Digitalisierung und Vernetzung machen weder vor Branchen noch vor irgendeinem Unternehmensbereich halt. Dabei benötigen Geschäftsmodelle der Zukunft vor allem eines: Eine enge Zusammenarbeit zwischen IT-Basis und Fachbereichen, die agile und schnelle Anpassungen von Geschäftsprozessen sowie kontinuierliche Innovationen ermöglicht.
Die zentrale IT-Abteilung, wie sie bisher die Unternehmenslandschaft prägte, kann das nicht leisten. Ein sinnvoller Ansatz liegt vielmehr darin, digitale Prozesse in Unternehmen dort zu betreiben und weiterzuentwickeln, wo die Verantwortung für den Geschäftsprozess liegt.
Auf den ersten Blick erscheint es ketzerisch, in einer Zeit in der Digitalisierung, künstliche Intelligenz und immer weitreichendere Automatisierungen die Nachrichten dominieren, vom Untergang der IT zu sprechen. Doch bei genauer Betrachtung der aktuellen Herausforderungen der Unternehmen wird deutlich, dass genau diese Entwicklungen die bekannte, zentrale Ausgestaltung der IT zu einem Auslaufmodell werden lassen. Denn in diesem Ansatz trennt die Mehrheit der Unternehmen bewusst oder auch unbewusst genau das, was für eine erfolgreiche, digitale Transformation unbedingt Hand in Hand gehen muss: Die Komplexität von Geschäftsprozess und Informationstechnologie.
In der alt bekannten Struktur sind es vor allem die IT-Abteilungen, die Innovationen treiben – allerdings ausschließlich aus technischer Sicht und nicht selten an den Anforderungen der Geschäftsbereiche vorbei. Tragen Fachabteilungen Innovationsprojekte an die IT heran, werden diese entweder abgelehnt, viel zu später umgesetzt oder es erfolgt ebenfalls eine ausschließlich technische Betrachtung. Der notwendige, organisatorische Change-Prozess bleibt dabei auf der Strecke. Das Ergebnis: Unvollständige Systemeinführungen, eine Erhöhung der ohnehin schon hohen Betriebskomplexität und Beschleunigung des Strudels immer höherer Kosten und geringerer Innovationsfähigkeit. Zudem sind Konstellationen wie diese der perfekte Nährboden für die gefürchtete Schatten-IT. Zumal ein sauber dokumentiertes Mapping zwischen Geschäftsanforderung und IT-Solution noch dazu kommen. Was wirklich notwendig ist, lässt sich letztlich weder aus Sicht der Technik noch auch aus Sicht der Geschäftsbereiche verlässlich bewerten.
Die von Analysten propagierten Lösungen, wie z. B. Two-Speed-IT, IT-Outsourcing oder Agile IT-Organisation setzen an einer recht hohen Abstraktionsebene an, die das eigentliche Problem der Zentralisierung und Technik-Fokussierung nicht lösen. Ähnliches gilt für die Ausgründung von Startups. Diese Entwicklung belegt, dass die Unternehmen das Problem der fehlenden Innovationskraft der eigenen IT-Abteilung durchaus erkannt haben. Alle Hoffnungen ruhen dann auf der eigenständigen Digitaleinheit, die losgelöst vom Ballast des Bestehenden die langersehnte Innovation umsetzen soll. Doch auch dieser Ansatz schließt in aller Regel die Rückkopplung zu vorhandenen Prozessen und die Nutzung wertvollen, organisatorischen Wissens aus.
Prozess und IT müssen Hand in Hand gehen
Welche Strukturen können Unternehmen aber in die Lage versetzen, sich agil, kontinuierlich und mit hohem Tempo weiterzuentwickeln und schnell auf Marktveränderungen reagieren zu können? Der Schlüssel liegt in der gleichzeitigen und gleichgewichteten Betrachtung von Prozess und Technik. Hierfür müssen Unternehmen die digitalen Prozesse genau da betreiben und weiterentwickeln, wo die Verantwortung für sie liegt – in den einzelnen Fachabteilungen. Wem es gelingt, die Lücke zwischen Prozess und IT auszufüllen, der schafft eine stabile Basis für digitale Geschäftsmodelle.
Erste Entwicklungen in diese Richtung lassen sich u. a. in agilen Entwicklungsteams erkennen, die in den vergangenen Jahren vor allem im Umfeld der Programmierung entstanden sind. Denn sie bringen die fachliche und technische Expertise an einen Tisch – und zwar mit gleicher Gewichtung. Erste Unternehmen, etwa im Umfeld von IoT-Ende-zu-Ende-Dienstleistern, gehen bereits deutlich weiter und ordnen die technologische Umsetzung eines Themas genau jener Abteilung zu, die auch den Prozess lebt. So gestaltet z. B. der Vertrieb das CRM-System, die Personalabteilung das Personalmanagement-System. Zentrale Dienste existieren hingegen für Applikationen, die domänenübergreifend genutzt werden. Dazu zählen z. B. Themen wie Authentifizierung, Bereitstellung der Netzwerkinfrastruktur oder Kommunikationsdienste. Auch die übergreifenden Prozesse und die Abbildung in einer zusammenhängenden Applikationslandschaft werden zentral koordiniert, allerdings unter kontinuierlicher Einbeziehung der Domänen-Verantwortlichen. Nachhaltig ist dieser Ansatz vor allem dann, wenn die Dienste für jeden existierenden Service regelmäßig den Mehrwert für die Unternehmen oder Kunden hinterfragen. Die Hürde, einen neuen Dienst einzuführen und zu testen, kann dann bewusst niedrig gehalten werden.
Nicht zuletzt verfolgen Unternehmen mit dezentralen IT-Strukturen auch andere Wege, um Datensicherheit zu gewährleisten. Zentrale IT-Abteilungen können Sicherheit nur durch eine zentrale Security gewährleisten. So schaffen Vorschriften, Verbote und Policies einen starren Rahmen, der den Status-Quo der IT-Organisation schützt und stützt. Damit nehmen sie nicht nur die Verantwortung von den Schultern jedes einzelnen Mitarbeiters, sondern ersticken auch jede Innovation schon im Keim. Die notwendige und sinnstiftende Einzelbewertung eines Sachverhaltes, das Abwägen zwischen Anforderung und Sicherheitsbedürfnis, bleibt aus. Als Gegenentwurf zu Einschränkungen und Beschneidung der Rechte, raten Unternehmen wie z. B. die grandcentrix, auf geringe Komplexität und vor allem auch Sicherheit an der Basis zu setzen. Da bedeutet regelmäßige Schulungen und klare Verantwortungsübernahme der User.
Dezentralisierung der IT als Basis für Innovation und Anpassungsfähigkeit
Die Digitalisierung schreitet weiter voran und mit ihr die Notwendigkeit, Unternehmensstrukturen anzupassen. Sie müssen Unternehmen befähigen, sich flexibel und schnell an neue Marktbedingungen anpassen und kontinuierlich Innovationen vorantreiben zu können. Die Basis hierfür ist das Zusammenspiel zwischen den Unternehmensprozessen und der IT. Zentrale IT-Abteilungen, welche traditionell Prozess und Technik voneinander trennen, sind vor diesem Hintergrund zum Auslaufmodell geworden. Gut aufgestellt ist hingegen, wer die Technik genau dort verortet, wo sie auch verantwortet wird – in den jeweiligen Fachabteilungen.