Beim Thema 5G können die Grenzen zwischen Prognosen und Science-Fiction leicht verschwimmen: Zu fantastisch sind die Potenziale der neuen, ultraschnellen Wireless-Technologie. Da kann man schon mal ins Schwärmen geraten.
Aber auch nüchtern betrachtet können die enormen Innovations- und Wachstumspotenziale von 5G in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden. Es schafft die Voraussetzungen für völlig neue digitale Anwendungen wie autonomes Fahren oder Mensch-Maschine-Kommunikation in Echtzeit. 5G hat damit quasi einen Katapulteffekt in die digitale Zukunft.
4½G oder echtes 5G?
Dabei ist 5G meist noch gar nicht in seiner Reinform im Einsatz. Bislang basiert es in der Regel immer noch auf der Vorgänger-Technologie LTE. Die Betreiber haben die Zeichen der Zeit allerdings erkannt und drücken beim Ausbau der 5G-Netze mächtig aufs Gas: Inzwischen installieren erste Provider LTE-freie „Stand-alone“-Netze, die die Geschwindigkeits- und Latenzpotenziale von 5G voll ausschöpfen, dabei weniger Strom verbrauchen und per Network Slicing separate Teilnetze mit garantierten Leistungsdaten für spezielle Anwendungen ermöglichen. Bis Ende des Jahres könnten theoretisch bis zu 60 Millionen Nutzer in Deutschland Zugriff auf Stand-alone-Netze erhalten.
Aber schon heute ermöglicht 5G mit seinen extrem kurzen Latenzen und hohen Datenraten von bis 10 Gigabyte Kommunikations- und Steuerungsfunktionen in Echtzeit und macht es so zur Triebfeder für die weitere Digitalisierung ganzer Industrien und Wirtschaftszweige. Ein wesentlicher Grund dafür ist das sogenannte Mobile Edge Computing (MEC). Da die 5G-Datacenter direkt an die Basisstationen angeschlossen sind, entfällt der Datentransfer zu entfernten Rechenzentren, und die latenzkritischen Umwege werden überflüssig.
Die Chancen von Campus-Netzen
Die darin schlummernden Optionen für Edge-Szenarien hat erfreulicherweise auch die Politik in Deutschland erkannt und die Tür für private Campus-Netze weit geöffnet. Unternehmen können mit bemerkenswert geringem Kosten- und Genehmigungsaufwand ihr eigenes 5G-Netz mit reservierten Frequenzbereichen installieren, betreiben und sich so vom allgemeinen Mobilfunknetz unabhängig machen. Zusätzlich können sie das erwähnte Mobile Edge Computing nutzen, um digitalisierte Workflows direkt vor Ort zu steuern. Die potenziellen Vorteile sind enorm: Ein autonomer Transportroboter beispielsweise muss sich im Werk nicht mehr mit Zwischenstopps von Funkzelle zu Funkzelle hangeln, sondern navigiert selbstständig ohne Unterbrechung innerhalb des Campus-Netzes.
5G ist, das kann man ohne Übertreibung sagen, eine der Schlüsseltechnologien für die digitale Zukunft. Das bedeutet aber auch: Wer sich jetzt nicht aktiv damit auseinandersetzt, geht ein hohes Risiko ein, abgehängt zu werden. Die Chancen sind gewaltig – und genau jetzt ist die Zeit, sie auch zu nutzen.