Aufgrund einer aktuellen Warnung der Bundesregierung haben viele Unternehmen derzeit Sicherheitsbedenken dabei, russische Programmierer zu beschäftigen. Dies sorgt natürlich für Lücken in der Belegschaft.
Allerdings läuft die Arbeit in den IT-Abteilungen weiter – und muss irgendwie erledigt werden. Was also ist in den Zeiten des akuten Fachkräftemangels zu tun? IT-Experte Manuel Thaler sieht die Lösung darin, die dringend benötigten Programmierer als Quereinsteiger zu gewinnen oder sie aus der eigenen Belegschaft für einen Wechsel in die IT-Branche auszubilden. Warum das ein sinnvoller und schneller Weg ist, erklärt der Experte in diesem Beitrag.
Ein Beruf mit Vorurteilen
„Schüler und Studenten erhalten meiner Meinung kaum eine Chance, verschiedene Berufe genauer zu betrachten und ihren Arbeitsalltag kennenzulernen, bevor sie sich für einen Job entscheiden müssen“, sagt Manuel Thaler. Dabei können sie nur mithilfe solcher Experimente in Erfahrung bringen, welcher Beruf wirklich zu ihnen passt und auch wirklich Spaß macht. Daher sollte bereits an dieser Stellschraube gedreht werden, um die IT-Branche attraktiver für den Nachwuchs zu machen. Denn die fehlende Sichtbarkeit dieser Berufe führt dazu, dass sich junge Menschen tendenziell eher für klassische Jobs entscheiden, da diese mehr Sicherheit geben – sie haben eine grobe Vorstellung, wie der Berufsalltag aussehen könnte.
Dass die IT-Branche unter einem Mangel an Nachwuchskräften zu leiden hat, ist auf weitere unterschiedliche Gründe zurückzuführen. Gerade dem Beruf des Programmierers haftet zuweilen das leicht negative Image des „Computernerds“ an. Wer in diesem Bereich arbeiten wolle, müsse herausragende Schulnoten und überdurchschnittlich gute Fähigkeiten im Fach Mathematik haben, so heißt es. Doch all das ist falsch. „Programmierer kann eigentlich jeder werden, der über ein solides logisches Denkvermögen verfügt und motiviert genug ist, sich in diesem Fachbereich auszuprobieren. Auch Quereinsteiger sind hier herzlich willkommen“, erklärt Manuel Thaler.
Der Zugang steht für jedermann offen
Außerdem muss das Vorurteil aus der Welt geschafft werden, es würde ein langwieriges Studium benötigt, um als Programmierer arbeiten zu können: Oft lassen sich die Einstiegskompetenzen innerhalb weniger Monate erlernen – und das von jeder Person, die ein echtes Interesse für die IT-Branche mitbringt. Die Erfahrungen zeigen sogar, dass sich vielfach Menschen besser an diese Herausforderung gewöhnen, die aus fachfremden Jobs kommen und die bislang wenige Berührungspunkte mit dem Beruf des Programmierers hatten. Das erklärt Thaler damit, dass diese Personen dazu in der Lage sind, schnell praktische Fertigkeiten zu erlernen und auch weniger verkopft an Probleme herantreten.
Das Potenzial, den Fachkräftemangel zu beheben, ist in der Gesellschaft also vorhanden. Daher sollten Unternehmen insbesondere folgende Gruppen ins Visier nehmen: Frauen, die mit IT bisher kaum in Berührung gekommen sind, IT-affine Gamer, die sich bisher dafür geschämt haben, oder auch Migranten, die ihre Jobs aufgrund der Bezahlung und Verpflichtungen nicht verlassen konnten, die sich aber weiterbilden wollen.
Ein Beruf, der Spaß bereitet
Neben dem Interesse ist es natürlich erforderlich, dass die Kandidaten mit Spaß an den Beruf herangehen. Denn wer sich einen neuen Job auswählt und diesen über viele Jahrzehnte ausführen möchte, muss darin ein gewisses Maß an Erfüllung finden. Die Firmen können ihre Mitarbeiter dahingehend testen, indem sie Workshops anbieten. Zudem ist es sinnvoll, beim Aufbau einer IT-Abteilung sowie beim Anbieten von Ausbildungsprogrammen nicht zu strikt zu agieren und beispielsweise nur eine bestimmte oder eine Auswahl an Programmiersprachen auszuwählen. Vielmehr ist es wichtig, dass sich die Interessenten einmal ausprobieren dürfen und dann ein gesamtes Berufsbild.
Den eigenen Bedarf ermitteln
Demgegenüber ist die Firma gefordert, sich selbst zu fragen, welchen Bedarf an IT-Fachkräften sie hat. Ist der Aufbau einer eigenständigen Abteilung sinnvoll? Lassen sich dafür Quereinsteiger aus den übrigen Unternehmensbereichen rekrutieren? Zudem muss die Bereitschaft bestehen, den künftigen Programmierern ein modernes Arbeitsumfeld zu bieten sowie ihre Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. Das Potenzial dafür ist in vielen Betrieben vorhanden, das Interesse der Angestellten an einem Wechsel in die IT-Branche fällt erfahrungsgemäß hoch aus. Es kann auf diese Weise also gelingen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und sich das dringend benötigte Personal selbst auszubilden.
„Für Berufe in der IT-Branche ist besonders das Praxiswissen essentiell“, erklärt der Experte. Daher empfiehlt er Unternehmen, sich bei der Ausbildung der Fachkräfte auf ebendiese Praxis zu konzentrieren. Dabei kann insbesondere das Feedback von Profis große Erfolge bringen. So können angehende Programmierer von Experten Tipps und Verbesserungsvorschläge für den eigenen Code erhalten – denn gerade am Anfang merkt man einfach nicht, was man falsch macht und mit professioneller Rückmeldung lernt man schnell.