Der Gang in die Cloud endet für Unternehmen nicht an einem vorbestimmten Punkt. Statt einer Projekt-zentrierten Denkweise setzt sich daher immer mehr ein Ansatz durch, der das Gesamtbild des Cloud-Lifecycles in den Mittelpunkt rückt.
Wer die Cloud-Migration als kontinuierlichen Prozess betrachtet, schöpft letztlich das vollständige Potenzial der Technologie aus – von der optimalen Skalierbarkeit über die Agilität bis zu Effizienz und einem neuen Level an Innovationskraft.
Die meisten Unternehmen definieren die Migration in die Cloud als festes Ziel. Für Entscheider bedeutet das in den meisten Fällen: Wir ziehen von A nach B, es gibt einen Start- und einen Endpunkt. Mit der Transformation einhergehen damit immer die gleichen Fragen nach dem Fortschritt, wann das Projekt denn endlich abgeschlossen sei und warum das alles überhaupt so lange dauert. Diese hohe Erwartungshaltung führt in nicht wenigen Unternehmen zu einer gewissen Cloud-Ernüchterung und Unzufriedenheit über die laufenden Prozesse. Dabei steckt der Teufel allerdings im Detail, beziehungsweise in der Definition.
Der Gang in die Cloud ist kein simples Projekt, das nach dem Erreichen von bestimmten Zielen als abgeschlossen angesehen werden kann. Vielmehr ist es ein kontinuierlicher Prozess. Die richtigen Fragen sollten daher lauten: Was sind die nächsten Schritte und wie kann die Cloud dem Unternehmen noch helfen?
Auch die Cloud-Technologie selbst ist kein starres Gebilde, das einmal implementiert und danach auf die gleiche Art und Weise endlos nutzbar ist. Sie ist, wie auch die restliche IT-Welt, in einem stetigen Wandel, der neue Lösungen und Services hervorbringt – beispielsweise die Künstliche Intelligenz. Die hohe Dynamik, die der Markt und die Cloud damit auslösen, erfordert auch auf Anwender- bzw. Unternehmensseite deutlich flexiblere Denkmuster. Aus den strikten Wasserfall-Ansätzen muss ein agiles Lifecycle-Management werden, das die Cloud in allen Facetten betrachtet und mit kontinuierlichen Iterationen arbeitet. Diese Neuausrichtung des Blickwinkels stellt einen entscheidenden Faktor bei der Frage dar, ob die Cloud-Migration den erwarteten Mehrwert gebracht hat.
Der Drei-Stufen-Plan für die Cloud-Migration
Dass Unternehmen eine Migration in die Cloud nicht mit klassischen Projekt-Management-Werkzeugen abarbeiten können, wird alleine schon an den drei idealtypischen Phasen einer Transformation in die Wolken deutlich – der initialen Cloud-Migration, der Cloud-Modernisierung sowie der Cloud-Innovation.
Bei der initialen Cloud-Migration wird die bestehende On-Premises-Infrastruktur häufig einfach in die Cloud verschoben. Die Wahrheit ist aber auch, dass ein simples Lift-and-Shift-Verfahren nur wenig bis gar keine Vorteile beinhaltet. Denn eine ineffiziente Infrastruktur wird in der Cloud nicht auf magische Weise effizient und kann im schlimmsten Fall zu höheren Kosten sowie einem höheren Administrationsaufwand führen. Daher sollten Unternehmen bereits in der Anfangsphase der Cloud-Migration darauf achten, neben der reinen Verlagerung auch die Vorteile der Cloud, wie schnelle Anpassbarkeit, Flexibilität und Skalierbarkeit, zu nutzen.
Die zweite Phase, die Modernisierung, konzentriert sich auf die Nutzung neuer Dienste, die Unternehmen entlasten – beispielsweise Platform-as-a-Service (PaaS)-Angebote. Auch der Einsatz von Technologien wie Container-Lösungen, Kubernetes oder Microservice-Architekturen treibt die Modernisierung voran und ist letztlich unerlässlich, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu sichern. Die kontinuierliche Modernisierung ist auch deshalb ein entscheidender Aspekt, weil die Entwicklung und Bereitstellung von Anwendungen, die von Grund auf für die Cloud konzipiert sind, die Zukunft der IT mitbestimmen werden.
