Der Wettbewerbsdruck auf die Anbieter von Colocation-Flächen und Managed Services steigt weiter. Und in der Cloud-Welt der Zukunft scheint Größe der allein bestimmende Faktor zu werden. Mittelgroße Anbieter sind gefordert, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Eine mögliche Antwort: Technologie und Vertikalisierung.
Für viele ist das Rennen längst entschieden: Die IT wandert in die Cloud und hier setzen sich ein paar wenige, sehr große Anbieter wie Amazon, Google, Microsoft durch. Die Triebfedern hinter dieser Konzentration: Preisvorteile durch Skaleneffekte in weltumspannenden IT-Infrastrukturen, das Setzen von technologischen Quasistandards und extrem kostengünstige, weil gleichartige Angebote an die Kunden. Was aus der Vogelperspektive schlüssig erscheint, weicht bei näherem Hinsehen einer differenzierteren Sichtweise.
Die Anbieterszene im Bereich Colocation, Managed Services und selbst bei Cloud-Lösungen ist weiterhin vielfältig. Ein Grund: Mittelgroße Anbieter zeigen sich einfallsreich, schärfen ihre Leistungen, stimmen diese besser und individueller auf Kunden ab und bieten vielen Kunden so weiterhin die attraktiveren Angebote.
Vorteile kleinerer Anbieter nutzen
Dabei können kleinere Anbieter auf einige klare Vorteile gegenüber den Branchenriesen setzen. So ist die Betreuung meist persönlicher, sie zeigen sich flexibler und sind mit ihren Standorten auch manchmal einfach näher dran am Kunden. Allerdings: Individualisierung kostet Zeit und Geld, behindert Skalierung und Wachstum. Daher gilt es für mittelgroße Anbieter, einen Mittelweg zwischen kostentreibender Individualisierung und den kostengünstigen Standardangeboten der ganz großen Anbieter zu finden. Einen Ausweg bietet die Vertikalisierung.
„Die Anforderungen der Unternehmen sind deutlich differenzierter und vielfältiger, als es der Ruf der IT als horizontale Technologie uns manchmal glauben lässt. Branchen und Unternehmen setzen bei ihren Anforderungen sehr unterschiedliche Schwerpunkte, die Reifegrade unterscheiden sich und spätestens bei den Applikationen gibt es riesige Unterschiede. Wir fahren aktuell eine Vertikalisierungsstrategie, fokussieren auf Branchen mit speziellen Ansprüchen an Sicherheit, Technologie und Service. So können wir Banken und Versicherungen, öffentlichen Einrichtungen, Softwareanbietern und der Automobilindustrie sehr attraktive Angebote machen und zeigen, dass wir ihre Sprache sprechen“, bringt es Ingo Kraupa, Mitgründer und Vorstandsmitglied der noris network AG auf den Punkt.
Der Nürnberger Dienstleister kann mit TISAX, PCI-DSS oder dem ISO 27001-Zertifikat auf der Basis von IT-Grundschutz einige branchenspezifische Zertifizierungen und viel Erfahrung mit der proaktiven, praktischen Unterstützung bei Audits bieten. Bei größeren Anbietern suchen Kunden das meist vergeblich. Gleichzeitig stellt diese Unterstützung einen großen praktischen Nutzen dar. Schon weil ein missratener Audit in Branchen wie Banken und Finanzen oder bei öffentlichen Einrichtungen ein Anlass für Eskalationen ist, den die IT-Verantwortlichen unbedingt vermeiden wollen.
Natürlich ist diese Strategie nicht ohne Kosten und Risiken. So investieren die Nürnberger massiv in neue RZ-Technologien und -Flächen, um auch künftig den hohen, weiterwachsenden Sicherheits- und Verfügbarkeitsanforderungen ihrer Kunden entsprechen zu können. Der jüngste Colocation-Erweiterungsbau in Nürnberg ist TÜV-TSI-Level-4-zertifiziert und die RZ-Standorte in München und Nürnberg sind durch Ultra-Low-Latency-Technologie mehrfach redundant vernetzt. Der Hintergrund: Viele der Kunden sind schon von den Aufsichtsbehörden gezwungen, ausgefeilte Business-Continuity-Strategien und moderne Dual-Site-Konzepte umzusetzen. Wer hier mitspielen will, muss entsprechend investieren.
Technologisch mithalten
Ein weiterer Bereich, in dem der Dienstleister mit hoher Flexibilität punktet, ist die Cloud-Transformation. Technische und wirtschaftliche Zwänge führen dazu, dass oft nur Teilbereiche von Anwendungen in die Cloud umgezogen werden können. Diese Anwendungen arbeiten oft noch mit Daten aus Legacy-Systemen. Diese müssen dann aus Latenzüberlegungen in unmittelbarer Nähe zur Cloud-Infrastruktur betrieben werden. Anders als die internationalen Cloud-Anbieter bietet noris network hierfür hybride Architekturen, also das Nebeneinander von Cloud- und klassischen Infrastrukturen. „Es gibt kleine Unternehmen oder Start-ups, die direkt in die Cloud springen. Aber für die meisten gewachsenen Unternehmen ist der Weg in die Cloud eher ein jahrelanger Marathon als ein kurzer Sprint. Hier bieten wir uns als Migrationspartner an, der die sich wandelnden Anforderungen auf diesem Weg flexibel abbilden kann und zugleich das Know-how – auch im Bereich Compliance-konformer Datensicherheit – für diese Migration vertiefen kann“, so Ingo Kraupa.
Und Ingo Kraupa lüftet ein weiteres Geheimnis. „Es fällt mittelgroßen Unternehmen schwer und ist ein relevanter Kostenblock, aber um technologisch vorn bleiben zu können, muss man sich an Diskussionen und Entwicklungen zur künftigen IT aktiv beteiligen.“ So arbeiten Spezialisten der noris network AG bei der 5GAA mit, die als Vereinigung die 5G-Technologie für Vehicle-to-X-Kommunikation (V2X) standardisieren und nutzbar machen will.
Das Kalkül des Dienstleisters: Wenn künftig Fahrzeuge mit Fahrzeugen, Fußgängern und Infrastruktur kommunizieren, um die Sicherheit beim (autonomen) Fahren zu erhöhen, wird dies hohe Anforderungen an Datenkommunikation, -speicherung und -sicherheit stellen – und neue Geschäftsfelder öffnen. Gleiches gilt für die Beteiligung an GAIA-X. Die europäische Cloud-Initiative könnte mittelfristig für Bewegung im internationalen Cloud-Markt sorgen und die Datensicherheitsbedenken vieler Unternehmen an den heutigen Strukturen aufnehmen. „Innovation in der IT ist für uns eine Leidenschaft. Das Ende der Entwicklung ist hier noch lange nicht erreicht, Themen wie Datenhaltung und -sicherheit sind noch nicht fertig gelöst. Die Zeit ist reif, dass wir Provider in Europa hier an einem Strang arbeiten.“
Die Beispiele zeigen, dass es weiterhin gute Differenzierungsmöglichkeiten für kleine und mittelgroße IT-Dienstleister gibt. Und das ist gut für Kunden und Wettbewerb. Auch weil, wie es Ingo Kraupa formuliert, kleinere IT-Dienstleister „diesen berühmten einen wichtigen Schritt mehr für die Kunden gehen, den vor allem große Wettbewerber nicht gehen wollen.“