CO2-Emissionen zu reduzieren, um einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, stellt für die meisten Unternehmen eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre dar. Aber schon mit einfachen Mitteln lässt sich viel bewirken:
Hier sind drei Maßnahmen für nachhaltigere Rechenzentren, bei denen sich CO2-Emissionen und die Produktion von Elektroschrott senken und zugleich IT-Budgets schonen lassen.
Der Weltrisikobericht 2022 des Weltwirtschaftsforums bringt es auf den Punkt: Die drei größten Sorgen der befragten 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ausschließlich mit ökologischen Themen zu tun. Dabei sorgt sich die Mehrheit am meisten über den Klimawandel und ein Scheitern der Maßnahmen, die Erderwärmung um 1,5 Grad zu begrenzen. Um eine benötigte drastische CO2-Reduktion zu erzielen, ist jeder Einzelne gefragt, vor allem aber die Wirtschaft.
IT verursacht mehr Emissionen als Luft- und Schifffahrt
Besondere Bedeutung kommt auch dem IT-Sektor zu: Bereits heute beträgt laut dem Bundesumweltministerium (BMUV) der jährliche Energieverbrauch der IKT 58,4 TWh (Terawattstunden). Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch der gesamten Schweiz. Prognosen gehen davon aus, dass die IKT künftig mehr Emissionen verursacht als die Luft- und Schifffahrt zusammen. Das liegt unter anderem daran, dass der Bedarf an Rechen- und Speicherleistung rasant steigt. Dabei sind allein die Rechenzentren schon heute für zirka 20 Prozent des Energieverbrauchs in der IKT verantwortlich. Aber nicht nur der Stromverbrauch, auch der Austausch von Hardware nach einer unnötig kurzen Nutzungsdauer trägt wesentlich zu mehr CO2 bei.
Ökologischer Fußabdruck der eigenen IT kaum bekannt
Die wenigsten IT-Abteilungen und Unternehmen wissen, wie der tatsächliche CO2-Fußabdruck in der IT genau aussieht. Nur sechs Prozent der Unternehmen kennen die Klimabilanz ihrer IT und verfügen über eine Strategie, um die Bilanz zu verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt das Capgemini Research Institute in seiner Studie „Sustainable IT: Why it’s time for a Green revolution for your organization’s IT”. Erschwert wird die eigene Bilanzierung durch die Komplexität des Themas.
Ansatz: Die erweiterte Kreislaufwirtschaft
Das Problem ist: Viele Unternehmen konzentrieren sich vor allem auf die Energieeffizienz ihrer IT-Infrastruktur, beziehungsweise deren Power Usage Effectiveness (PUE). Dabei übersehen sie allerdings viel ungenutztes Einsparpotenzial. Betrachtet man nämlich den gesamten Lebenszyklus der Geräte, zeigt sich auch der indirekte CO2-Fußabdruck aus Herstellung, Transport und Entsorgung. Denn jeder Austausch von Hardware verbraucht nicht nur wertvolle Ressourcen wie Mineralien, Metalle, Wasser etc., sondern erzeugt auch entsprechend CO2. Damit ist klar: Auch der Lebenszyklus der eingesetzten Hardware entscheidet über die Klimabilanz. Deshalb sollte die Nutzungsdauer verlängert werden. Basis hierfür bilden die drei Prinzipien der Kreislaufwirtschaft: repair, reuse und recycle. Nach diesen Grundsätzen werden Ressourcen geschont, bereits gewonnene und verarbeitete Rohstoffe optimal genutzt und vermeidbare Güter schlicht nicht hergestellt.
Für Hardware in Rechenzentren existieren längst wirksame Maßnahmen, die deren Lebenszyklus verlängern:
- Third-Party Maintenance (TPM)
Anstatt alle drei bis fünf Jahre Neugeräte anzuschaffen, lässt sich Hardware auch erst nach 10 bis 15 Jahren austauschen. So kann der CO2-Fußabdruck einer oder sogar zwei Gerätegenerationen eingespart werden. Denn in vielen Fällen sind nicht fehlende Leistung oder technische Einschränkungen der Grund für einen Austausch: Häufig verstehen Unternehmen das Ende des Hersteller-Services (EoSL – End of Service Life) als Signal, die einwandfrei funktionierende Hardware durch neue Geräte zu ersetzen.
