Nicht nur die Pandemie hatte in den letzten Jahren massive Auswirkungen auf Rechenzentren. Durch die Zunahme generativer künstlicher Intelligenz (KI) und anderer datenintensiver Anwendungen ist der Bedarf an High-Performance-Computing (HPC)-Umgebungen drastisch gestiegen. Dies führt zu neuen Ansätzen bei der Konzeption, Erweiterung und Verwaltung von Rechenzentren. Gleichzeitig müssen Kapazitäten ausgebaut und Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltbelastung implementiert werden.
Rainer Stiller, CMO bei Vertiv, erläutert im Gespräch mit Ulrich Parthier, Publisher it management, wie sein Unternehmen Kunden bei der Anpassung an diese Veränderungen unterstützt und wie er Vertiv für die Zukunft positionieren will.
Ulrich Parthier: Vertiv bietet Produkte für kritische digitale Infrastrukturen und Kontinuitätslösungen. Wie hat sich das Geschäft in den letzten Jahren verändert und was sind die Schlussfolgerungen daraus?
Rainer Stiller: Die Pandemie zwang alle Unternehmen dazu, ihre Geschäftsabläufe zu modernisieren. Dadurch stiegen die Anforderungen an die Kapazität und die Infrastruktur von Rechenzentren weiter an. Zusätzlich nutzen oder planen immer mehr Betreiber hochdichte Rechenzentren, um datenintensive Anwendungen wie Cloud Computing, KI, HPC und Machine Learning zu unterstützen. Dieser Trend hat in den letzten zwei Jahren noch einmal erheblich an Dynamik gewonnen und erhöht den Bedarf an innovativen, energieeffizienten Lösungen für eine schnelle Bereitstellung von High-Density-Computing.
Ulrich Parthier: Der Markt für kritische digitale Infrastrukturen ist hart umkämpft. Wie hebt sich Vertiv vom Wettbewerb ab?
Rainer Stiller: Vertiv bietet ein Portfolio, das gleichermaßen auf umfassender Fachkompetenz wie einer ausgeprägten Innovationskultur beruht. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung hochverfügbarer Lösungen, die energieund wassersparend sind. Wir helfen unseren Kunden bei der Bewältigung ihrer drängendsten Herausforderungen und unterstützen ihre Nachhaltigkeitsinitiativen durch unser Angebot an Energiemanagement, Wärmemanagement, Racks, IT-Management-Systemen, Services und integrierten Lösungen.
Ulrich Parthier: Kritische digitale Infrastrukturen sind in letzter Zeit auch zunehmend in die Diskussion geraten – Stichwort Nachhaltigkeit. Wie tragen die Lösungen von Vertiv dazu bei, dass ein Rechenzentrum energie- und wassersparender wird?
Rainer Stiller: Effizienzsteigerung und geringere Umweltbelastung sind für viele Entscheider zu Schlüsselfaktoren geworden – angetrieben durch gesetzliche Vorgaben sowie die Anforderungen von Kunden und anderen Stakeholdern. Von hocheffizienten USV-Systemen bis hin zu wassersparenden und GWP-armen Thermal-Management-Systemen bieten wir Lösungen an, die diese Ziele unterstützen. Besonders interessant sind Lösungen, mit denen die Kunden ihre Nutzung alternativer Energien steigern können. Dazu gehören Solarwandler, die solarbetriebene Telekommunikationsstandorte ermöglichen, und Lithium-Ionen-Batterien, die Energie aus alternativen Quellen speichern. Wir informieren unsere Kunden zudem stetig darüber, wie sie ihren CO2-Fußabdruck verringern können, beispielsweise mit dem Data Center Guide to Sustainability, der ihnen hilft, Umweltziele zu erreichen. Unser jährlicher ESG-Bericht von Vertiv enthält zudem Highlights der effizienten Lösungen von Vertiv.
Ulrich Parthier: Wie sorgt Ihr Unternehmen dafür, dass Technologietrends wie E-Commerce, Streaming, Remote-Arbeit, KI und Machine Learning für seine Kunden optimal funktionieren?
