IDC hat im Februar 2023 in Deutschland branchenübergreifend IT-Verantwortliche und Fachentscheider aus 200 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt, um detaillierte Einblicke in die Herausforderungen, Vorgehensweisen und Pläne bei der Nutzung geschäftskritische Anwendungen in der Cloud und bei der Optimierung der Cloud Operations zu erhalten.
Cloud ist fast flächendeckend im Einsatz, die Durchdringungstiefe bleibt gering
82 Prozent der Unternehmen und Organisationen in Deutschland nutzen die Cloud in produktiven Umgebungen. Das ist ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zu IDC-Studie von 2021. „Die Notwendigkeit einer umfassenden Digitalisierung sowie der wirtschaftliche Druck, der aufgrund der makroökonomischen Veränderungen auf jedem Unternehmen lastet, haben deutschen Unternehmen endlich den dringend erforderlichen Impuls Richtung Cloud gegeben“, betont Matthias Zacher, Senior Consulting Manager und Projektleiter. „Unsere Studie zeigt klar, dass auch Branchen, die der Cloud bisher zurückhaltend oder skeptisch gegenübergestanden haben, nun bereit sind, ihre IT-Umgebungen nach dem Cloud-Paradigma zu gestalten“. Allerdings ist der Umfang der Cloud-Nutzung innerhalb der Unternehmen sehr unterschiedlich. In lediglich 38 Prozent der befragten Unternehmen wird die Cloud für mehr als zwei Workloads eingesetzt, der überwiegende Anteil nutzt die Cloud in nur einem oder für maximal zwei Workloads. Mit den aktuell bestehenden Cloud-Inseln bzw. Cloud-Silos werden Herausforderungen nur halbherzig gelöst. Die Unternehmen müssen weitere Workloads in der Cloud betreiben, um ihre Prozesse und Prozessketten übergreifend zu integrieren und zu automatisieren. Die Stärken und Vorteile der Cloud aus Businessperspektive bestehen für 33 Prozent der Befragten in der Unterstützung der umfassenden Digitalisierung aller Geschäftsprozesse, für 32 Prozent in einer höheren Produktivität in den Fachabteilungen und in der IT sowie für 22 Prozent in der Ermöglichung genauerer Datenanalysen und Entscheidungsvorlagen. Diese Vorteile lassen sich nur erzielen, wenn bei der Planung und Umsetzung von Cloud-Projekten alle Beteiligten einbezogen werden.
Ist das nicht der Fall, dann werden Cloud-Projekte ihren angestrebten Nutzen nicht erreichen oder sogar scheitern. Um dies zu vermeiden, müssen Herausforderungen klar benannt und gezielt angegangen werden.
Aus Sicht der Befragten sind der Fachkräftemangel und fehlende Weiterbildungen mit 27 Prozent die häufigsten Herausforderungen bei einer Cloud-Einführung. Dieser Punkt ist aus Sicht von IDC besonders kritisch zu betrachten, denn die hohe Geschwindigkeit, mit der sich Technologie, Lösungen und Services weiterentwickeln, erfordert permanente Weiterbildung und stets aktuelles Fachwissen. Zu den weiteren Herausforderungen zählen für 25 Prozent die hohe Komplexität bei Vorschriften und Governance, für 23 Prozent Bedenken bei der Sicherheit und 22 Prozent eine unzureichende Verknüpfung mit Business-KPI. Vor allem die letztgenannte Herausforderung bedarf aus Sicht von IDC zur Verbesserung der digitalen Transformation stärkere Beachtung.
Geschäftskritische Workloads gehen in die Cloud
Aktuell laufen durchschnittlich 43 Prozent der Businessanwendungen und Infrastrukturanwendungen in einem Cloud-Deployment-Modell. Mittelfristig erwarten die befragten Entscheider eine Erhöhung des Anteils auf 59 Prozent. Anteilmäßig am häufigsten gehen Lösungen für Personalwesen, Datenbanken, CRM-Tools, Collaboration-Tools, SCM und ERP weiter in die Cloud. Innerhalb eines Workloads, der aus unterschiedlichen Applikationen bestehen kann, ergibt sich ein gemischtes Bild.
Generell verschieben sich die Anteile der verschiedenen Cloud-Deployment-Modelle weiter in Richtung multiple Cloud-Szenarien. Damit wird dieser Weg weiter fortgesetzt, denn die Entscheider sind bestrebt, den größten Nutzen aus den Angeboten verschiedener Cloud-Anbieter zu ziehen. Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an den Betrieb, das Management, die Transparenz und die Governance der Cloud Services.
Anwendungsmodernisierung folgt immer stärker Cloud-Native-Prinzipien
Der Weg der Businessanwendungen in die Cloud kann auf unterschiedlichen Migrationspfaden begangen werden. Je nach Pfad wird ein anderer Modernisierungslevel erreicht. 19 Prozent der Unternehmen setzen aktuell auf Rehosting bzw. Replatforming. Das ist häufig der erste Schritt einer umfassenden IT-Modernisierung, um sich von der eigenen Legacy-Hardware zu lösen und Cloud-Dienste des Providers zu nutzen. 33 Prozent setzen auf Refactoring von Code oder ein Rewriting der Lösung. Hier werden Cloud-Native-Prinzipien und -Funktionalitäten wie Continuous Integration/Continuous Deployment, DevOps, Microservices, Container, Orchestrierung und Standards konsequent umgesetzt. Mit der Anwendungsmodernisierung in der Cloud wollen 32 Prozent der Entscheider ihre Kosten optimieren. Diese Zielsetzung überrascht nicht, denn Kostentransparenz und Kostenreduzierung sind in der aktuellen wirtschaftlichen Situation äußerst kritisch. Weitere 24 Prozent werden Innovationen kontinuierlich vorantreiben, ihre geschäftliche Agilität erhöhen (24 Prozent), Services auslagern (24 Prozent) und die Widerstandsfähigkeit (23 Prozent) erhöhen – Aspekte, die klar die digitale Transformation unterstützen.