Dabei sind die Unternehmen nicht zwingend auf eine Herstellerwartung angewiesen. Anbieter von herstellerunabhängiger Wartung können diese Aufgabe für alle relevanten Geräte der bekannten Hersteller übernehmen und diese Dienstleistung sogar kostengünstiger anbieten.
Auch die EU hat die längere Nutzungsdauer sowie eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft von Hardware im Blick. Die seit März 2021 geltende EU-Verordnung 2019/424 ermöglicht einen längeren, sicheren Betrieb von Hardware, denn sie verpflichtet die Hersteller von Servern, ihre Geräte langfristig mit Security-Updates und aktualisierter Firmware zu versorgen. Die letzte verfügbare Sicherheitsaktualisierung der Firmware müssen OEMs sogar kostenlos anbieten.
- Refurbished Hardware
Dem zweiten Prinzip der Kreislaufwirtschaft entspricht die Wiederverwendung (reuse) von Geräten. Gebrauchte, aber leistungsfähige Hardware wird generalüberholt und auf ihre volle Funktionstüchtigkeit überprüft, bevor sie in einem anderen Rechenzentrum zum Einsatz kommt. So entfallen auch auf diesem Weg die Fertigungs- und Transport-Emissionen einer kompletten Gerätegeneration.
Bislang setzen noch zu wenig Unternehmen auf diese Maßnahme. Das belegt die Studienreihe Data Center Wartung: Fast 80 Prozent der Befragten sehen zwar in generalüberholter Hardware eine sinnvolle Alternative zur Neuware, um Budgets und die Umwelt zu schonen, allerdings nutzen erst 15 Prozent diese Möglichkeit. Dabei kann refurbished Hardware ökologisch wertvoll und zugleich ökonomisch attraktiv sein, gerade auch vor dem aktuellen Hintergrund des Chip-Mangels. Neuware ist schwerer und teilweise zu höheren Preisen zu erhalten, dagegen steht refurbished Hardware längst bereit.
- Recycling
Nach intensiver Nutzung ist auch für Server, Storage-Systeme und andere Geräte irgendwann Schluss. Dann lassen sie sich weder weiterverwenden noch reparieren. Für die verbauten Materialien und Teile bedeutet das aber nicht zwangsläufig das Ende: Einzelne Komponente und Rohstoffe können durch fachgerechte Recycling-Verfahren zurückgewonnen werden und stehen dem Produktionskreislauf damit wieder zur Verfügung. Ein Beispiel: Von dem Gesamtvolumen an ausgemusterten IT-Geräten, die der Spezialist Evernex als „Computerschrott“ zur Verwertung erhält, lassen sich 15 Prozent der verbauten Komponenten wiederverwenden. Das sind jedes Jahr mehr als 50.000 Ersatzteile, die über das Recyling wieder in zahlreiche Lager aufgenommen werden können. Von den verbleibenden 85 Prozent werden 93 Prozent recycelt und zu einem Sekundärrohstoff verarbeitet. Der Verkauf dieser verwertbaren Rohstoffe lohnt sich für die Unternehmen auch aus ökonomischen Gründen: Der ROI der Ursprungsinvestition kann dabei wachsen.
Außerdem vermeiden Unternehmen mithilfe von Recycling eine unsachgemäße Entsorgung und somit auch, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Auch die Wiederverwendung kleiner Rohstoffmengen trägt schon dazu bei, CO2 einzusparen – und zwar beim Abbau, dem Transport und der Veredelung der Stoffe.
Optimierte Kreisläufe können die globalen CO2-Emissionen um 39 Prozent senken – so das Ergebnis der Wirtschaftsorganisation Circle Economy in ihrem Jahresbericht 2021. Dabei leisten die Maßnahmen für nachhaltigere Rechenzentren einen wertvollen Beitrag.