Anpassungsfähig, methodisch und mehrdimensional

Drei Thesen für erfolgreiche Transformationsprojekte in der Finanzindustrie

Finanzdienstleister

Finanzdienstleister haben ihre Digitalisierung in den vergangenen Jahren konsequent vorangetrieben. In Sachen Cloud-Migration etwa avanciert der Sektor derzeit gar vom Nachzügler zum Pionier. Diese Entwicklung zeigt zum Beispiel der aktuelle Report „Cloud Monitor 2024“ von KPMG.

Gleichzeitig aber scheitern noch immer viele Transformationsvorhaben in Unternehmen – zumindest in ihrer ursprünglichen Form. Wie Transformationen im Kontext regulatorischer Vorgaben, technologischer Disruption und komplexer Systemlandschaften gelingen, weiß Dr. Matthias Mayer, Partner und FS Chief Markets Officer / Chief Solution Officer bei KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

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Von neuen Geschäftsmodellen mithilfe generativer KI über die Digitalisierung der Kundenschnittstelle und sämtlicher Organisationseinheiten im Kerngeschäft bis zu neuen Risiko- und Financesystemen: Obwohl der Finanzsektor in den letzten Jahren bei der Digitalisierung gut vorangekommen ist, mangelt es nicht an neuen Transformationsprojekten. Allerdings sind diese im Bankensektor in der Regel besonders komplex: sehr viele Kunden, besonders schützenswerte Daten, hoher Druck durch die Regulatorik, großer IT-Aufwand. Durch diese Faktoren entstehen zwangsläufig Unwägbarkeiten, die das Projekt fast immer verzögern und auch die Kosten in die Höhe treiben. Umso wichtiger ist es für Finanzdienstleistereinen langen Atem zu behalten und methodisch und sorgfältig zu planen. Das gelingt durch eine langfristige Vision, umfassende Steuerung und die Integration aller Stakeholder. Denn steht ein Transformationsprojekt erst auf halber Strecke still, steigen die Kosten bald exponentiell.

Die drei Thesen

Um das zu verhindern, sollten Unternehmen diese drei Thesen für erfolgreiche Transformation berücksichtigen:

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Eine Transformation scheitert, wenn auch nur eine ihrer Dimensionen fehlschlägt.

Technologie, Kundenprozesse, regulatorische Anforderungen: Eine erfolgreiche Transformation muss sich in allen Dimensionen abspielen. Es reicht also nicht, das meiste richtig zu machen. Schon eine nicht bediente, relevante Dimension gefährdet die gesamte Transformation. Das zeigen Beispiele wie Cloudtransformationen ohne Outsourcing Management, Client Journeys ohne das Beachten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und das Experimentieren mit KI-Use-Cases ohne Klärung der Datenverfügbarkeit. Agile Ansätze helfen dabei, die Transformation flexibel und lernfähig zu halten: Im Laufe des Transformationsprozesses muss die Methodik permanent auf alle Anforderungen des Unternehmens geprüft werden – dadurch ist es möglich, die Auswirkungen zu spiegeln und auf dieser Basis die angewendeten Methoden weiterzuentwickeln. Eine agile Strategie erleichtert es, die Komplexität von Transformationsprozessen zu beherrschen und Lerneffekte aus den Sprints für eine effiziente Umsetzung zu nutzen.

Transformation in der Finanzindustrie erfordert einen umfassenden Werkzeugkasten an Methoden.

Ein methodisches Vorgehen, das die Erfahrungen und Best Practices aus vorherigen Projekten systematisch nutzt, sorgt für Stabilität und Orientierung. Ohne eine solche Struktur besteht das Risiko, dass das Transformationsprogramm in isolierte Arbeitsgebiete zerfällt. Nur wenn alle verschiedenen Komplexitätsdimensionen umfasst sind, bleibt das Projekt einheitlich an seinem Ziel ausgerichtet. Methoden bilden die Erfahrungen aus erfolgreichen Projekten der Vergangenheit systematisch ab. Daraus können strukturierte Vorgehensweisen für Hilfe in Krisensituationen oder zur Fehlerprävention abgeleitet werden. Eine sehr erfolgreiche fachliche Methode ist zum Beispiel Powered Enterprise von KPMG zur Transformation in Verbindung mit ERP-Systemen. Neben fachlichen Methoden ist die Anwendung von Management-Methoden sinnvoll.

