch auch die Blockchain spielt eine wichtige Rolle. In Summe entsteht durch diese Technologien eine neue interaktive Umgebung, die der Multiplayer-Welt im Gaming-Bereich ähnelt. Das Metaverse wird sich jedoch über den Unterhaltungssektor hinaus ausdehnen – etwa auf die Bereiche Immobilien und Gesundheitswesen.
Designer erhalten vielfältige neue Aufgaben
Designer erhalten im Metaverse eine neue Rolle: Sie entwerfen eine neue Ebene über der physischen Welt, in der sinnvolle soziale Verbindungen entstehen können. Diese Ebene ist immersiv. Dieser Begriff beschreibt einen besonderen Effekt, bei dem sich die Wahrnehmung der realen Welt vermindert und sich der Nutzer zunehmend mit der fiktiven Welt identifiziert. Er taucht sozusagen vollständig in die Parallelwelt ein.
Räumliches Design wird dabei eine wichtige Aufgabe sein. Zweidimensionale Erfahrungen werden Stück für Stück in 3D-Umgebungen übergehen. Dafür sind innovative Spezialisten erforderlich, die diesen neuen Raum mit konstruieren. Hierzu zählen beispielsweise Modedesigner, Architekten, UX/UI-Designer, 3D-Modellierer, (NFT-)Artists, Spieledesigner, Story-Teller und Community-Manager. All diese Experten werden im Metaverse schon bald sehr gefragt sein.
Neue Nutzer dürfen nicht überfordert werden
3D-Funktionen ermöglichen es zwar, Systeme durch Körperbewegungen zu steuern. Dennoch kann die neue Art der Bedienung für viele Nutzer überfordernd sein. Zielführend ist es daher, dem Jakob’s Law, einem Gesetz aus dem Bereich User Experience (UX) Design, zu folgen. Es besagt sinngemäß: Haben Menschen mit einem Produkt bestimmte Erfahrungen gemacht, entstehen daraus Erwartungen, die sie automatisch auf alle anderen gleichartigen Produkte übertragen. Für UX-Designer wird der Schlüssel also darin liegen, Interaktionen mit Mustern und Elementen aufzubauen, die neue Metaverse-Nutzer bereits außerhalb des Metaverse kennengelernt haben. Nur so werden sich diese während ihrer Reise wohlfühlen.
Mehrere technische und ethische Herausforderungen
Technologisch wird das Metaverse noch einige Hürden bewältigen müssen. So gibt es beispielsweise noch keinen Standard dafür, wie die virtuelle Parallelwelt sein oder aussehen sollte. Zwar haben die großen Player der Branche bereits ihre jeweils eigene Vision entwickelt, Regularien existieren jedoch noch kaum. Auch plattformübergreifende Kompatibilität wird es wohl in absehbarer Zeit nicht geben: Meta, Mesh oder Epic haben bis heute keinen ausgereiften Plan für den Austausch ihrer Assets.
Damit Sicherheitsvorfälle und Belästigung nicht exponentiell zunehmen, müssen von allen Beteiligten zudem Systeme und Techniken zur Bekämpfung von Cyber-Kriminalität eingeplant werden. Ebenso relevant sind die Themen Big Data und Datenschutz. Denn Metaverse-User generieren weitaus mehr Daten als klassische Internetnutzer – darunter reale Umwelt- und Körperdaten. Die daraus resultierenden Datenschutzherausforderungen sind immens.
Auf Designer kommen außerdem einige ethische Fragestellungen zu. So hat zum Beispiel nicht jeder Mensch dieselben Zugangsmöglichkeiten zum Metaversum – unter anderem aufgrund wirtschaftlicher Ungleichheiten oder sogar körperlicher Unterschiede. Gelingt es nicht, diese Gruppen an den möglicherweise lebensverändernden Erfahrungen teilhaben zu lassen, würde dies die Gesellschaft noch weiter spalten. Designer und Creator sollten sich daher nicht auf technologische oder künstlerische Sphären beschränken. Sie müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und alles daransetzen, eine neue Welt zu erschaffen, die für alle Menschen gleichermaßen gut geeignet ist.
Fazit: Designer sollten neue Realität positiv mitgestalten
Das Metaversum wird in den kommenden Jahren erheblich an Relevanz gewinnen. Es hat das Potenzial, die Welt zum Besseren zu verändern. Dies wird allerdings nur gelingen, wenn wichtige Themen wie Cyber-Crime, Datenschutz, Zugänglichkeit und Gleichberechtigung von Beginn an Berücksichtigung finden. Jeder Designer und Creator kann hierbei einen wichtigen Beitrag leisten, indem er diese Gesichtspunkte bei seiner Arbeit jederzeit im Blick behält.