5G oder Wi-Fi 6? So lautet eine gängige Frage, wenn es um den Einsatz von aktuellen Funktechnologien zur Vernetzung geht. Beide Technologien sollten aber nicht alternativ, sondern komplementär genutzt werden.
Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung von Mobilfunk- und anderen drahtlosen Netzwerktechnologien sind immer mehr mögliche Anwendungsszenarien denkbar. So ist schon in diesem Jahr der Durchbruch des industriellen privaten 5G in Form von Campusnetzen für Unternehmen zu erwarten, die anspruchsvolle Aufgabenstellungen in den Bereichen IoT oder Smart Manufacturing lösen. Für den Flughafen Köln/Bonn etwa entwickelt NTT aktuell eines der größten privaten 5G-Mobilfunknetze in Europa. Mit der flächendeckenden 5G-Versorgung auf einem 1.000 Hektar großen Gelände soll künftig unter anderem eine punktgenaue Standortbestimmung von Geräten möglich sein. Aber auch die WiFi-Technologie bietet permanente Weiterentwicklungen, gerade hinsichtlich der Übertragungsgeschwindigkeiten.
Die neuen Möglichkeiten, die 5G und Wi-Fi 6 bieten, führen zur Frage, welche Technologie eingesetzt werden sollte. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich um zwei unterschiedliche Netzwerktechnologien handelt. Der Mobilfunk ist für die Abdeckung großer Flächen und ganzer Länder ausgelegt. Die zentralen Vorteile sind die große Reichweite einzelner Funkzellen und das Handover, also der nahtlose Wechsel von Funkzelle zu Funkzelle. Wi-Fi-Technologien hingegen haben ihren Ursprung in der Indoor-Kommunikation und bieten hier eine einfache Lösung für Konnektivität.
Unterschiede der beiden Netzwerktechnogien bestehen auch bei den Kosten und der Datenhoheit:
- die Kosten: Wi-Fi 6 erfordert zwar aktuelle Access Points und Endgeräte, die aber in großer Vielfalt und auch relativ kostengünstig zur Verfügung stehen. Privates 5G, auch als lokales oder Campus 5G bekannt, erfordert den Aufbau neuer Infrastrukturen und außer 5G-fähigen Mobilfunkgeräten sind industriespezifische 5G-Devices noch eher selten.
- die Datenhoheit: Bei der Nutzung von öffentlichem 5G werden das Netzwerk und die Daten vom Netzbetreiber verwaltet. Bei Wi-Fi 6 liegt die Datenhoheit beim Anwender selbst. Allerdings kann auch ein privates 5G von einem Unternehmen betrieben und verwaltet werden, etwa um einen großen Campus mit Gebäuden und Freiflächen optimal zu versorgen. Ein privates 5G bietet alle Funktionen von 5G, aber darüber hinaus durch die zentrale Verwaltungsstruktur und die Authentifizierung über SIM-Karten eine besondere Absicherung und Kontrolle über die Geräte und deren Daten.
Bei der Auswahl einer Funktechnologie ist immer eine genaue Betrachtung des Anwendungsfalls, seiner Umgebungsvariablen und der wirtschaftlichen Aspekte nötig. Es gibt Anwendungsfälle, bei denen jeweils eine der beiden Optionen klar die bessere Wahl ist. Ebenso existieren auch Bereiche, in denen beide Funktechnologien zum Einsatz kommen werden:
- Typische Use Cases für Wi-Fi 6 sind der Einsatz im Office-Bereich von Unternehmensnetzwerken, im Retail-Bereich, an öffentlichen Plätzen und an Hotspots.
- Neben den flächendeckenden öffentlichen 5G-Netzen werden sich private 5G-Netze auf Werksgeländen und anderen Campussen mit privater Nutzung etablieren, wobei die Mobilfunktechnologie ihre Stärke im Außenbereich durch die höhere Reichweite einzelner Antennen besonders gut ausspielen kann.
- Fahrerlose Transportfahrzeuge über größere Distanzen zu bewegen – zum Beispiel auf einem Werksgelände – ist ein typischer 5G-Anwendungsfall.
- 5G unterstützt Time-Sensitive Networking und ist damit bei zeitlich genau abzustimmenden industriellen Anwendungsfällen wie der Maschine-zu-Maschine-
Kommunikation im Vorteil.
- Niedrigste Verzögerungszeiten im Bereich weniger Millisekunden bei gleichzeitiger Hochverfügbarkeit sind ein weiteres Charakteristikum von 5G und ermöglichen spezielle geschäftskritische Echtzeit-Anwendungsfälle – etwa die Erkennung von Sicherheitsrisiken und die Warnung von Mitarbeitern in der Produktion
- Überschneidungen beim Einsatz der beiden Funktechnologien gibt es in den Bereichen Augmented Reality und Virtual Reality, Videoanwendungen mit hoher Bandbreite und für viele weitere Anwendungen im industriellen Umfeld.
Prinzipiell ist die Entwicklung vorgezeichnet. Wi-Fi 6 und 5G werden dank der in der Standardisierung vorgesehenen Interoperabilität koexistieren. Auf mittlere Sicht wird Wi-Fi auch verstärkt als Zugangsnetz zu einem 5G-Netz fungieren, also Teil einer übergreifenden 5G-Infrastruktur werden.
„Mit Sicherheit wird Wi-Fi 6 beim drahtlosen Zugang im Unternehmen als Weiterentwicklung früherer WLAN-Versionen eine wichtige Rolle spielen. Aber auch an 5G wird kein Weg vorbeiführen. Ein Unternehmen sollte sich nicht die Frage stellen, ob es Wi-Fi oder 5G nutzt, sondern wie es Wi-Fi 6 und 5G in Kombination sinnvoll einsetzen kann“, betont Marcus Giehrl, Director Digital Transformation bei NTT Ltd. „Beide Technologien ergänzen sich bei optimiertem Einsatz komplementär. Und dafür gibt es viele Beispiele wie das autonome Fahren, für das sich eine dynamische Nutzung des jeweils am besten geeigneten Netzes anbietet – den Mobilfunk beim Fahren mit höheren Geschwindigkeiten und Wi-Fi beim Einparken.“
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