Entscheidende Merkmale einer Methode sind strukturierte Arbeitsschritte vom Zielbild bis zur Umsetzung, vorgegebene Formate zur Steuerung von Abhängigkeiten zwischen den Dimensionen, Vorschläge zu Arbeitsergebnissen oder „Best Practices“ und Leitplanken zu Steuerung und Risiko-Mitigation. Erfahrung ist bei Transformationsprojekten also unersetzlich. Diese haben in der Regel die Experten, die solche Projekte schon mehrfach erfolgreich zu Ende gebracht haben.

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Methodik und Fachexpertise müssen sich ergänzen.

Eine weitere Grundvoraussetzung ist das umfassende Verständnis für das jeweilige Geschäftsmodell und die regulatorische Umgebung. Denn vor allem Finanzdienstleister müssen besonders viele branchentypische Dimensionen integrieren – von parallel eingesetzten Technologien über regulatorische Vorgaben von ESG über Datenschutz bis zu ihrem riesigen Pool an Stamm-, Steuer-, Produkt-, Vertrags- und Transaktionsdaten sowie weiteren relevanten Informationen. Veränderungen in nur einer Dimension der Wertschöpfungskette betreffen fast immer das gesamte Geschäftsmodell. Die angemessene Methodik entfaltet daher in der Regel enorme Komplexität. Nur wer hier die Übersicht hat, kann die Knackpunkte im Change und im neuen Zielprozess frühzeitig identifizieren, Interdependenzen erkennen und steuern. Ein griffiges Beispiel ist das Vorlagern von Aggregationsstufen in den einzelnen Verarbeitungsschritten: Dies reduziert Komplexität und verbessert so die Stabilität der Transformation.

Das führt allerdings nicht selten zu Abstrichen bei der Datenqualität. Es gilt, diesen Nachteil gegen eine mögliche Abschwächung des Business Cases durch die Regulatoren abzuwägen; denn diese reagieren gegebenenfalls mit Kapitalaufschlägen zum Beispiel in Form von „Margins of Conservatism“. Zur Strukturierung der Komplexität müssen die Bankspezifika isoliert und dann unter besonderem Fokus in der Transformationsagenda bearbeitet werden. Die Faustregel für ein Transformationsprogramm lautet daher: 80 Prozent der Standardthemen sollten Selbstläufer sein, damit Kraft und Aufmerksamkeit für die entscheidenden 20 Prozent verfügbar sind. Das erfordert Fachwissen und Erfahrung, die so früh wie möglich in die Planung einfließen sollten. Der Einsatz unmodifizierter Standard-Methoden führt regelmäßig zum Misserfolg.

Evolution der Transformation

Erfolgreiche Transformationsprojekte in der Finanzbranche verlangen also mehr als nur methodische Kompetenz: Neben der individuellen Anpassung der jeweiligen Methodik an die spezifischen Anforderungen des Unternehmens sind vor allem Management- und Umsetzungsdisziplin gefragt. Denn in der Praxis gibt es wohl kein Transformationsprojekt, bei dem nicht unerwartet Hindernisse aufgetreten wären. Besonders fatal sind in der Regel sogenannte Quick Fixes – also Entscheidungen aus Zeitdruck, die zwar schnell Lösungen herbeiführen, sich damit aber außerhalb der Leitplanken befinden, etwa indem regulatorische Vorgaben vernachlässigt werden. Daher ist es umso wichtiger, die einzelnen Programmteile des Projekts flexibel zu gestalten und zu halten.

Mayer

Matthias

Mayer

Chief Markets Officer und Chief Solution Officer in Financial Services

KPMG

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