Die letzte Phase betrifft die Innovation und integriert neue Anwendungen in Bereichen wie generativer KI und ML oder Datenanalyse. Darüber hinaus kann die Erweiterung bestehender oder die Einführung neuer Geschäftsmodelle ein Ziel in diesem Abschnitt sein, beispielsweise durch die Integration interaktiver Chat-Agenten in Unternehmenssoftware oder die Nutzung von IoT-Daten. Diese Modernisierungs- und Innovationsphasen enden nicht, weil sich auch die Cloud ständig weiterentwickelt. Für Unternehmen ist es daher zentral, den Lebenszyklus konsequent zu betrachten, die richtigen Konsequenzen zu ziehen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Die verschiedenen Blickwinkel auf die Cloud
Bei der Betrachtung des Themas Cloud aus Sicht der IT, des Managements und der Kunden wird deutlich, dass der klassische Projektansatz nicht mehr zeitgemäß ist. Die IT muss sich immer mit neuen Themen und Technologien auseinandersetzen, während die Unternehmen unter Wettbewerbsdruck stehen, Innovationen voranzutreiben. Zudem steigen die Anforderungen und Erwartungen der Kunden, was den Druck auf die Unternehmen weiter erhöht.
Diese stehen somit vor zwei wesentlichen Herausforderungen: Zum einen müssen sie sich von der traditionellen Wasserfallmethode lösen und ein Lifecycle-Management einführen. Ein Change Management mit Awareness-Schulungen und entsprechenden Workshops ist dabei oft unerlässlich, da die Unternehmenskultur an die Anforderungen der Cloud adaptiert werden muss. Insbesondere erfordert die Cloud eine neue Form der Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg. Auch Prozesse und Werkzeuge müssen an die Anforderungen der Cloud angepasst werden. Ein Beispiel hierfür sind Monitoring- und Ticketing-Systeme: Da Cloud-Projekte nie wirklich abgeschlossen sind, ergeben sich zwangsläufig Änderungen in der Planung und Budgetierung. Das bedeutet auch, dass für Unternehmen eine regelmäßige Budgetkontrolle notwendig, beispielsweise im Rahmen des “Pay-as-you-go”-Modells bei der Nutzung von Cloud-Diensten.
Zum anderen sollte auch ein Wechsel von der IT- zur Business-Sicht stattfinden. Der Fokus liegt dabei auf der Schaffung von Mehrwert im praktischen Arbeitsalltag, etwa durch die Nutzung neuer Services oder das Potenzial für Cross- und Up-Selling. Treiber dieser Entwicklung sind in erster Linie Fachabteilungen wie Vertrieb und Marketing, Forschung und Entwicklung sowie Personalabteilungen.
Oberstes Ziel eines Unternehmens sollte nach wie vor sein, die Modernisierung voranzutreiben, die Innovationsfähigkeit zu steigern und zusätzliche Freiräume für das eigene Geschäft und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu schaffen. Diese Freiräume sind entscheidend für die Bewertung aktueller Trends, Themen, Lösungen und Dienstleistungen. Oftmals ist es auch sinnvoll, Managed Services für Standardaufgaben zu nutzen, weil sie Unternehmen entlasten und nicht direkt zur Innovationsfähigkeit beitragen.
Es ist ein Irrglaube, dass eine Cloud-Migration innerhalb eines Jahres abgeschlossen und das “Projekt” damit beendet ist. Nur wer diese Erwartungshaltung überwindet und die Cloud-Transformation als kontinuierlichen Prozess begreift, kann die Cloud erfolgreich nutzen. In vielen Fachabteilungen ist diese neue Sichtweise auf die Cloud bereits angekommen, aber insbesondere auf Entscheiderebene und teilweise auch in der IT besteht oft noch Aufklärungsbedarf. Hier liegt ein Hauptgrund dafür, warum viele Cloud-Projekte nicht den erhofften Erfolg erzielen.