Das Potenzial der Quantentechnologie, die großen Probleme der Menschheit zu lösen, ist enorm. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Sektoren wie das Gesundheitswesen oder Mobilität durch die Innovationen auf dem Feld revolutioniert werden. Doch vor allem bei der aktuell größten Hürde der Menschheit – dem Klimawandel – werden Quantentechnologien zu immensen Einsparungen von Treibhausgasemissionen führen.
Der Bericht „Für eine Quantenvision für Deutschland“ vom Berliner Thinktank Themis Foresight beleuchtet die Innovationskraft, die in Technologien wie Quantencomputing steckt, und erläutert, warum wir uns inmitten einer Quantenrevolution befinden, die die gesamte Weltwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten verändern wird. In mehrmonatiger Recherche und Zusammenarbeit mit einem Team der Bundesdruckerei, dem IT-Sicherheitsunternehmen des Bundes, entstand dieser umfangreiche Bericht, der ein Makro-Bild der Zukunft der europäischen Marktwirtschaft zeichnet und für eine einheitliche Vision von Wirtschaft und Politik plädiert, damit Deutschland und Europa diesen Paradigmenwechsel mitgestalten können.
Den bahnbrechenden Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte im Digitalen stehen die größten Herausforderungen in der analogen Welt gegenüber. Der Klimawandel ist allgegenwärtig, seine Konsequenzen bereits spürbar und die Prognosen unheilvoll. Forscher warnen seit Jahrzehnten vor den Auswirkungen der steigenden Erderwärmung durch die Emission von Treibhausgasen, und global wird der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gefordert und der Weg hin zu erneuerbaren Energien gefördert. Doch während öffentliche Debatten geprägt sind von der Forderung nach dem sinnvollen Komplettausstieg, wird die Rechnung ohne den Energiemehraufwand gemacht, den das digitale Zeitalter verursacht und der sich durch den fortschreitenden Einsatz von Technologien wie Künstlicher Intelligenz oder Blockchain künftig noch potenziert.
Die wachsende Datenmenge energetisch auffangen
In einer zunehmend digitalisierten Welt steigt der Verbrauch an Energie, um diese zu betreiben. Rechenzentren verschlingen Unmengen an Energie bei der Rechenleistung, und der Verbrauch erhöht sich stetig. So wird sich nach aktuellen Prognosen der Bedarf an Rechenleistung in der nächsten Dekade von noch 114 TWh in 2020 auf 331 TWh im Jahr 2030 fast verdreifachen. Das Betreiben eines Supercomputers der neuesten Generation verschlingt die elektrische Leistung, die ein durchschnittliches Kohlekraftwerk produziert. Und gigantische Rechenzentren, die Daten für KI-Training aufbewahren oder für Transaktionen über Blockchain sorgen und auch Krypto-Mining möglich machen, fordern ihren energetischen und ökologischen Tribut. Denn für sie werden ganze Flüsse zur Kühlung umgeleitet und alte Erdölbrunnen reaktiviert. Ein Weg heraus aus diesem massiven Energieverbrauch durch Datentransfers könnte der Einsatz von Quantencomputern sein.
Mit Quantencomputern Treibhausgasemissionen um 10 Prozent senken
Die energetische Ineffizienz aktueller Rechenprozesse kann mit Quantencomputern erheblich gesenkt werden. Vergleicht man z.B. die Kosten, die ein Supercomputer verursacht, mit denen einer vergleichbaren Quantencomputereinheit, so kommt man jährlich auf nur etwa 25.000 Dollar; Eine Kostenersparnis von satten 99,99 Prozent. Bei richtiger Anwendung ließen sich durch Quantencomputer so weltweit Effizienzgewinne erzielen, die bei durchschnittlichem Verbrauch ein Jahr lang den Strombedarf von sieben bis 200 Millionen Menschen decken könnte. Akkumuliert könnte das bis 2040 eine Senkung der Treibhausgase um 10 Prozent bedeuten. Diese Prognose bezieht sich dabei ausschließlich auf derzeit verfügbare Technologien und liegt einer konservativen Schätzung zugrunde. Insgesamt bedeute dies eine jährliche Einsparung von etwa 5,4 Milliarden Tonnen an CO2e-Emissionen, was dem Ausstoßvolumen der USA entspricht. Auch im Transportsektor könnten Quantencomputer für mehr Effizienz sorgen. Bei einer Effizienzsteigerung von nur acht Prozent, beispielsweise durch die Verringerung von Kraftstoffverbrauch oder der Verbesserung von Batterien für E-Autos, könnte der Energieverbrauch aller Computer weltweit kompensiert werden. Neben dieser energetischen Effizienzsteigerung können durch Quantencomputer selbst zudem komplexe Klimafragen gelöst werden. So sind zum Beispiel erst durch die Rechenleistung von Quanteneinheiten weitreichende Simulationen molekularer Prozesse, wie der Elektrolyse, möglich, die zu einem Durchbruch in der Suche nach einer umweltfreundlicheren Wasserstoffproduktion führen können.
Digitalisierung war gestern, Quantentechnologien sind die Zukunft
Die Digitalisierung in Deutschland voranzubringen ist weit oben auf politischen Agenden. So sinnvoll u.a. die Anstrengungen des Ausbaus und Optimierung des Netzes sind, werden die größten Innovationssprünge allerdings aus der Welt der Atome kommen. Dies erkennt auch die Bundesregierung an, die 2021 zwei Milliarden EUR für die Entwicklung von Quantencomputing bereitstellte. Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren ein Ökosystem um das Feld zu schaffen, um eigene Technologien in Deutschland entwickeln zu können und Abhängigkeiten zu vermeiden. Auch bei anderen Global Playern lässt sich die Relevanz, die der Quantentechnologie wissenschaftlich und wirtschaftlich zugeschrieben wird, in Form von staatlicher Investitionsfreude ablesen. Global federführend ist die Volksrepublik China, die aktuell über 15 Milliarden Dollar an staatlichen Mitteln bereitstellt. An Platz zwei steht die EU, die insgesamt 7,2 Milliarden Dollar investiert. In weiteren Industrienationen wie Großbritannien, Indien oder Russland liegen die Investitionen jeweils um und unter 1 Milliarde Dollar pro Land.
Die Interessen für die Anwendungsgebiete der Quantentechnologien der einzelnen Länder sind unterschiedlich gewichtet. Während sich z.B. China auf internationale Kommunikationstechnik konzentriert, steht bei Ländern wie Japan, Kanada und Südkorea Hard- und Software-Entwicklung im Fokus. Die USA, Iran oder die VAE setzen mit staatlichen Mitteln auf den Energiesektor. Wo wird sich Deutschland inhaltlich positionieren? Klar ist, dass die Abkehr von klimaschädlichen Fertigungs- und Erzeugungstechnologien hin zu klimaneutralen notwendig ist, um die Klimakrise abzumildern. Quantentechnologien bieten das Potenzial, um dafür einen beachtlichen Beitrag leisten zu können. Damit Deutschland und die EU diese imminente Zukunft mitgestalten können, braucht es eine klare Vision für den Einsatz dieser Technologien, um einen nachhaltigen Nutzen für die Gesellschaft zu schaffen und Schaden zu minimieren.
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