Rainer Stiller: Für all diese Anwendungen ist Kontinuität essenziell. Wir bieten die Infrastruktur, mit der unsere Kunden diese Dienste zuverlässig bereitstellen und ihren Betrieb skalieren können. Wir verfügen dabei nicht nur über ein globales Team von erfahrenen Ingenieuren, sondern arbeiten auch mit Innovationsführern der Branche und zukunftsorientierten Kunden zusammen. So können wir Lösungen entwickeln, die IT-Herausforderungen wie hohe Dichte, schnelles Wachstum und ökologische Ziele bewältigen. Angesichts der Herausforderungen unserer Kunden erweist sich dieser Fokus als besonders wertvoll. Denn unser Portfolio umfasst eine Vielzahl von Lösungen. Dazu zählen Thermal-Management-Lösungen für einen effizienten Betrieb von Server-Racks mit hoher Dichte, vorgefertigte modulare Lösungen, die Kapazitätserweiterungen innerhalb kürzester Zeit erlauben, sowie unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV), mit denen Kunden alternative Energiequellen bei zuverlässiger kontinuierlicher Stromversorgung nutzen können.
Ulrich Parthier: Wie sehen einige praktische Anwendungen von KI, ML, VR und AR aus?
Rainer Stiller: Sowohl Virtual als auch Augmented Reality werden bereits in vielen Branchen eingesetzt, um Abläufe zu optimieren und das Kundenerlebnis zu verbessern – vor allem im Verbraucher- oder Einzelhandelsbereich. Im E-Commerce können Sie zum Beispiel virtuell Kleidung anprobieren oder ein Sofa digital in Ihrer Wohnung aufstellen. Die Kombination aus VR und AR – die Extended Reality (XR) – hat eine noch immersivere Qualität. Damit lassen sich virtuelle Umgebungen interaktiv nutzen. So können Sie beispielsweise einen Kühlschrank digital in Ihrer Küche aufstellen, die Türen öffnen und herausfinden, wie er funktioniert.
Ulrich Parthier: Hat Vertiv KI-, ML-, VR- und AR-Anwendungen eingeführt?
Rainer Stiller: Wir nutzen in mehreren Fabriken digitale Zwillinge, eine Form der KI, um Effizienz und Qualität zu verbessern und Kosten zu senken. Einige unserer Servicetechniker verwenden auch AR-Smart-Brillen, um Probleme virtuell zu erkennen und klare Anweisungen zu Prozessen erhalten können. Darüber hinaus bietet unsere XR-App, das erste Tool seiner Art, ein spannendes Kundenerlebnis. Durch Augmented Reality erhalten die Nutzer der App eine realistische Darstellung des gewünschten Vertiv-Produkts am Ort ihrer Wahl – beispielsweise im Rechenzentrum oder in der Fabrikhalle. So geben wir unseren Kunden die Möglichkeit, sich die Geräte vor dem Kauf in der Einsatzumgebung anzusehen und so eine fundierte Entscheidung zu treffen. Mit der App können mehr Kunden ganz einfach virtuell mit unseren Lösungen interagieren, Türen öffnen und die Geräte so lange erkunden, wie sie wollen und wann sie wollen.
Ulrich Parthier: Was hat Vertiv für die Zukunft geplant?
Rainer Stiller: Die Märkte, die wir bedienen, entwickeln sich ständig weiter. Daher werden wir uns ebenfalls auf die Weiterentwicklung unserer Lösungen konzentrieren, um ihre Effizienz, Zuverlässigkeit, Intelligenz, Flexibilität und Einsatzgeschwindigkeit zu verbessern. Hierbei möchten wir unseren Kunden die bestmögliche Erfahrung bieten.
Außerdem ist es unser Ziel, in allen Bereichen unsere Umwelteinflüsse zu verringern. Dies wird in unserem kürzlich veröffentlichten ESG-Bericht ebenso ausführlich beschrieben, wie die Maßnahmen, die wir ergreifen, um Talente zur Unterstützung unserer Innovationsinitiativen und zur Aufrechterhaltung einer starken Kultur zu entwickeln. Darüber hinaus sind wir durch Partnerschaften und über unsere Kunden direkt an einer Reihe von zukunftsweisenden Projekten beteiligt. Beispielsweise arbeiten wir mit dem schwedischen RISE-Forschungsinstitut zusammen, um die Branche in eine neue Ära nachhaltiger Rechenzentren und Edge-Anwendungen zu führen. Wir beteiligen uns auch am EcoEdge Prime Power Project, das sich auf die Entwicklung umweltfreundlicher Brennstoffzellen für Rechenzentren konzentriert. Außerdem arbeiten wir mit führenden Wissenschaftlern und Forschern an den Kühltechnologien der nächsten Generation.
Ulrich Parthier: Herr Stiller, wir danken für dieses Gespräch.