Die Digitalisierung des Personalwesens ist inzwischen ein Muss – auch für kleine und mittlere Betriebe. Dabei ist es nicht einfach, die passende HR Software zu finden. Das Angebot ist riesig. Diese Fragen sollten sich Unternehmen bei der Auswahl stellen.
Viele Unternehmen haben damit begonnen, ihre Personalprozesse zu digitalisieren. Ihnen ist die strategische Bedeutung der digitalen Transformation bewusst. Denn wer die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter*innen sichern und erhöhen möchte, kommt ohne digitale Werkzeuge nicht mehr aus. Um am Markt Schritt zu halten, sind veränderte kulturelle Rahmenbedingungen, aber auch leistungsstarke und agile IT-Optionen im Recruiting und der Personalentwicklung unverzichtbar. Digitale HR Software ermöglicht es, Bewerbungsprozesse schnell und innovativ zu gestalten, Talente durch individuelle Weiterentwicklung und Coaching zu binden und zu entwickeln, die Leistung der Mitarbeiter*innen situativ zu steuern und zu unterstützen oder Analysen zu fahren und Vorhersagen zu treffen.
Was es dafür braucht, sind Software-Tools, die exakt die Anforderungen des Unternehmens erfüllen und in die passende strategische Richtung gehen. Das ist auf den ersten Blick nicht so einfach. Der Markt an digitalen Lösungen für das Personalwesen ist ebenso groß wie unübersichtlich. Es gibt eine Vielzahl an Softwareanbietern im HR Bereich, die die unterschiedlichsten Lösungen anbieten. Das Angebot reicht von einer allumfassenden Suite über modulare People-Management Software bis hin zu Speziallösungen. Neben den funktionalen Anforderungen, der Nutzerfreundlichkeit und einem optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnis sollte die HR Software nicht nur zukunftsfähig sein, sondern auch zu den langfristigen Unternehmenszielen passen. Der HR Software Auswahlprozess sollte daher anhand von vorher festgelegten Kriterien und als bewusste Entscheidung erfolgen.
HR Digitalisierung: Die Qual der Wahl
Um die passende HR Software zu finden, sollten Unternehmen in einem ersten Schritt die strategische Ausrichtung der Personalarbeit festlegen. Neben Verwaltungsprozessen im Personalbereich ist es für viele Firmen auch wichtig, Recruiting und Themen der Personalentwicklung digital abzubilden. Und darin liegt letztlich die Herausforderung für die Umsetzung einer zukunftsfähigen HR-IT Architektur. Sie sollte alle strategischen Aspekte berücksichtigen.
(Quelle: Clevis GmbH)
Anbietertypen für HR Software
Der bislang vorherrschende Gedanke „je größer der Anbieter ist, desto besser“ ist längst überholt. Grundsätzlich sind die großen Software-Player aufgrund ihres Angebotes an komplexen Systemen besser für große Unternehmen mit über 10.000 Beschäftigten geeignet als für einen inhabergeführten Betrieb mit beispielsweise 300 Mitarbeitenden. Inzwischen gibt es aber auch eine Vielzahl an spezialisierten Anbietern, die je nach Anforderung für jedes Unternehmen der ideale Partner sein können.
Grundsätzlich unterscheiden sich die Anbietertypen in den folgenden Aspekten:
- Sie bieten hochspezialisierte Systemfunktionen (Tiefe der Entwicklung) oder sind generalistische Alleskönner (Breite der Entwicklung).
- Sie bilden eher administrative Themen der HR Arbeit ab oder stehen für Personalentwicklungsthemen.
- Sie sind bewährte, eher stetig entwickelnde Player im Markt oder sie sind dynamisch, innovative Lösungen.
Je nach Fokus lassen sich 5 Anbietertypen unterscheiden:
KMU Suiten
HR Software mit Fokus auf der Kundengruppe der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) bieten primär administrative Unterstützung der vorhandenen HR-Prozesse. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einem HR Stammdatensystem und administrative Prozesse der HR Arbeit wie Zeiterfassung oder Urlaubsanträge. Zusätzlich bieten manche Anbieter ein oder mehrere Systemmodule zu den Themen Recruiting, Performance und Learning, auch wenn diese in ihren technischen Funktionalitäten eher auf die Basics beschränkt sind.
