Der Cloud-Hype kann 2024 nicht mehr geleugnet werden: Laut der neuesten Bitkom-Studie nutzen bereits 81% der Unternehmen hierzulande Cloud-Computing, 14% fahren sogar eine “Cloud-only”-Strategie.
Schließlich ist die Serverkapazität skalierbar, die Anschaffungskosten niedrig und der Zugang von jedem Gerät aus möglich, wobei die Wartungskosten nahezu komplett entfallen. Außerdem erscheint vielen der Weg von einer Idee und ihrer Entwicklung bis hin zum Produkt und der Markteinführung schneller und effizienter als mit anderen Lösungen. Zu den Vorteilen zählen die meisten auch den hervorragenden Zugang zu innovativen Entwicklungsdiensten und KI-Lösungen, sowie die Business Continuity und Disaster Recovery. Doch auch die Cloud hält nicht immer das, was sie verspricht – und viele Unternehmen möchten wieder raus. Aber ist das überhaupt noch möglich? Und wie setzt man einen Cloud-Exit am besten um?
Fehlentscheidung Cloud – Wann macht ein Exit Sinn?
Je umfangreicher und komplexer die Arbeitslasten, desto mehr unterstützende Dienste benötigt die Cloud. Damit übersteigt die Cloud schnell mal den ursprünglich festgelegten Kostenrahmen. Oft können auch regulatorische Rahmenbedingungen dazu führen, dass eine Rückführung in eigene Rechenzentren in Betracht gezogen werden muss. Fakt ist: Wer einen solchen Cloud-Exit angeht, merkt schnell: Einfach wird’s nicht. Ein simpler Anbieterwechsel alleine ist schon kompliziert. Denn die Prozesse sind in der aktuellen Cloud perfekt optimiert. Wer also wirklich zurück zu On-Premises will, muss die unterschiedlichen genutzten Dienste komplett ersetzen. Dies kann zeitaufwendig und kostenintensiv sein.
So gelingt der Cloud-Exit
Möchte ein Unternehmen komplett auf Cloud-Dienste verzichten, gilt es als erstes einen gut durchdachten Plan zu erstellen. Idealerweise passiert das sogar noch vor der Cloud-Migration in Form einer Exit-Strategie. Institutionen mit sehr sensiblen Daten, wie etwa Banken- und Versicherungen, sind gesetzlich sogar dazu verpflichtet.
- Bestandsaufnahme: In einem ersten Schritt gilt es, sich einen Überblick zu verschaffen: Welche Anwendungen, Daten und Dienste werden derzeit überhaupt in der Cloud genutzt? Das Ziel besteht darin, das Ausmaß der Migration zu bestimmen. In diesem Zuge sollten bestehende Abhängigkeiten zwischen Anwendungen und Datenbanken identifiziert werden, um sicherzustellen, dass alle miteinander verknüpften Systeme auch so in die neue Umgebung übertragen werden.
- Netzwerkinfrastruktur und Sicherheit: Der Wechsel in ein On-Premises-System zieht auch die Einrichtung neuer Sicherheitsprotokolle mit sich. Dabei ist auf aktuelle Standards zu achten. Am besten richten die IT-Spezialist*innen direkt zeitgleich kontinuierliche Überwachungs- und Wartungsprozesse ein. Nur so lassen sich Sicherheitslücken und Leistungsprobleme rechtzeitig erkennen und beheben.
- Über gesetzliche Vorgaben: Besonders wichtig bei der Migration ist es, alle gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen wie Datenschutzbestimmungen einzuhalten. Dabei müssen alle Prozesse und Maßnahmen zwingend genau dokumentiert werden, um die Einhaltung der Compliance-Anforderungen nachweisen zu können.
- Kosten- und Nutzen-Analyse: Ist der Umfang des Projektes erst einmal bekannt, lassen sich auch die nötigen Ressourcen ermitteln. Je generischer eine Umgebung konzipiert ist, desto einfacher lässt sie sich in eine andere Umgebung umsiedeln. In die Kosten- und Nutzenrechnung sollten sowohl zeitliche, personelle und finanzielle Komponenten eingerechnet werden. Außerdem sind auch versteckte Kosten zu berücksichtigen, die etwa durch Ausfallzeiten anfallen könnten. Darüber hinaus gilt es, sich über die Kosten bei einer On-Premises-Infrastruktur im Klaren zu werden: Wie viele Ressourcen beanspruchen Hardware, Software, Lizenzgebühren und Implementierung der On-Premises-Lösung? Vergessen Sie nicht, auch an die Mitarbeitenden zu denken: Überlegen Sie sich eine Support-Strategie – sowohl für den Übergangszeitraum, wie auch für die Zeit danach. Außerdem werden auch IT-Schulungen anfallen, die in der Kostenanalyse ebenfalls eingeplant werden sollten. Wichtig ist auch, dass die neue Infrastruktur skalierbar ist, um zukünftiges Wachstum und erhöhte Anforderungen zu bewältigen.
Vergleichen Sie die Kosten des Cloud-Exits und der On-Premises-Infrastruktur nun mit den Kosten der Cloud-Dienste und stellen Sie für sich fest: Lohnt sich der Exit langfristig wirklich? Für einen wirklich aussagekräftigen Vergleich sollten Sie die Kosten über einen Zeitraum von 3 bis 5 Jahren betrachten.
- Datensicherung durch Backup-Strategien: Das wohl wichtigste ist es, Datenverluste bei der Migration zu vermeiden. Deshalb sollte jedes Unternehmen Backup-Strategien und -Systeme entwickeln, die durchaus redundant sein können. Um sicherzustellen, dass die Wiederherstellungsprozesse im Ernstfall auch zuverlässig funktionieren, gilt es diese regelmäßig zu testen.
- Pilotprojekt: Die Migration sollte in jedem Fall bei weniger kritischen und sensiblen Anwendungen starten. So können erste Erfahrungen gesammelt werden und mögliche Probleme zeigen sich frühzeitig. Die ganze Umsiedlung in die neue IT-Infrastruktur muss in mehreren Phasen erfolgen, damit die Auswirkungen auf den alltäglichen Geschäftsbetrieb so minimal wie möglich gehalten werden. Außerdem können Fehler so schnell behoben werden, ohne dass sie einen großen Schaden verursachen.
Wo ein Weg, da auch ein Rückweg
Die Cloud boomt und bietet Unternehmen weltweit zahlreiche neue Möglichkeiten. Doch mit zunehmender Komplexität, Abhängigkeit und intransparenten Kostenstrukturen wächst allmählich Unmut. Immer mehr Unternehmen hinterfragen ihre Nutzung der Cloud – wobei die meisten aber vor einem Exit zurückschrecken. Zu Recht: Der Pfad von der Bestandsaufnahme bis hin zur Migration ist voller Hindernisse und Herausforderungen. Dennoch: Wer den Weg zur Cloud gefunden hat, der wird – mit den richtigen Expert*innen an der Seite – auch wieder den Rückweg finden.
Thomas Huth, Gründer und Geschäftsführer von Capefoxx