Auf dem Digital-Zeugnis steht eine Drei
Dabei zeigen sich die Unternehmen durchaus selbstkritisch und geben sich auf einer Schulnoten-Skala für den Stand der eigenen Digitalisierung nur ein „befriedigend“ (3,2). Damit fällt die Einschätzung aber etwas besser aus als im Vorjahr. 2020 stand unter dem Strich eine 3,4. Am besten schätzen sich Großunternehmen mit 2.000 und mehr Beschäftigten ein, die sich im Schnitt mit 2,7 beurteilen. Unternehmen zwischen 100 und 499 sowie 500 und 1.999 Beschäftigten kommen auf eine 3,1. Und kleinere Unternehmen zwischen 20 und 99 Beschäftigen geben sich eine 3,2 als Digitalisierungs-Note.
Digitalisierungs-Hemmnisse: Datenschutz, Fachkräftemangel und fehlende Zeit
Deutliche Veränderungen zum Vorjahr gibt es bei den Gründen, die Unternehmen bei ihren Digitalisierungs-Bemühungen bremsen. So beklagen 8 von 10 (79 Prozent) die Datenschutz-Anforderungen. Das ist ein Anstieg um 10 Prozentpunkte verglichen mit dem Vorjahr. Ebenfalls um 10 Prozentpunkte zugelegt hat der Fachkräftemangel, den zwei Drittel (65 Prozent) der Unternehmen als Digitalisierungs-Bremse benennen. Und fast jedes Zweite (46 Prozent) sagt, es fehle an der Zeit im Alltagsgeschäft, um die Digitalisierung voranzubringen (2020: 37 Prozent). Langwierige Entscheidungsprozesse, die die Digitalisierung bremsen, beklagen 30 Prozent und damit deutlich mehr als im Vorjahr mit 19 Prozent. Seltener genannte Digitalisierungs-Hemmnisse sind dagegen Anforderungen an die technische Sicherheit (42 Prozent), zu geringe finanzielle Mittel (34 Prozent) und die fehlende Verfügbarkeit marktfähiger Lösungen (23 Prozent). „Datenschutz entwickelt sich immer mehr zur Digitalisierungs-Bremse Nummer eins. Dabei geht es nicht nur um die gesetzlichen Vorgaben. In Deutschland besteht eine riesige Verunsicherung, befeuert durch ein weltweit einmaliges Auslegungswirrwarr mit 17 Datenschutzaufsichten in den Ländern und einer im Bund“, so Berg.
Investitionen in die Digitalisierung könnten zurückgehen
Im laufenden, von der Pandemie geprägten Jahr hat jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) mehr in die Digitalisierung investiert als 2020, aber fast genauso viele (31 Prozent) haben weniger investiert. Rund ein Viertel (27 Prozent) hat die Investitionen nicht verändert. Für das kommende Jahr planen nur noch 12 Prozent steigende Digitalisierungs-Ausgaben, aber 37 Prozent wollen ihre Investitionen zurückfahren. Rund die Hälfte (45 Prozent) will ebenso viel ausgeben wie in diesem Jahr. „Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif. Konsequente Digitalisierung geht nur mit entsprechenden Investitionen. Als Return gibt es Wettbewerbsstärke, Krisenresilienz und Zukunftsfähigkeit“, so Berg.
Politik muss Digitalisierung zur Top-Priorität machen
Die große Mehrheit der Unternehmen (88 Prozent) meint, dass Deutschland bei der Digitalisierung den Anschluss an Länder wie die USA oder China verloren habe. Im weltweiten Vergleich halten nur 1 Prozent die Bundesrepublik für weltweit führend bei der Digitalisierung, 30 Prozent sehen sie zumindest in der Spitzengruppe. Ebenso viele (30 Prozent) verorten Deutschland im Digital-Mittelfeld, 29 Prozent unter den Nachzüglern und 6 Prozent sagen: Deutschland ist bei der Digitalisierung weltweit abgeschlagen.
Berg: „Lange Liste von Digitalisierungs-Aufgaben“
Von der kommenden Bundesregierung wünschen sich die Unternehmen, dass seit Jahren angekündigte Digitalmaßnahmen nunmehr umgesetzt werden. So wollen 99 Prozent, dass Ämter und Behörden alle Leistungen auch digital anbieten, 96 Prozent befürworten den massiven Ausbau von Polizeieinheiten, die auf Internet-Kriminalität spezialisiert sind, und 95 Prozent wünschen sich, dass Daten der Bundesverwaltung grundsätzlich veröffentlich werden sollten. Im Bildungsbereich sprechen sich 87 Prozent für mehr Kompetenzen des Bundes aus, damit die Digitalisierung der Schulen vorangetrieben wird, 82 Prozent sind für ein Pflichtfach Informatik ab Klasse 5 und 76 Prozent für ein gesetzlich garantiertes Recht auf digitale Bildung für jedermann. 8 von 10 Unternehmen (78 Prozent) halten ein eigenständiges und starkes Digitalministerium für notwendig. Drei Viertel (75 Prozent) unterstützen die Forderung, dass es an jedem Verkaufspunkt die Möglichkeit geben muss, digital zu bezahlen. Und 72 Prozent würden es begrüßen, wenn die Landesdatenschutzbeauftragten durch eine zentrale Behörde ersetzt werden würden. „Die nächste Bundesregierung hat eine lange Liste von Digitalisierungs-Aufgaben, die wir teilweise schon seit Jahren vor uns herschieben. In den ersten Sondierungsgesprächen haben die Ampel-Parteien der Digitalisierung zu Recht einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt“, sagte Berg. „Entscheidend ist aber nicht, was man in der ersten Runde verspricht. Entscheidend ist, was am Ende vereinbart ist und dann auch umgesetzt wird.“
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom von Ende September bis Ende Oktober 2021 durchgeführt hat. Dabei wurden 602 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft.
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