FinOps und CloudOps optimieren die Cloud-Nutzung
Die Cloud verfügt über eine hohe Dynamik in der technologischen Entwicklung, bei den verfügbaren Services, den Deployment-Modellen und den kommerziellen Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund nutzen 54 Prozent der Unternehmen DataOps und 47 Prozent der Unternehmen FinOps. Beide Konzepte sind relativ neu. Aber die dahinterstehenden Anforderungen nach Einbeziehung aller Beteiligen aus IT, den Fachbereichen, Finanzen und Controlling sowie der Schaffung einer vollständigen Transparenz und Automatisierung von Handlungsschritten beschäftigen die Entscheider seit vielen Jahren, um permanent Potenzial für Betriebsverbesserungen und Kostenoptimierungen zu identifizieren und zu realisieren. Aktuell sind in 56 Prozent der befragten Unternehmen Cloud-Kostenmanagement-Tools der Cloud-Anbieter im Einsatz. Dieser Anteil wird bis 2023 signifikant sinken und sich stärker auf Tools von Drittanbietern verlagern, um eine holistische Sicht über die Cloud-Prozesse und Cloud-Kosten zu erreichen. Die Kosten der Cloud und ihr Beitrag zum Unternehmenserfolg ist eine besonders kritische Kennzahl.
Digitale Souveränität in einer zunehmend vernetzten Welt ist ein Muss, die genaue Prüfung der Angebote ebenso
Geopolitische Unwägbarkeiten, politisch motivierte und wirtschaftliche Spionage sowie Cyberattacken lassen das Interesse der Entscheider an digitaler Souveränität weiter ansteigen. 38 Prozent der Unternehmen nutzen bereits eine souveräne Cloud. Aus Sicht von IDC müssen Unternehmen entsprechende Angebote genau prüfen, denn das Thema ist komplex und umfassende Angebote sind gering. Zum einen werden die Begriffe digitale Souveränität, Datensouveränität. Datenhoheit, Datensicherheit und Datenschutz mitunter synonym genutzt, aber die Unterschiede sind signifikant. Das kann im Geschäftsalltag zu Unklarheiten bei der Benutzung der Begriffe, beispielsweise in der Kommunikation zwischen der IT, den Fachbereichen und der Unternehmensführung oder in der Kommunikation mit Geschäftspartnern führen. Im Kern geht es immer um die selbstbestimmte Kontrolle bei der Erhebung, Speicherung, Nutzung und Verarbeitung eigener Daten. Zum anderen besteht die souveräne Cloud aus den Komponenten Datensouveränität, technologische Souveränität und operative Souveränität. Volle Souveränität ist erst in einer souveränen, lokal verfügbaren Cloud gegeben. Die Gründe für die Nutzung einer souveränen Cloud sind vielfältig. Am wichtigsten (36 Prozent der Nennungen) ist den Entscheidern der Schutz von und die Hoheit über geschäftskritische Daten. Für 29 Prozent der Unternehmen wächst die Notwendigkeit einer souveränen Cloud mit der internationalen Ausweitung der geschäftlichen Aktivitäten. Eng damit im Zusammenhang steht der Schutz von exterritorialen Datenanfragen (27 Prozent der Nennungen). Digitale Souveränität basiert immer auf geschäftlichen und rechtlichen Vereinbarungen sowie Vertrauen zwischen allen Vertragspartner.
Fazit: Ohne Cloud schwächen Unternehmen ihre Wettbewerbsposition
Zur Cloud gibt es nach Ansicht von IDC keine Alternative. Das bestätigen die Studienergebnisse. Die Nutzung von Cloud Services, Cloud-Technologie auf Basis einer Cloud-Architektur sind für eine erfolgreiche digitale Transformation unumgänglich. Genau aus diesem Grund betreibt die große Mehrheit der Unternehmen ihre Workloads bereits zumindest teilweise in der Cloud. IDC erwartet, dass auch Pilotimplementierungen und Teststellungen in naher Zukunft in operative Prozesse überführt werden. Damit gehen die Entscheider wichtige Schritte zur notwendigen Beseitigung von technologischen und Prozesssilos. Diese bestehen weiterhin und schmälern den Nutzen der Cloud. Ohne eine umfassende Automatisierung ihrer Abläufe laufen aus Sicht von IDC viele Organisationen Gefahr, Geschwindigkeit und Innovationskraft einzubüßen und in eine Kostenspirale zu geraten. Um aus der Bandbreite der unterschiedlichen Deployment-Modelle den besten Ansatz für das eigen Unternehmen auswählen und innovative Konzepte wie Cloud Native immer tiefer im Unternehmen verankern zu können, müssen die Entscheider regelmäßig in Experten und Weiterbildung investieren. Eine Forderung, die seit geraumer Zeit besteht, aber nur teilweise umgesetzt wurde und wird. Nur dann ist es möglich, den maximalen Nutzen aus geschäftskritischen Anwendungen in der Cloud zu erzielen. Die Cloud entwickelt sich in schnellen Schritten weiter und die Vernetzung in und zwischen den Unternehmen vertieft sich praktisch tagtäglich. Das erfordert eine umfassende digitale Souveränität und souveräne Clouds. Anbieter und Anwender sind hier gleichermaßen gefordert, vertrauenswürdige und sichere Geschäftsbeziehungen in der Cloud sicherzustellen und zu realisieren.
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