Enterprise Suiten
HR Software mit Fokus auf großen Unternehmen ist eine Komplettlösung mit Stammdatensystem und allen gängigen HR-Modulen. Die notwendigen Integrationen lassen sich daher deutlich reduzieren und die Kommunikation zwischen den einzelnen Modulen läuft meistens reibungslos.
Insellösungen
HR Softwarelösungen mit Fokus auf einzelne Funktionalitäten wie z. B. eine Recruiting-Lösung, präsentieren sich als absolute Spezialisten auf ihrem jeweiligen Gebiet und sind stark von inhaltlichen Entwicklungen und Trends getrieben. Die Integration in die bestehende Software-Architektur erfordert technische Anpassungen und kompatible Drittsysteme.
Talent Suiten
Talent Suiten haben sich meist aus einer Insellösung entwickelt, die nach und nach um weitere Module und Funktionalitäten zu einer Komplettlösung erweitert wurde. Die Erfassung von Stammdaten ist zu meist nicht Teil dieser Lösungen, wird jedoch als nächster Entwicklungsschritt verstanden.
Workflowmanagement-Lösungen
Workflowmanagement-Lösungen fokussieren sich auf HR Employee Self Service Angebote, die es den Beschäftigten ermöglichen, zentrale HR Prozesse wie die Verwaltung von Dokumenten, Anträgen und Abwesenheiten selbst vorzunehmen. Darüber hinaus bieten sie in der Regel keine weiteren HR-Funktionalitäten.
4 Fragen auf dem Weg, zum richtigen Anbietertypen
Vorab ist zu klären, ob eine bereits vorhandene Lösung über zusätzliche Module erweitert werden kann. Nicht immer ist der Zukauf eines weiteren Moduls die richtige Entscheidung – auf den ersten Blick ist es zwar die naheliegendste Lösung, auf den zweiten Blick offenbaren sich jedoch oft ungenaue Passungen und bergen Risiken einer geringen Zufriedenheit der Endnutzer. Deshalb sollte man auch hier – nicht nur bei einem kompletten Neukauf – folgende Fragen miteinbeziehen:
1. Wo liegt der inhaltliche Schwerpunkt?
Steht ein bestimmtes HR-Modul im Fokus, während für andere Module eine einfachere Grundausstattung ausreichend ist? Oder sollen alle Module in ähnlicher Komplexität und mit ähnlichem Umfang eingesetzt werden? Gibt es innerhalb eines Modules bestimmte Trend-Themen wie z. B. Objectives and Key Results Management, die relevant sind, oder werden eher klassische Aspekte wie Zielvereinbarungen abgebildet?
2. Wie wichtig ist Effizienz und Effektivität?
Wird die HR Lösung primär zur Abbildung bestehender administrativer HR Prozesse benötigt, um einfach effizienter zu arbeiten? Oder geht es auch darum, neue Effekte in der Personalarbeit zu schaffen? Ein großer Hebel in der Digitalisierung von HR liegt gerade darin gänzlich neue Effekte durch Software zu erzielen z. B. in der gesteigerten Reichweite im Recruiting oder durch Aspekte des digitalen Lernens.
3. Standard versus Individualisierung?
Wie nah kann man eigene bisherige HR-Prozesse an die Standards der Softwareanbieter anpassen und wo gibt es ggf. wichtige Gründe für eine exakte Abbildung der eigenen Prozesse in der bisherigen Software. Diese Frage nach entsprechendem Spielraum bzw. Grenzen ist dringend vor der Softwareauswahl zu klären. Einige Software- und Service-Anbieter bieten zwar einiges an Konfigurationsspielraum, aber die Grenzen gilt es vorher zu kennen, um keine unliebsamen Überraschungen während der Implementierung zu erleben.
4. Wie viel „Best of Breed“ darf es sein?
Wer durchgängige Höchstleistung seiner HR Tools erwartet, kommt um eine Best of Breed- Strategie nicht umhin. Die fachliche Excellenz hat aber den Preis von Reibungsverlusten in der Kommunikation zwischen den einzelnen Systemen. Zwar verstehen sich die meisten Anbieter mittlerweile als plattformfähig, aber dennoch gibt es in der Praxis Grenzen in der Integration. Dazu empfinden manche Nutzer die „Brüche“ in der Optik über verschiedene Module als störend.
Anhand dieser vier Fragen lassen sich ein oder mehrere passende Anbietertypen identifizieren. Nun kann der eigentliche Software-Auswahlprozess beginnen!